• Hallo Gast, wir suchen den Renner der Woche 🚴 - vielleicht hast du ein passendes Rennrad in deiner Garage? Alle Infos

Anfänger in Brevet und Ultra

Mafioso

Mitglied
Registriert
16 November 2020
Beiträge
91
Reaktionspunkte
88
Hallo zusammen,

ich fahre bereits seit einigen Jahre Rennrad. Fahr hierbei überwiegend Radmarathons und spule im Jahr immer ca. 10.000km ab. Über einen Bekannten habe ich den Floh der Langstrecke ins Ohr gesetzt bekommen. Ich werde mich also dieses Jahr mal an einigen Brevet (200-400km) versuchen.

Bei der Planung meine Saison bin ich nun noch über einige Veranstaltungen um 1100km im Sommer gestolpert und von diesen etwas angefixt und überlege mich dort zu melden. Nun kommen jedoch auch Zweifel durch, ob solch eine Veranstaltung "aus der kalten Hose" eine gute Idee ist. Deshalb meine Frage an die erfahreneren Fahrer.

Wie habt ihr euch an die langen Distanzen herangetastet und was die Dinge, die vorher defintiv getestet/ trainiert werden sollen?

Herzlichen Dank und viele Grüße
 

Anzeige

Re: Anfänger in Brevet und Ultra
Hilfreichster Beitrag geschrieben von Ivo

Hilfreich
Zum Beitrag springen →
Ich sag mal so: wenn die Veranstaltung nicht im Nirgendwo ist (sprich Versorgungslage / Rücktransport bei Abbruch) und bzgl. des Terrains im Vergleich zu deinem gewohnten Umfeld nicht zu drastisch ist (du kommst aus Hannover und willst jetzt Hochalpin, Wüste oder Schotter am Polarkreis), dann kann das schon gut gehen. Ob das Ziel in der Zeit zu finishen sinnvoll ist sage ich dir, wenn ich mehr Infos zur Veranstaltung kriege - aber du bist doch alles andere als ein Anfänger.

Wenn du mehr Sicherheit willst: Radmararthons sind auch nicht kurz, 200km kannst du also offensichtlich zügig abspulen. Fahr aber vielleicht mal nen 400er Brevet, da passiert ganz viel das Scheunentore der Erkenntnis öffnet.
 
Hallo zusammen,

ich fahre bereits seit einigen Jahre Rennrad. Fahr hierbei überwiegend Radmarathons und spule im Jahr immer ca. 10.000km ab. Über einen Bekannten habe ich den Floh der Langstrecke ins Ohr gesetzt bekommen. Ich werde mich also dieses Jahr mal an einigen Brevet (200-400km) versuchen.

Bei der Planung meine Saison bin ich nun noch über einige Veranstaltungen um 1100km im Sommer gestolpert und von diesen etwas angefixt und überlege mich dort zu melden. Nun kommen jedoch auch Zweifel durch, ob solch eine Veranstaltung "aus der kalten Hose" eine gute Idee ist. Deshalb meine Frage an die erfahreneren Fahrer.

Wie habt ihr euch an die langen Distanzen herangetastet und was die Dinge, die vorher defintiv getestet/ trainiert werden sollen?

Herzlichen Dank und viele Grüße
Es kann frustrierend sein, +1000 km anzufangen und dann entnervt unterwegs aufzugeben. Man sollte auch ausprobieren, was der eigene Körper unterwegs braucht (trinken, essen, kurze Pausen, Fahrrad-Setup) und ab 400 km dann auch eventuell schlafen. Insofern fahr erst mal eine Brevet-Serie (200, 300, 400 und 600), an der auch andere Mitfahrer ihre Erfahrungen austauschen können. Ich bin erst mal einige Jahre nur den 200er gefahren (damals noch mit Trekking-Rad), bevor ich mich an längere Distanzen gewagt habe. Ein Tipp vom Brevet-Veranstalter war: Wenn du hier den 300er schaffst, dann auch den 400er, denn unser 400er hat im Verhältnis zum 300er weniger Höhenmeter. In dem Jahr habe ich dann gleich die komplette Serie gefahren und geschafft.
 
