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Anfänger in Brevet und Ultra

Nach ca. 4,5 Stunden schrillte der Wecker. Ich war wider Erwarten erstaunlich fit. Trotz der frühen Zeit, ca 04:30 Uhr, gab es bereits ein kleines Frühstück mit Croissant und Kaffee. Frisch gestärkt und glücklicherweise mit etwas besserem Knie machte ich mich in Richtung der Champagne auf.
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Hier zeigte sich, dass ich in der Planung die Höhenmeter mit einem vollbepackten Rad etwas unterschätzt hatte. Ich wählte den Weg über die Weinberge nach Château-Thierry, statt der Marne zu folgen. Den Vormittag ging es letztendlich weiter durch die Weinberge der Champagne dem fünften Parcours entgegen, der uns wunderschön auf kleinen Sträußchen über die Weinberge nach Reims führte.
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Auf dem letzten Abschnitt nach Reims zeigte sich auch bereits der Gegenwind, der mein Begleiter für die nächsten 120km bleiben sollte.
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In Reims machte ich kurze Mittagspause bei McDonalds und machte mich dann mit einem kleinen Gravelabschnitt, der glücklicherweise super zu fahren war, auf Richtung belgischer Grenze.
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Auch hier verfolgten mich Soldatenfriedhöfe, Denkmäler und Straßenschilder mit schaurigen Namen aus der Vergangenheit. Gegen 18 Uhr erreichte ich die belgische Grenze und den Checkpoint am Kloster Orval, der zugleich den Beginn des Schlussparcours markierte.
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Mit Sonnenuntergang wurde es in den Tälern direkt bitter kalt.
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Mein Wahoo zeigte zwischenzeitlich 5 Grad an. Mit der Kälte fing auch direkt mein Knie wieder an schlimmer zu schmerzen. Bei der Sattelkorrektur in Laon hatte ich den Sattel offenbar auch etwas zu hochgestellt, so dass sich zu dem Knie zwischenzeitlich heftige Sitzbeschwerden gesellten. Ursprünglich hatte ich geplant die Nacht irgendwo draußen zu schlafen. Aufgrund der heftigen Reststrecke (360km, 6500hm) und der Kälte entschied ich mich jedoch für einen kleinen Umweg von ca. 6km zu einem Hotel in Arlon. (Tag 2: 316km, 3250hm, 14:30std Fahrtzeit)

Diese Nacht gönnte ich mir etwas mehr Schlaf und startete erst um 05:30 Uhr. Zu dieser Zeit war es noch unglaublich kalt auf dem Rad und ich sehnte die Sonne herbei.
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So langsam dämmerte mir, dass ich LPL finishen könnte, da ich noch ca. 36 Stunden Zeit für die letzten 360km hatte. Nach einiger Zeit fand ich eine offene Bäckerei. Dort saßen bereits mehrere Mitstreiter. Nach kurzer Verpflegung ging es weiter. Mit steigender Temperatur wurde mein Knie besser und es ging durch belgisches luxemburgisches Grenzgebiet nach Echternach. Von dort dreht die Strecke nördlich und es ging durch deutsch luxemburgisches Grenzgebiet grob Richtung Monschau. Wieder begleitet von Soldatenfriedhöfen und Denkmälern Gefühlt nahm die Strecke jeden Anstieg am Wegesrand mit. Wir folgten ungefähr dem Flusstal der Our, und wechselten immer wieder von der rechten Seite auf die linke Seite. Begleitet von kurzen Regenschauen und kühlen Temperaturen kam ich mir wie in einer Achterbahn ohne Loopings vor. Die Landschaft war jedoch wunderschön und lädt zum nochmaligen erkunden ein. Irgendwann passierte ich das Dreiländereck und fuhr nun wieder auf belgischer Seite. Kurz hinter dem Dreiländereck war ein Biobauernhof, der Verpflegung und Übernachtungsmöglichkeiten im Stall anbot. Diesen erreichte ich gegen 17 Uhr und machte dort eine kurze Pause. Frisch gestärkt machte ich mich wieder auf den Weg. Es waren noch ca. 70km bis Monschau, die ich jedoch vollständig unterschätzt hatte.
Es ging wieder munter auf und ab, über Gravelpassagen in die Dunkelheit.
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Irgendwann gegen 22 Uhr erreichte ich dann schlussendlich Monschau. Die Restaurants waren bereits dabei zu schließen. Ich konnte noch gerade meine Flaschen auffüllen und eine Cola ergattern. Von Monschau zurück nach Lüttich waren es noch ca. 110km. Aufgrund der erneut stark sinkenden Temperatur entschied ich durchzufahren (im Nachgang eine blöde Idee).

