Auf dem Weg … ein Zwischenfazit nach 50 Kg ..
Ich habe mich vor 6 Monaten auf den Weg gemacht mich nach 44 Jahren noch einmal neu zu erfinden. Das klingt radikaler als es ist, aber 70 kg Übergewicht und Adipositas Grad III lassen sich nicht mit einem diziplinierten und reflektierten Lebensstil erklären. Dier ersten 50 Kg sind nun geschafft und es ist Zeit für ein erstes Zwischenfazit.
Zum Start war es erst einmal wichtig die über Jahre entwickelten Entschuldigungen vor mir selbst nicht mehr zuzulassen.
Wichtig für mich ist es Essen nicht mehr als Belohnung oder Trostpflaster zu nutzen. Aber diese Verhaltensmuster legt man nicht in einem halben Jahr ab. Wie mit jeder anständigen Sucht, ist dies ein Prozess der Jahre lang, vielleicht ein Leben lang dauert.
Aber zu Beginn des Lernprozesses steht bekanntlich erst einmal die Definition des Problem. Beruflich bedingt haben mich unzählige Reisen rund um die Welt geführt. Guter Wein und die angesagtesten Restaurants gehörten zum Alltag. Die Bewegung beschränkte sich auf den Weg vom Gate zum Taxi. Ein geregelter Lebenstil sieht anders aus.
Ja ich war im Stress und auch heute arbeite ich immer noch viel. Aber was ich nicht gesehen habe, mein Lebensstil hat zusätzlichen Stress erzeugt und nicht abgebaut.
Den stirnrunzelnden Blick der Mitreisenden wenn ich beim Purser nach einer “Seat Belt” Extension gefragt habe, komplett verschwitzt im dunklen Anzug im Meeting erscheinen, die endlosen Diskussionen mit meiner Frau warum ich keine Lust auf Klamotten shoppen habe – die haben ja sowieso nichts in meiner Größe und selbst in Asien sind Budda ähnliche Ausmaße inzwischen out.
Aber die Einschränkungen sind zwar nicht wegzudiskutieren, aber ich habe sie jahrelang konsequent verdrängt. Selbst ein gesundheitlicher Tiefschlag vor drei Jahren hat nicht nachhaltig zum Umdenken geführt.
Inzwischen suche ich Hotels nicht mehr nach dem Restaurant sondern nach den Öffnungszeiten des Fitnessstudios aus und selbst bei Trips mit einer Übernachtung passen ein paar Sportschuhe und Sportklamotten ins Handgepäck!
Allein der Gedanke an Sport trieb mir den (Angst)schweiß auf die Stirn und das obwohl ich jahrelang passives Fördermitglied in einer internationalen Folterstudiokette war...
Ja es gibt Rückfälle in alte Muster. Das versuche ich mit neuen Ritualen einzudämmen. Ich bin der Überzeugung, das Rituale gut geeignet sind auch langjährig antrainierte Verhaltensmuster zu überschreiben. Jeden Morgen beim Frühstück (für mich eine komplett neue Mahlzeit) reflektiere ich den letzten Tag:
- Was habe ich gegessen und wie habe ich mich dabei gefühlt?
- Habe ich gegen die selbsgesetzten Rituale/Ziele verstossen?
- Wie reagiere ich in Zukunft in ähnlichen Situationen.
Das können die unbedeutenden Entgleisungen sein, die sich aber wieder einschleichen können.
Frage: Warum ich gestern nach einem stressigen Termin beim Süßigkeiten Automaten und habe danach noch die Plätzchen im Meeting Raum geplündert?
Erklärung: Mir fehlte das Mittagessen und es war kein Obst im Kühlschrank
Lösung: anstatt zum Süßigkeiten Automaten einmal um den Block laufen,Immer einen Notvorrat Äpfel vorhalten. (Inzwischen gibt es Apfelchips als letzten Ausweg)
Langsam gewöhne ich mich auch wieder daran, das Nahrungsmittel „Lebensmittel" sind und nicht etwas böses was mich nur dick macht. Hier hilft mir meine eigen Ambition beim Sport ungemein. Um meine Form auf dem Rennrad zu verbessern hilft es nicht, möglichst wenig zu essen, sondern richtig zu essen. Als mir jemand aus dem Forum vorschlug Maltodextrin 12 in meine Trainingsflaschen zu tun, hat sich in mir erst einmal alles gewehrt. Unnötige Kalorien? Und die sind noch nicht mal lecker? Inzwischen akzeptiere ich, das für einen nachhaltigen Erfolg dies genau der richtige Tip war.
Aber ich lerne auch, daß ich meine Ungeduld ein wenig
bremsen muss. Die letzten 20 Jahre lassen sich nicht in einem Schlag ausradieren und die Ziele dich ich mir nach der ersten Phase setze, dürfen nicht mehr ganz so extrem sein. Es war für mich wichtig die ersten 50 Kg in doch sehr kurzer Zeit zu verlieren. Das ist nun nach etwa 6 Monaten geschafft. Mit 128 Kg und einem BMI von 32 bin ich noch nicht da angekommen wo ich hinwill. Bis zu meine 45. Geburtstag im November sollen 8 weitere Kg Fett verstoffwechselt werden und die Form für meine „Transalp“ weiter aufgebaut werden.