Hallo zusammen,

ich fahre bereits seit einigen Jahre Rennrad. Fahr hierbei überwiegend Radmarathons und spule im Jahr immer ca. 10.000km ab. Über einen Bekannten habe ich den Floh der Langstrecke ins Ohr gesetzt bekommen. Ich werde mich also dieses Jahr mal an einigen Brevet (200-400km) versuchen.

Bei der Planung meine Saison bin ich nun noch über einige Veranstaltungen um 1100km im Sommer gestolpert und von diesen etwas angefixt und überlege mich dort zu melden. Nun kommen jedoch auch Zweifel durch, ob solch eine Veranstaltung "aus der kalten Hose" eine gute Idee ist. Deshalb meine Frage an die erfahreneren Fahrer.

Wie habt ihr euch an die langen Distanzen herangetastet und was die Dinge, die vorher defintiv getestet/ trainiert werden sollen?

Herzlichen Dank und viele Grüße
Bei der Jahresleistung und der Marathonerfahrung wird es da Leistungsmäßig kein Problem geben, auch bei 1000 nicht denke ich. Mit Schlaf(entzug) lernt man unterwegs umzugehen, im Zweifel schläft man halt mal 2h auf einer Bank.
Stabimuskeln, Hände und Hintern sind eher ein Thema, weil das halt erfahren werden muss, wie es damit geht und was einem gut tut.
300 wird für dich vermutlich kein Problem, aber 400 würde ich probieren, vor einem 1000er.
Bei den Ultra-Rennrn finishen immer wieder Leute, die quasi neu auf dem Rad sind. Ich würde sagen: Nur Mut! Einfach machen!
 
Danke schonmal für euer gutes Zureden.

Ich bin noch nicht ganz entschieden welche Veranstaltung es werden soll. Tendenziell aber eher etwas in Mitteleuropa ohne Alpen. Vielleicht das RAG, wobei mir da das Timelimit zu knapp ist. Ich hätte lieber etwas mit 96h bei 1000km Strecke für den Anfang.

Einen 300er bin ich vor zwei Jahren schon alleine gefahren. Im Mai steht dieses Jahr ein 400er an. Bisher habe ich leider noch keinen 600er gefunden, bei das Wochenende frei war...
 
Bin mit einer ähnlichen Vita wie du in Brevets gestartet. Konditionell schaffst du bestimmt auch was längeres. Unterschätze aber nicht Material und Setup: was bis zu bestimmten Stunden / Kilometern gut funktioniert kann bei mehr durchaus zu einem Problem werden. Bei mir war es mal eine Hose - kam damit immer gut zurecht, aber ab 350 km traten Schmerzen wegen aufscheuern auf. War glücklicherweise nur ein 400er …
 
Danke schonmal für euer gutes Zureden.

Ich bin noch nicht ganz entschieden welche Veranstaltung es werden soll. Tendenziell aber eher etwas in Mitteleuropa ohne Alpen. Vielleicht das RAG, wobei mir da das Timelimit zu knapp ist. Ich hätte lieber etwas mit 96h bei 1000km Strecke für den Anfang.

Einen 300er bin ich vor zwei Jahren schon alleine gefahren. Im Mai steht dieses Jahr ein 400er an. Bisher habe ich leider noch keinen 600er gefunden, bei das Wochenende frei war...
Für 600: Kennst du die Superrandonees? Zwar viele Höhenmeter, aber mit 60h sehr entspanntes Zeitlimit und freie Terminwahl nach Voranmeldung

https://audax-randonneure.de/superrandonnees
 
Zuletzt bearbeitet:
Danke für den Hinweis. Die sind mir leider alle etwas weit im Süden. Ich habe mir jetzt die Route vom Ostfalen 600er Brevet auf meinen Heimatort umgelegt und werde das dann solo im Juni oder Juli fahren.
Ah ein Nordlicht 😃
Dann kämen noch die Brevets der Niederländer in Frage:
https://www.randonneurs.nl/nl/events
…aber du hast ja schon einen Plan!