Ich machte mich also über ein kurzes Stück des Vennbahnradwegs auf in die dunkle Nacht Richtung Lüttich. Es ging anfangs über einige Gravelpassagen entlang der Wesertalsperre Richtung Eupen. Ich hatte eigentlich in Eupen eine Tankstelle gefunden, die noch offen haben sollte. Hatte sie aber leider nicht. Ich hatte noch 2 Notfallgel und eine Packung Cashews. Langsam wurde die Verpflegung eng. Die Temperaturen sanken so weit, dass ich letztendlich meine Daunenjacke überzog. So ging es frierend mit wieder scherzendem Knie und kaputtem Hintern über teilweise üble Buckelpisten und Waldwege in Richtung Gileppe. Im weiteren Verlauf verschwammen die Ereignisse, da nun auch die Müdigkeit voll reinhaute. Irgendwann fuhren wir durch Spa. Im Hintergrund waren Motorengeräusche der Rennstrecke zu hören (oder bildete ich mir dies nur ein?). So langsam dämmerte mir, dass es eine dumme Idee ist weiterzufahren. Allerdings waren es auch nur noch 50km und irgendwann muss ja auch die Sonne aufgehen?! So langsam begleitete mich auf dem Rad auch immer wieder Sekundenschlaf. Irgendwo an einer Bushaltestelle legte ich mich auf einen großen Holztisch. Der bequemste Tisch, auf dem ich jemals lag 😉 Nach 5min erinnerten mich jedoch zwei Mitfahrer ans Weiterfahren. Ich sattelte also wieder das Rad und schleppte mich Richtung Lüttich. Irgendwann ging es La Redoute hinauf. Am Horizont wurde es langsam heller. Ich dachte, gleich bin ich da. Die Planer hatten jedoch noch Extraschleifen auf dem Weg eingebaut. Zum Grande finale ging es noch die Roche-aux-faucons hinauf. Den KOM von Kwiatkowski verpasste ich leider knapp. Von dort ging es noch ca. 10km bergab durch Lüttich zurück zur Jugendherberge, wo ich müde und schlotternd gegen 06:00 Uhr ankam. Nach einem finisher-Bier ging es direkt unter die Dusche und ins Bett. (Tag 3: 358km, 9450km, 19:30std Fahrtzeit)

Wie schon vorweggenommen, fand ich die Veranstaltung sehr gelungen und würde jederzeit wieder starten. Einzig die (kurze - ca. 50km) Strecke durch den Pariser Stadtverkehr war nervig. ich habe viel gelernt auf der Runde (z.B. dass eine Stunde Schlaf in der ersten Nacht nicht reichen und ich bei Schlafmangel einen kompletten Leistungseinbruch erleben). Die Strecke war landschaftlich überwiegend schön, teilweise aber etwas öde. Etwa die Verbindungsstrecke von Reims nach Orval war eher langweilig. Aber es können ja nicht nur Highlights warten. Die historische Dimension der Gegend ist mir erst unterwegs wirklich klar geworden. Man hat zwar in Schulzeiten viel darüber im Geschichtsunterricht gehört, jetzt aber mal tatsächlich an der Vielzahl von Denkmälern und Friedhöfen mit unendlich vielen weißen Kreuzen vorbeizukommen, war sehr beeindruckend.

Kurz zur Ausrüstung:
  • Auch wenn ich ihn nur einmal benutzt habe, war ich sehr froh meinen Quilt+ Torso-LuMa eingepackt zu haben.
  • Die Ardennen/Eifel werden im August schon extrem kalt, es hätten sich also lange Handschuhe oder Schuhüberzieher gelohnt.
  • Nächstes mal würde ich wohl doch eher MTB-Schuhe und eine bessere Übersetzung wählen. Die Rennradcleats waren nach den Schiebepassagen in Dinant und Laon bereits hinüber und haben mutmaßlich meine Knieschmerzen verstärkt. Eine kleinere Übersetzung hätte mir das Leben sicherlich vereinfacht. Ich bin mit 52/34 und 11-34 gefahren.
  • Die Akku-Lupine hat sich bewehrt.
  • Die Sitzposition auf meinem Canyon Endurace ist nicht optimal. Ich hatte Auflieger montiert, was gut ging. Im Schlussparcours konnte ich den Auflieger aber kaum benutzen. Ring- und kleiner Finger sind an beiden Händen durch den Druck nach wie vor eingeschlafen. Hieraus zeichnet sich aber gerade ein Projekt für den Winter ab.
  • An die Sattelstütze gehört eine Markierung mit Edding für die richtige Höhe.
 

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Re: Anfänger in Brevet und Ultra
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