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12 Stunden gegen die Uhr mit dem Klassiker

...jetzt bin ich erst mal mehr tot als lebendig.
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...dann mal Teil eins für die, die es interessiert.

Die Nacht über hat sich der Regen an den Dachflächenfenster redlich ausgetobt aber um fünf Uhr früh scheinen die Straßen abgetrocknet. Keine Ausrede, alles ist vorbereitet, also Service-Auto raus an Start und Ziel meiner angedachten Runde gegenüber dem Festplatz mit Zelt und Rummel. Tacho nullen, Rücklicht angeknipst und hinein in den Sonnenaufgang.
6:00h und die Kurbelwelle dreht sich. Alles Große fängt mit dem ersten Schritt an - haha - blabla

Keine Hetze auf Runde eins, leere Straße und MP3 ist mein neuer steter Begleiter.

"dance the night away" Van Halen

Gedanken gehen mir durch den Kopf, wie es wäre, wenn mich jetzt der Michlaster von hinten abschießt während der Knopf im Ohr mir die passende Liedzeile vorsummt? Musik und Radsport - kann schief gehen.
Am Friedhof in Pautzfeld sitzt ein Fuchs mitten auf der Straße und stiert die Schar Graugänse auf dem abgeernteten Acker an und kann sie doch nicht überraschen - aber ich ihn. Man, können die blöde Gesichter machen wenn die mit niemanden rechnen.


"doo wop (that thing)" Lauryn Hill

1:06h Rundenzeiten waren geplant; ich komme mit 1:04h ungewohnt lässig durch Start/Ziel.
Der Tisch namens Landstraße ist morgens für die Saatkrähen mehr als reich gedeckt mit den grünen Wettervorhersagern, die die Nacht nicht überlebt haben. Diese Tageszeit gehört eindeutig den Tieren in der Flur.
Der MP3 macht schlapp - die digitaleTechnik ein Graus...

Zweite Runde gleiche Zeit, Banane fassen, Flasche tauschen, MPscheiß reparieren - läuft

"good people in the world washing their cars in the lunchbreak" Sheryl Crow

Washing ja, Mensch und Maschine. 8:20h - die Gewitterwolke ergießt sich über mir. Nicht das es mir persönlich was ausmacht aber ich wollte dem Mercier den Dreck und mir die Arbeit hinterher ersparen.
Wie ein Uhrwerk wieder 1:04h für die Dritte und 1:03h für die nächste - läuft. Nur der Ideale quält mich auch mit abgesenkter Nase.

Beim Kammerer in Pautzfeld wabert schon der süße Geruch von Rotkohl und Rehragout über kurvige Ortdurchfahrt. Sechs mal 90° am Stück - das macht Spaß - Pedal hoch, Kurve schneiden.

Der Verkehr nimmt zu. Ein Überholer tobt und gestikuliert wild in seinem Auto, als ob er gerade einen Schwertransporter in Überbreite überholt hätte, dabei fahre ich genau auf der weißen Fahrbahnbergrenzung und rage mit dem Lenker gerade mal gut 20cm in den öffentlichen Verkehrsraum.

"hold the line" Toto

1:00h glatt! die war wie im Rausch mit 95 beats per minute.
Der Verkehr wird lästig; was ist heute nur los?
Halbzeit 12:00h und 171km zurückgelegt. Nur nicht überdrehen...

"don´t stop me now" Queen

29.3km/h netto bis hier hin
Fortsetzung folgt

 
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Ich platz vor Neugier! Wann können wir mit der Fortsetzung rechnen?
 
...nun noch Teil zwei.

"sir duke" Stevie W.

Sechs Stunden unterwegs bedeutet Bergfest und ab nun habe ich mir innerlich frei von allen Vorgaben genommen, um zu sehen was und wie es geht. Im übertragenen Sinn ist es Warten auf ein Versagen einer der elementaren Systeme Körper, Maschine oder äußere Gegenbenheiten.
Die ollen Schlauchreifen halten, also wird wohl der Körper das schwächste Glied der Kette sein. In der Vergangenheit war es aufsteigend nach Pein:
-Lendenwirbelsäule, -Nackenmuskulatur, -Knieathrose.
Vielleicht kennt das der eine oder andere...
Am meisten fürchte ich dieses gemeine Messer, welches bei Kopf in den Nacken in den Trapezius sticht. Aber beim Mercier ist an dieser Morsestation absolute Funkstille. Das Messer steckt diesmal im Sattel und bringt ungeahnte Qual in die untere Körperregion. An fahren im Unterlenker ist gar nicht mehr zu denken und das, wo jetzt der Wind auffrischt und sich erste Böen zeigen.