Hier noch Ideen für dein 1000er Projekt:

Die Strecke der Mittelgebirge Classique Solo bei freier Terminwahl mit entspanntem Zeitlimit
https://mittelgebirgeclassique.cc/?page_id=444

Race Across Belgium, Mai, 1000km flach
https://raceacrossseries.com/en/race-across-belgique-2025/

Liege Paris Liege, ca 1111km, August, Freeroute mit Parcours
https://liegeparisliege.com/home/
 
Zuletzt bearbeitet:
Bin auch mit ähnlichen Daten wie du in die Brevets gerutscht. Das erste Brevet, ein 400, war null Problem. Es hat nur gedauert, weil Navigation, Verpflegung, Absprachen, wir waren zu zweit, ordentliche Zeitfresser sind, wenn man noch keine Erfahrungen hat.
Alleine und nachts (ganze Nacht!) sind Erfahrungen, die man wahrscheinlich erst bei einem 600 macht. 600er mit Abendstart sind zudem eine geniale Vorbereitung für noch längere Strecken.
 
Alleine und nachts (ganze Nacht!) sind Erfahrungen, die man wahrscheinlich erst bei einem 600 macht.
nö, ne ganze Nacht geht auch beim 400er ;), muss man halt nicht so rasen. Als ich angefangen habe, habe ich mir sehr viele Gedanken gemacht. Geht das und geht das und das ... . Ich glaube, dass weiß man erst wenn man es macht. Wir sind in Europa, was soll passieren? Das Du ein Hotel nimmst und am nächsten Tag mit der Bahn zurück fährst? Solange Du Dich und Deine Gefühle unterwegs ernst nimmst bist Du glaube ich gut unterwegs. Eigentlich weiß man, wann man nicht mehr weitermachen sollte - aber leider auch erst dann. Wenn man dann auf sich hört (garnicht so einfach) glaube ich kann man alles machen. Es wird geil, und wenn Du eines nicht schaffst ist das großartig. Lernen, Reflektieren, und dann (anders) machen. Herzlich Willkommen, ich freue mich darauf Dich im Norden mal irgendwo zu sehen (wer braucht schon diese Berge ...)
 
Vielen Dank für eueren Input. Ich habe mich nun für Liege - Paris - Liege gemeldet. Werde die Nummer aber ohne jegliche Siegambitionen angehen, sondern mehr als Test zu was ich fähig bin. Das Event deshalb, weil sich durch Paris für den Hinweg ein gutes Ziel im Kopf ergibt. Vermutlich werde ich das wellige Gelände zwischen Luxemburg und Paris aber noch ordentlich verfluchen.

Nun muss ich langsam in die Planung einsteigen. Wenn sich hier noch Fragen wie z.B. Nady oder Akkus ergeben, werde ich mich nochmal melden ;)
 
Beim ersten Lesen @Mafioso habe ich auch gedacht, dass Du recht tief stapelst.
Einen 300er bin ich vor zwei Jahren schon alleine gefahren. Im Mai steht dieses Jahr ein 400er an. Bisher habe ich leider noch keinen 600er gefunden, bei das Wochenende frei war...

