3. Etappe: Montag 07.07.2025
Weiter ging es also von Sölden aus am letzten Montag.
Mir stand das Timmelsjoch mit seinen knapp 1.200hm von Sölden aus bevor.
Doch bevor ich wirklich losfuhr, füllte ich meine Gel und Riegelspeicher beim lokalen M-Preis auf und holte mir beim örtlichen Fahrradladen einen neuen Ersatzschlauch. Nach der doppelten Plattenstory vom Tag davor, waren 2 meiner 3 mitgenommenen Ersatzschläuche nach dem 2. Tag bereits verbraucht.
Und wenn ich schon mal im Fahrradladen war, so habe ich gleich in der Werkstatt vorbeigeschaut und den Freundlichen darum gebeten, ob er meinen Mantel vom Vorderreifen wieder komplett in die Felge bekommt. Mit Druckluft hat man eben doch mehr Möglichkeiten, als mit der kleinen Handpumpe. 8,5bar hat es dann gebraucht, bis unter einem lauten "plopp" endlich alles an Ort und Stelle saß.
Dann ging es aber wirklich los und ich startete etwas verspätet gegen 10 Uhr meinen Anstieg. Auch hier kannte ich die Strecke zumindest bis zum Abzweig in Obergurgl sehr gut aus dutzenden Winterurlauben. Somit konnte ich mir den ersten Teil gut einteilen.
Direkt am Ortsausgang Sölden geht es schon einmal mit fast 10% steil los, allerdings nur wenige 100m lang. Danach flacht es ab und geht bis Zwieselstein (dem Abzweig nach Vent) wellig, tendenziell fallend weiter, nur um im Anschluss so richtig durchzustarten. Nach dem Ortsausgang in Richtung Gurgl folgen 2km mit durchschnittlich 8,5% Steigung. Geht alles früh morgens ganz gut, wenn man nicht eine Mähmaschine vor sich gehabt hätte, die jedes Mal, wenn man zum Überholen ansetzt selber Gas gibt.... Ich hätte aus der Haut fahren können. Im Anschluss flachte es wieder etwas ab und gegen kurz vor 11 erreichte ich den 180 Grad Bogen hinauf nach Hochgurgl.
Von hier an war es dann mit meiner Streckenkenntnis im Detail vorbei. Mein nächstes Zwischenziel hieß Mautstation. Doch mit fröhlichem pedalieren war es vorbei. Mit Steigungen von bis zu 15% mühte ich mich Höhenmeter um Höhenmeter nach oben. Die 2.000hm Marke erreichend merkte ich als Flanchlandtiroler dann auch hier die langsam dünner werdende Luft.
Nach 2-3 Zwischenstopps zum Durchatmen habe ich dann die Mautstation neben vielen Motorradfahrern und einigen Schafen bei noch gutem Wetter erreicht.
Jetzt hieß es Fotos machen, aufwärmen (es hatte auf dieser Höhe ca. 12°C) und im Restaurant wieder stärken.
Leider wollte mein Appetit nicht so, wie es mein Kopf von mir verlangte. Wohlwissend, dass der anstrengendste Teil noch vor mir liegt und auch der Jaufenpass noch auf meinem Plan stand, wollte ich meine Kohlenhydratspeicher wieder mit Kaiserschmarren und Apfelsaft auffüllen. Doch nach der Hälfte des äußerst leckeren Essens musste ich kämpfen mich nicht zu übergeben und es ging nichts mehr in mich rein.
Nachdem ich dann noch ca. 30 Minuten regeneriert habe und auf dem Regenradar gesehen habe, dass es sich weiter abkühlt und zuzieht, ging es weiter.
Es folgte die kurze Abfahrt nach der Mautstelle um das Windeck herum und dann direkt auf das elendig lange gerade steil ansteigende Teilstück drauf zu. Von hier an wurde die Natur immer schöner - ich liebe hochalpine Landschaften - aber mein Körper musste sich ob der durchschnittlichen 9% von Serpentine zu Serpentine kämpfen.
Ich teilte mir die Strecke 100hm weise ein und erlaubte mir alle 100hm eine kurze Rast. Von der Mautstelle bis zur Passhöhe sind es rund 400hm...
An der 4. letzten Kehre stand ein Sportfotograf, der Fotos von Motorradfahrern, aber auch Radfahrern macht. Mit ihm kam ich kurz ins Gespräch und habe am folgenden Tag auch ein tolles Bild von mir für in meinen Augen akzeptable 12€ erworben.
Die letzten 100hm hieß es dann dem beginnenden Regen bei 5°C zu trotzen und sich auf die Passhöhe zu freuen.
Völlig ausgepumpt kam ich gegen 14Uhr oben an. Es war kalt, meine Beine taten weh, wenn auch zum Glück nicht nachhaltig und ein Sauerstoffzelt wäre nett gewesen. Aber ich war oben! Alleine durch Muskelkraft! Ich hatte meinen ersten 2.000er Pass bezwungen.
Ein unvergleichliches Gefühl, dass mich überwältigt ein paar Tränen verdrücken ließ.
Nach 20min und einer heißen Schokolade im Pass Bistro ging es dann an die äußerst steile, kurvige Abfahrt, bei mal mehr und mal weniger starkem Regen und hin und wieder einsetzendem Hagel.
Ich hätte mir wahrlich besseres Wetter für meine erste veritable Passabfahrt meines Lebens gewünscht, aber im Nachhinein habe ich was Fahrtechnik betrifft auf den folgenden 30km viel gelernt.
Sicher kam ich in Moos im Passeier an und studierte das Regenradar: 4°C auf dem Jaufen, Gewitter und Flocken waren abgebildet. Ich brauchte keine Sekunde um für mich zu entscheiden, dass ich den Jaufen auslasse und meine Alternative Strecke nach Sterzing nutze.
Somit zog ich mir die dicken Sachen wieder aus und behielt nur noch die Regenjacke an, um dann flacher abfallend bis St. Leonhard und dann nicht zum Jaufen, sondern gen Meran zu fahren.
Nach ca. einer Stunde erreichte ich mit neuer Energie und bei jetzt wieder sommerlichen 23°C diesen wahrlich traumhaften Ort.
Mein Ziel war es nun, weiter nach Bozen entlang des Etschtalradweges zu fahren, um von dort mit dem Zug nach Sterzing hochzufahren.
Fühlte sich dies falsch an, weil es nicht meinem Plan entsprach? Nein! Ich hatte das Timmelsjoch bezwungen und die Abfahrt bei schlechtestem Wetter überstanden. Mehr musste ich mir an dem Tag nicht beweisen.
Gegen 18:30 erreichte ich den Bahnhof Bozen und gegen 19:30 stieg ich bei stärkstem Gewitter in Sterzing aus dem Zug. Ich war zufrieden mit meiner Entscheidung und mit mir im Reinen...