Messwerte sind auch nicht zwangsläufig objektiv, denn sie spiegeln subjektive Entscheidungen darüber, was und wie gemessen wird und wo und wie diese Messdaten dann bereitgestellt werden.
Das individuelle Gefühl kann zudem genauso täuschen, wie es Daten können.
Die Hypothese, dass Gefühl und Daten zu Validität führt, steht daher auf sehr, sehr wackeligen Füßen.
Da steigen wir jetzt aber tief in die Philosophie ein.

Ich widerspreche dir bei der Genese der Daten gar nicht: Natürlich stecken da Design-Entscheidungen und auch kommerzielle Interessen dahinter.
Garmin ist kein Wohltätigkeitsverein und will Uhren verkaufen.
Aber: Nur weil ein Feature den Absatz fördern soll, heißt das im Umkehrschluss nicht, dass die Metrik funktionslos oder reine Willkür ist. Man darf hier nicht Marketing mit Physiologie verwechseln: Die HRV (und das Zusammenspiel von Sympathikus und Parasympathikus) ist keine ‚Erfindung‘ der Uhrenindustrie und kein undurchsichtiger Algorithmus. Es ist ein seit Jahrzehnten medizinisch belegter, messbarer Fakt des vegetativen Nervensystems. Die Uhr macht nichts anderes, als diesen biologischen Zustand sichtbar zu machen.
Für mich als Anwender ist am Ende nicht die akademische Reinheit entscheidend, sondern die Konsistenz und die Korrelation mit meiner Realität. Wenn die HRV bei mir zuverlässig anschlägt, bevor ich krank werde, hat der Wert eine faktische Relevanz. Und nach drei Jahren denke ich, ist meine persönliche Evidenz mittlerweile ziemlich hoch.
Genau deshalb kombiniere ich ja beides. Für mich ist das eine Form von Selbstmonitoring: Ich nutze die Daten als ehrlichen ‚Reality Check‘ für mein Gefühl. Das hat nichts mit wackeligen Füßen zu tun, sondern ist für mich ein stabiles Fundament auf zwei Säulen. Ich verlasse mich nicht blind auf eine Seite, sondern minimiere durch den Abgleich die Gefahr, mich selbst zu täuschen oder täuschen zu lassen.
Bestes Beispiel: Die Diskussion neulich um mein aktuelles Training (Schulter/Bursitis). Da war der Tenor einiger Stimmen hier ja ganz klar: ‚Ohne hohes Volumen machst du keine Fortschritte.‘ Das war die Meinung/das Gefühl von außen. Die Fakten (Entzündung) und mein Körpergefühl sagten aber ganz klar: ‚Volumen raus, Kraft rein.‘ Zum Glück habe ich mich da auf meine Analyse verlassen und nicht auf die Pauschalaussagen. Hätte ich blind auf den Rat ‚mehr Volumen‘ gehört, wäre die Schulter jetzt wohl hinüber.
Jetzt habe ich das ärztliche GO für den Einstieg in mehr Volumen. Und zum Thema Kraft: Dass diese der Ausdauer – richtig eingesetzt – absolut zuträglich ist, ist ja unlängst deutlich belegt.
Ich akzeptiere konservative Sichtweisen und dass man die Geräte ablehnt; auch dass eine ‚Hörigkeit‘ durchaus schwierig werden kann. Was ich aber nicht akzeptiere, ist die pauschale Aussage, dass die Daten wertlos seien. Richtig eingesetzt und interpretiert haben sie eine sehr hohe und nachgewiesene Relevanz.
Die Wissenschaft dreht sich halt weiter. Früher hat man nach 200 Kilometern Radfahren immer noch nichts gegessen und gewartet, damit der Fettstoffwechsel besser wird. Heute versucht man, so viele KH wie möglich aufzunehmen.
Ich finde es sehr erstaunlich, dass Du in einer Welt, die sich nur um Daten dreht, diese Daten hier ablehnst. Das passt für mich nicht zusammen.