Also meine Erfahrung ist diese, wenn Du einigermaßen fit bist: ein 200er geht eigentlich immer. Beim 300er ist gerade zu Anfang der Saison ein wenig Augenmaß gefragt. Beim 400er hat mir mal jemand gesagt, dass dies der härteste sein wird, weil der folgende 600er auf zwei Tage eingeteilt sei. Ich habe jetzt zweimal ein volle 200 - 600 Serie gefahren und muss sagen, dass für mich tatsächlich der 600er am schwierigsten zu bewältigen ist, weil es für mich unmöglich scheint in der Nacht zu schlafen. Beim ersten 600er habe ich mich sinnlos im Bett gewälzt, beim zweiten bin ich dann durchgefahren - das ist aber auch nicht jedermanns Sache.
 
Ah, LPL, die Veranstaltung startet quasi bei mir vor der Haustür, war aber noch nie dabei.
Wichtig auf diese Strecke ist die Verpflegungsjagd. Erwarte keine 24 Stunden Tankstellen wie in Deutschland. Such dir gut vorher die Verpflegungsoptionen (Supermärkte) heraus. Notiere die entweder klassisch auf Papier, oder als Waypoint im Navi. Das spart unmengen an Zeit unterwegs.
Die Brevetserie ist ein guter Anhaltspunkt für die Vorbereitung.
Ah ja, das legale, in Frankreich ist eine Reflexjacke pflicht bei dunkelheit, kauf dir eine die direkt die Windjacke ist, gut und Günstig gibt's die von Decathlon und von Wowow.
 
Ah, LPL, die Veranstaltung startet quasi bei mir vor der Haustür, war aber noch nie dabei.
Wichtig auf diese Strecke ist die Verpflegungsjagd. Erwarte keine 24 Stunden Tankstellen wie in Deutschland. Such dir gut vorher die Verpflegungsoptionen (Supermärkte) heraus. Notiere die entweder klassisch auf Papier, oder als Waypoint im Navi. Das spart unmengen an Zeit unterwegs.
Die Brevetserie ist ein guter Anhaltspunkt für die Vorbereitung.
Ah ja, das legale, in Frankreich ist eine Reflexjacke pflicht bei dunkelheit, kauf dir eine die direkt die Windjacke ist, gut und Günstig gibt's die von Decathlon und von Wowow.

Danke für den Hinweis. Bisher kenne ich die Regelung nur mit den "Reflektorwesten aus Bändern". Wurde das auf eine Jacke verschärft?

Da du dich offenbar in der Gegen etwas auskennst. Ich fange gerade an mir grundsätzlich Gedanken über das Setup zu machen. Hierbei überlege zum Schlafen primär auf Hotels zurückzugreifen. (Vorteil: Akkus laden, hoffentlich besserer Schlaf). Im Großraum Paris/ Reims dürfte das kein Problem sein ein Hotel zu finden. Kannst du einschätzen wie die Möglich außerhalb diese Ballungsgebiete aussieht?
 
Also, Hotels für Ultra/Brevets in Frankreich, da sind die Schachtelhotels ideal. Die Billigvariante ist Formule 1 und Premier Classe (Achtung, für Formule 1 brauchst du ein eigenes Handtuch). Weitere Varianten, preislich etwas höher angesiedelt, aber noch erschwinglich, sind Etap, Kyriad und Campanile. Die meisten gehören 2 Ketten an, Accor und Louvre Hotels. Also beide Apps herunterladen und dabei haben. Wichtig, oft ist keiner da an der Rezeption. Dann kannst du einfach über deine Kreditkarte oder die Buchungsnummer über das Elektronikschalter den Zugangscode bekommen und dein Zimmer benützen, also auch um 3 Uhr nachts. Und noch einen Vorteil, wenn keiner da ist, kann keiner dir verbieten das Rad mit ins Zimmer zu nehmen ;)
Über die Apps siehst du genau wo es diese Hotels gibt (meistens am Stadtrand, auf ein Industriegebiet).
Ich stelle die meistens als Waypoint in mein Navi ein, damit die Navigation am Ende des Tages einfacher ist.
Die Reflexjacke ist entweder eine Jacke oder eine Weste. Ich wurde empfehlen sogar beide mitzuführen, die Reflexjacke Regenjacke von z.B. Decathlon und die Windweste. Dann brauchst du nicht die Windweste über deine Regenjacke zu ziehen, und vernichtest damit nicht die Atmungsaktivität.
 