"tears dry on their own" Amy Winehouse

Ich beende Runde sechs komplett durchgenäßt vom Regenschauer, welcher eine willkommene Abkühlung bringt (positiv denken).
1:05h sagt das Ding, welches die Zeit anzeigt und die "lange" Mittagspause ist angesagt - ein Vollkornbrot mit Käse.
Im nächsten Durchgang treibt mich der Wind mit 1:02h durch das Aischtal. Von Monotonie noch keine Spur, allein ich weiß nicht mehr wie zu sitzen.
Aufgrund des hohen Verkehrsaufkommes weiche ich ab jetzt stellenweise auf die holprigen Radwege aus.

"rock dust light star" Jamiroquai

Die Musik im Ohr wir vom Wind übertönt und der Schnitt fällt zusehens. 1:11h - ich bin anscheinend gebrochen.
30 - 40km/h in Böen - ich muss in der Regel nun zwei Gänge kleiner ketten; bekomme das Gefühl zu Fuß schneller zu sein. Das Rad bleibt kaum in der Spur bis beim nächsten 90° Abzweig der Lärm schlagartig verstummt und von schräg hinten mit fester Hand angeschoben wird.
Unerwartet stehen doch tatsächlich zwei bekannte Gesichter in Oesdorf - danke!. Ein kurzes Gespräch, etwas Motivation und weiter. Ich komme kaum los, da mich das Knie nicht mehr aus dem Sattel läßt um Fahrt aufzunehmen. Es sieht jetzt gar nicht mehr flüssig aus, eher nach Schonhaltung gepaart mit tiefer Trittfrequenz.

"cab driver" Lenny K.

Jetzt kommt der Bass
Endlich wieder ein Ziel am Horizont. Ich kann langsam aufschließen: ein Liegeradfahrer und dahinter die Gattin mit Pedelec. Noch einmal beißen und gespielt unverkrampft vorbei - sollen die doch an ihrer Fitness zweifeln (immerhin besser als man selbst)!

"there is no other way" Blur

Kilometer 260: eine Frau blöckt mich über den Kindersitz aus ihrem SUV an. Ich verstehe kein Wort von dem, was sie mir mitzuteilen gedenkt. Einen Radweg gibt es hier nicht - das kann es nicht sein aber sie schafft es mir den letzten Tropfen Motivation mit Ihrem Löschpapier wegzusaugen.
Die Schatten werden länger und zeigen die Pleuel untertourig stampfend.
1:12h, 1:14h es wird immer langsamer, teigiger, zähflüssiger - dieser :mad::mad::mad: Sattel!


"hump the bump" redhotchillipeppers

Das Schattentheater gibt seine letzte Aufführung.
17:35h - ich werde das Ding wohl zu Ende fahren, Knieschmerzen hin oder her. Noch einmal in den Wind.
Mir wird speiübel und ich sehe einen Zusammenhang mit der abgedrückten Blutversorgung in der belle étage.
18:00h ich bleibe stehen; die beste Frau von allen soll mich abholen: Keinen Meter mehr!

3,5 Liter Sprit und drei Bananen
Fahrtzeit brutto 12:00h
Fahrtzeit netto 11.35h
GPSies gibt 2524hm an.
Die Marke für die Alterklasse Ü50 ist gesetzt.

So sehen übrigens die NOS Wolber nach 600km aus:
vorne

hinten

time won´t wait for you!

Danke an Andrea, den Turntablerockers, Stevie Wonder, Jamiroquai und die anderen MP3-Geister in meinem Ohr.
 
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Gratulation. Interessant wäre jetzt zu erfahren, wie es mit einem anderen Sattel gegangen wäre und was sich dann als Schwachpunkt herausstellen würde.
Gerade sowas herauszufinden habe ich ja gemeint mit der Proberunde.
 
Coole Sache :daumen::daumen::daumen:fetten Respekt das alleine durchgezogen zu haben:daumen::daumen:
bei mir waren es vor kurzem mit dem Stahlrenner in genau 12h
338,2km/1580HM
Aber der Vergleich hinkt...ist nur die Zeit in Bewegung...dann hatte ich ne Gruppe...und der Stahlrenner (Stahlross) ist der Neuste:D
 
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