Die Frage nach den Perspektiven der Nachwuchsförderung zu stellen ist ja durchaus berechtigt, die aber gleich mit der Suche nach Wunderkindern zu verbinden geht in die völlig falsche Richtung.
Die Suche nach "Wunderkindern" ist mittlerweile ein fast weltumspannendes "Lotterie Geschäft". Es wird nicht mehr nur in den traditionellen europäischen Radsportnationen nach dem Hauptgewinn gesucht, sondern gezielt in Ländern, die auf der Radsportweltkarte früher keine oder nur eine Nebenrolle spielten. Was das für Folgen hat, kann man z.B. in Frankreich sehen. Dort wartet man seit fast 40 Jahren auf den nächsten Tour-Sieger. Potenzielle Wunderkinder aus den traditionellen Radsportnationen müssen sich heute mit Slowenen, Ecuadorianern oder Afrikanern messen. Da kann einen nicht wundern, dass Deutschland, wo Straßenradsport eben nur eine Randsportart ist, bislang keinen weiteren Tour-Sieger hervorgebracht hat.
Zur Nachwuchsförderung: Die ist sicher nicht einfacher geworden in den letzten Jahrzehnten. Vielen Vereinen fehlt es an Helfern und Trainern. Sie würden - nicht nur in der Jugendarbeit - jede Unterstützung mit Handkuss nehmen. Die organisatorischen Anforderungen an die Vereine sind immer weiter gestiegen, was es z.B. nicht einfacher macht, Rennen zu organisieren. Kinder und Jugendliche haben heute zudem mehr Möglichkeiten, ihre Freizeit zu gestalten und verschiedene Sportarten und Freizeitbeschäftigungen auszuprobieren (was mMn eine sehr gute Sache ist) und der immer weiter wachsende Druck im Bildungssystem macht es auch nicht gerade einfacher, einen so zeitaufwändigen Sport wie Straßenradsport auszuüben.
Trotz der Schwierigkeiten kommt aus Deutschland immer noch einer ständiger Zufluss von Talenten, die sich im Profi-Geschäft durchsetzen. Daran kann sehen, dass da wo Nachwuchsförderung betreiben wird, diese immer noch gut funktioniert.
Außerdem gibt es von Kindern und Jugendlichen durchaus eine große Nachfrage nach radsportliche Betätigung, allerdings eben nicht auf der Straße und der Bahn, sondern im Gelände bei den Gravity-Disziplinen. Bei uns im Verein ist der Zulauf in diesem Bereich enorm und bei anderen Vereinen sieht das ähnlich aus. Da scheint ein richtiger Boom im Gang zu sein. Es sieht also gar nicht so schlecht aus in der Nachwuchsarbeit, auch wenn da auf absehbare Zeit kein Tour-Sieger dabei sein wird.