Vielen Dank! Bei der guten Verfügbarkeit wird doch einiges einfacher. Insbesondere das dauerhafte Schlafen im Straßengraben hat sich damit erledigt.
 
Weiß jemand vor Paris Pave gefahren werden muss? Wäre für mich entscheidend mit welchem Rad ich starte? Komoot gibt da nicht so viel her. Danke
 
Vielen Dank für eueren Input. Ich habe mich nun für Liege - Paris - Liege gemeldet. Werde die Nummer aber ohne jegliche Siegambitionen angehen, sondern mehr als Test zu was ich fähig bin. Das Event deshalb, weil sich durch Paris für den Hinweg ein gutes Ziel im Kopf ergibt. Vermutlich werde ich das wellige Gelände zwischen Luxemburg und Paris aber noch ordentlich verfluchen.

Nun muss ich langsam in die Planung einsteigen. Wenn sich hier noch Fragen wie z.B. Nady oder Akkus ergeben, werde ich mich nochmal melden ;)
beim LPL bin ich dieses Jahr auch dabei, allerdings als Pair.
 
Mittlerweile sind 2 Wochen seid LPL vergangene und ich will noch kurz eine Rückmeldung/ Bericht hier geben.

Zusammengefasst fand ich die Veranstaltung sehr gelungen und überwiegend hat die Strecke echt viel Spaß gemacht. Es fahren viele sehr nette Leute unterwegs, mit denen man auch immer wieder ins Gespräch kommen konnte. Insofern würde ich jederzeit wieder bei diesem Event starten.

Aber nun von vorne: Ich bin bereits am Dienstag (einen Tag vor Start) nach Lüttich angereist. Dies ging zum Glück problemlos. Unterwegs habe ich noch einen kurzen Stop bei Leeze in Havixbeck eingelegt, da meine Laufräder neue Lager benötigten. Die Leeze-Mitarbeiter waren sehr hilfsbereit. Ich hatte mich vorher bereits angekündigt und so wurden binnen einer Stunde die Lager getauscht.

Den Starttag habe ich dann irgendwie vertrödelt. Da es sehr warm war, hatte ich die Nacht vorher nicht wirklich gut geschlafen. Ich habe noch einen Spaziergang durch die Stadt gemacht, Verpflegung eingekauft und ein Nickerchen gemacht. Ab dem führen Nachmittag wurde es dann in der Jugendherberge langsam quirlig. Immer mehr Mitfahrer kamen an, die Tracker wurden ausgegeben und es fand das Fahrerbriefing statt. Am Nachmittag gab es noch einen Schockmoment: Die Schalthebel am rechte STI stellten ihren Dienst ein. Ich hatte die Batterie frisch gewechselt, konnte auf den Schalthebeln aber rumdrücken wie ich wollte, das Schaltwerk bewegte sich nicht. Zum Glück konnte ich die Schaltfunktion auf die beiden Zusatzknöpfe der Ultegra StI umlegen, was auch funktionierte. Pünktlich zum Start hatte sich dann die Schalthebel auch wieder gefangen und funktionierten bis ins Ziel problemlos.

1757095277593.jpeg

1757095310389.jpeg

Pünktlich um 18 Uhr startete das Rennen. Es ging erstmal neutralisiert durch die Stadt hoch zur Zitadelle, wo der scharfe Start erfolgte. Während der neutralisierten Phase standen erstaunlich viele Leute an de Strecke und feuerten uns an. Direkt nach dem scharfen Start hatte ich meinen ersten Bug in der Routenplanung. Ich fuhr glücklich gerade aus auf eine Straße, während alle anderen links abbogen. Nach einer Haarnadelkurve nach links sah ich wie alle Mitfahrer auf einem Radweg vor mir die Kreuzung passierten, während ich mir einen Umweg über eine Straße gegönnt hatte. Nach 200m reihte ich mich artig wieder auf dem Radweg deutlich hinter der Gruppe ein. Die Stimmung war erstmal etwas gedrückt. Irgendwie ging es dann aus Lüttich auf erstaunlich großen Straßen heraus, bis ich an der Maas angekommen war.
Für die Strecke nach Dinant hatte ich mich für die flache Route entlang der Maas entschieden. Hier hatte ich bei der Planung einen „Arbeitsweg“ ohne Autos oder Kreuzungen direkt am Wasser gefunden.
1757095334847.jpeg
Dort konnte ich endlich entspannt Tempo machen. Leider ließ die anfängliche Konzentration etwas nach. in dem Moment erwischte ich ein Schlagloch, nein ein Schlagkrater. Beim Einschlag hatte ich kurz Sorge, dass es mich vom Rad holt. Irgendwie ging es jedoch weiter. Die Spätfolgen des Einschlags machten sich aber erst ca. 200km später bemerkbar. In Huy ging es dann aus dem Maas-Tal heraus auf eine Hocheben und unspektakuläre nach Dinant, wo es wieder runter zur Maas eine wunderschöne Abfahrt gab. In den Parcour startete ich in den Sonnenuntergang.
1757095356442.jpeg
Die Steigungen wurden schiebend bewältigt. Nach dem Parcour durch Dinant gab es an einem Kiosk kurze Verpflegung. Danach ging es wieder bergauf aus Dinant in die Nacht hinaus. Ab Dinant gab es für die Nacht keine Verpflegungsmöglichkeiten mehr.
Kurz hinter Dinant ging es auf einen ewig langen und unspektakulären Ravel in Richtung der Abbaye Notre Dame de Scourmont. Über mir war ein wunderschöner Sternenhimmel. Insgesamt war dies jedoch eine der dunkelsten Nächte, die ich jemals auf dem Rad erlebt habe. In keinem Haus und in keinem Ort brannte noch Licht. Es war schlicht dunkel wie in einem Bärenpopo. Kurz vor dem Kloster holte mich auch leider mein Schlagloch von früher ein. Mein linkes Knie begann plötzlich immer stärker zu schmerzen. Zu dem Zeitpunkt konnte ich mir dies noch nicht erklären, weil ich eigentlich keine Probleme mit den Knien habe. Irgendwann passierte ich das Kloster und machte mich weiter auf den Weg nach Laon.
Als das Knie immer schlimmer wurde und ich das linke Bein kaum mehr belasten konnte, hielt ich an und stellte fest, dass vermutlich meine Sattelstütze in Folge des Schlagloches gerutscht war. Die ursprüngliche Sattelhöhe wiederzufinden war jedoch ohne Maßband und im Dunkeln kaum möglich. Also erstmal wieder etwas pi mal Daumen herausziehen.
Gegen 4:00 Uhr morgens kam ich in Laon an und machte mich auf den Parcour hinauf zur Altstadt.
1757095380074.jpeg
Da es kurz zuvor geregnet hatte, war an ein Fahren der Steigung nicht zu denken, der Wahoo zeigte zwischendurch knapp 20% Steigung. Also wurde das Rad mal wieder fluchend einen Anstieg hochgeschoben. Oben an der Kathedrale angekommen überlegte ich die nächsten Schritte. Aufgrund der exponierten Lage zog es dort oben wie Hechtsuppe und war feucht. Deshalb entschied ich weiterzufahren. Ich machte mich also hinunter auf den Weg noch Soissons. Die Fahrt war wunderschön. Mit dem Nebel über den Feldern bei Sonnenaufgang fühlte es sich fast schon herbstlich an, begleitet von anfangs einem wunderschönen Mond und später einem Bilderbuch-Sonnenaufgang.
1757095396274.jpeg
Plötzlich erweckte ein unscheinbares Schild am Wegesrand zum „Camp de Margival“ meine Aufmerksamkeit. Während ich weiter rollte, googelte ich, was sich dahinter verbarg und wurde jäh aus meinen Gedanken gerissen. Es handelte sich offenbar um ein Führerhauptquartier aus dem zweiten Weltkrieg. Die kriegerischen Auseinandersetzungen insbesondere in dieser Region sollten mich weiter begleiten.

In Soissons hatte zum Glück ein Bäcker geöffnet. Nach einem kurzen Frühstück mit Croissant,Pain au Chocolat und Kaffee ging es weiter.
1757095427338.jpeg
Eigentlich hatte ich geplant die Schnellstraße von Soissons direkt nach Compiegne zu nehmen. Nach kurzer Zeit wurde mir der Schwerlastverkehr und kaputte Asphalt jedoch zu viel. Da ca. 1km weiter nördlich eine kleine Parallelstraße verlief, wechselte ich schlussendlich auf diese. Langsam wurde die Müdigkeit immer stärker, als ein wunderschönes Bushäuschen in der Morgensonne auftauchte. Kurzentschlossen hielt ich an und legte mich für ca. 1 Stunde schlafen. Wobei ich nicht wirklich gut in den Schlaf fand und immer wieder hochschrak. Nach einer Stunde weckte mich das Geräusch eines vorbeirollenden Freilaufs. Nach kurzer Morgentoilette ging es weiter.

Kurz darauf bog ich in einen Wald vor Compiegne ein. Plötzlich holte mich die Geschichte wieder ein, als ich plötzlich den Clairière de l’Armistice passierte. Mit einer kleinen Umleitung ging es dann hinein nach Compiegne und dort auf den Parcours durch Paris. So langsam machte sich der Schlafmangel bemerkbar, so dass die Erinnerung an den Parcours eingeschränkt ist. Wir fuhren durch tiefes ländliches Hinterland mit kaum Verpflegungsmöglichkeiten. Hinter jeder Steigung erwartete ich Paris in der ferne zu sehen, doch dies dauerte noch mehrere Stunden. Auf dem Wag passierten wir das Schloss Chantilly. In Erinnerung geblieben ist mir von dort in erster Linie das brutale Kopfsteinpflaster. Nach Chantilly ging es durch schöne Villengegenden und am späten Nachmittag nach Paris hinein. Der Verkehr war aufgrund der Sommerferien deutlich weniger, als ich befürchtet hatte. Nach einem kurzen Stop in einem Fahrradladen, um meine in den beiden Schiebepassagen komplett abgelaufenen Cleats zu ersetzen, erreichte ich in Montmartre. Das ursprünglich gefürchtete Kopfsteinpflaster war plötzlich auch gar nicht mehr so schlimm.
1757095467765.jpeg
Nach kurzem Aufenthalt ging es entlang der moulin rouge zum Canal de l’Ourcq und diesem folgend aus der Stadt hinaus. Als ich Paris im Sonnenuntergang hinter mir ließ und ich mich schon auf mein Hotel in Meaux freute, holte Stand plötzlich wieder die Geschichte mit kaltem Grausen und einem Denkmal an die Schlacht an der Marne aus dem ersten Weltkrieg vor mir. Gegen 23 Uhr erreichte ich endlich mein Hotel in Meaux und fiel nach kurzem Fahrradcheck und duschen direkt im Tiefschlaf auf das Bett. (Tag 1: 485km, 3700hm, 21:15std Fahrtzeit)
 

Anhänge

  • 1757095410222.jpeg
    1757095410222.jpeg
    340 KB · Aufrufe: 23
  • 1757095452479.jpeg
    1757095452479.jpeg
    335,2 KB · Aufrufe: 24
Zurück