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Was ich schon immer mal sagen wollte

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Woltersdorf
Mail der SPD Landtagsabgeordneten Britta Stark (ursprünglich an [email protected]):

Liebe Radsportfreunde,

das Brandenburger Umland ist bei den Hauptstädtern in vielerlei Hinsicht beliebt. Auch Sie, als Radsportfreunde, wissen die gute Luft, die schöne Landschaft und nicht zuletzt unser gut ausgebautes Straßen- und Radwegenetz sicher zu schätzen.

Leider bin ich in meiner Eigenschaft als Zepernicker Ortsvorsteherin und Barnimer Landtagsabgeordnete in letzter Zeit immer wieder mit Klagen von Bürgern konfrontiert, die sich bei mir über rücksichtslose Berliner Radsportfreunde beschweren. Konkret betrifft das insbesondere das Fahren auf der L 200 /B2 (Ortsausgang Berlin – Bernau), der L 30 (Bernau – Schönwalde), aber auch der L 304 (Bernau – Wandlitz) u.a. Strecken.

Hier wird von den Sportfreunden, trotz Vorhandenseins eines Radweges, meist die Fahrbahn benutzen. Oft wird zudem, selbst in Kleinstgruppen, nebeneinander gefahren.

Es ist aber auch der Ton, der die Musik macht: So werden freundliche Hinweise auf die StVO von den Radsportlern oft mit ganz und gar unsportlichen Gesten kommentiert.

Es verwundert deshalb nicht, dass der Ruf nach stärkerem polizeilichen Kontrolldruck in meinen Bürgersprechstunden laut wird.

Ich möchte in dem sich anbahnenden Konflikt gern vermitteln und Sie deshalb bitten, Ihren Einfluss auf Ihre Sportfreunde gezielt geltend zu machen. Der Hinweis auf ein freundlicheres und rücksichtsvolleres Verhalten im Straßenverkehr, aber auch auf die Notwendigkeit, die für alle Verkehrsteilnehmer geltende StVO einzuhalten, könnten ein erster Schritt dazu sein.

Das Konfliktpotential ließe sich sicher auch durch eine andere Streckenwahl entschärfen, denn auf der stark befahrenen L200 geraten die Radfahrer natürlich eher zum Verkehrshindernis, als auf Nebenstrecken.

Ich wünsche Ihnen und allen Berliner Radsportfreunden allzeit gute Fahrt sowie „Hals- und Beinbruch“.

Mit freundlichen Grüßen
Britta Stark

Britta Stark (MdL)
Landtag Brandenburg
Am Havelblick 8
14473 Potsdam

Tel.: 0331-9661388
Mail: [email protected]


Antwort von Dirk Borrmann vom www.mtb-verein-berlin.de (mit freundlicher Genehmigung):

Sehr geehrte Frau Bürgerin Stark,

Sie vertreten mit Ihrem doch sehr speziellem Anliegen in Ihrem Wahlbezirk sicher eine ganz bestimmte Klientel und ich will das auch hier nicht näher kommentieren. Ihre Darstellung ist aber doch recht einseitig auf die speziellen Bedürfnisse der „Freie Fahrt für freie Bürger“- Fraktion abgestellt.

Ihr Anliegen hinterlässt einen gewissen bitteren Beigeschmack, wo ich mich nach 20 Jahren Erfahrung als Autofahrer (dienstlich und privat) und als engagierter Radfahrer auf Brandenburger Straßen doch genötigt sehe, etwas zu erwidern und ins rechte Licht zu rücken.

Ich selbst bin zwar noch nicht auf den von Ihnen genannten Straßen gefahren, aber ich kenne die Situation aus meiner Radregion (liegt im Süden und Südosten von Berlin (Erkner, Königs-Wusterhausen, Storkow, Baruth, Zossen, Mittenwalde, Ludwigsfelde, Luckenwalde, Jüterbog, Trebbin, Teltow, Mahlow, Dahlewitz).

Zu den Radwegen:

1. Viele Radwege, die nach der Wende entstanden sind, sind aktuell nicht mehr gefahrlos zu befahren.

2. Die Radwege entsprechen teilweise nicht den Vorgaben der STVO weil zu schmal oder mit plötzlichen Verengungen gebaut, daher oft kein blaues Schild, d.h. keine Benutzungspflicht.

3. Sie werden gebaut und dann nicht weiter gepflegt (leere Kassen, kein Interessen bei den Gemeinden). Wer Radwege anlegt und erwartet, dass sie benutzt werden, muss sie auch pflegen. Hier besteht sogar eine erhöhte Unfallgefahr (Verkehrssicherungspflicht).

4. Sie sind oft mangelhaft gebaut, oftmals fehlt ein ausreichend dick verfestigter Kiesunterbau oder flachwurzelnde Bäume stehen zu nahe, die Folge ist, das der Belag aufbricht und die Wurzeln durchkommen.

5. Sie sind mit Strauchwerk und Gräsern überwuchert, der befahrbare Streifen ist teilweise auf weniger als 30 cm eingeengt.

6. Insbesondere in den Monaten nach dem Winter (März, April, Mai) ist oftmals noch keine Grundreinigung und Reparatur erfolgt.

7. Im Winter erfolgt keine Räumung, da muss man zwangsläufig auf der Straße fahren

Zu den auf der Straße fahrenden Radfahrern:

1. Ja, das machen wir manchmal …

2. Insbesondere dann, wenn wir sehr schnell fahren, da wird’s dann auf dem Radweg lebensgefährlich

3. Wenn wir in Gruppen trainieren

4. Wenn der Radweg in schlechtem Zustand ist

Und … wem tut das weh – wem schadet das?

5. Und wenn die Radwege für uns befahrbar sind, fahren wir meistens auf den Radwegen. Sie sollten das mal beobachten und nicht nur an den von Ihnen genannten Straßen sich von den freundlichen Bürgern mit den freundlichen Hinweisen auf die StVO in einer Bürgersprechstunde sagen lassen.

Wenn Sie Radtraining auf der Straße grundsätzlich ablehnen, dann müssen Sie die Sportart per Gesetz verbieten lassen – dann bin ich aber auf die nächste Wahl gespannt.

Wenn Sie Radtraining auf bestimmte Wege und Straßen beschränken oder lenken wollen, müssen Sie mit dem Radsport ein Konzept dafür entwickeln und geeignete Wege schaffen und erhalten, das kostet aber auch richtig Geld – Brandenburg hat aber keins – das sieht man ja an dem Zustand der Radwege, die gebaut wurden aber nicht erhalten werden.

Nun zu den „freundlichen Hinweisen auf die StVO“ Ihrer Bürger:

Meine Vereinskameraden, Freunde und ich selbst haben die freundlichen Hinweise auf die StVO Ihrer immer freundlichen Bürger zur Genüge kennengelernt und mussten dann leider zu oft den Rest des Tages im Krankenhaus verbringen.

1. Der erste freundliche Hinweis Ihrer freundlichen Bürger ist aggressives langanhaltendes Hupen

2. Der zweite freundliche Hinweis Ihrer freundlichen Bürger sind bestimmte Zeichen mit dem Finger

3. Der dritte freundliche Hinweis Ihrer freundlichen Bürger ist das Herausbrüllen von Beschimpfungen aus dem Auto

4. Der vierte freundliche Hinweis Ihrer freundlichen Bürger ist das vorsätzliche dichte seitliche Heranfahren an den Radfahrer, um dem Störenfried zu zeigen wer der Stärkere ist

5. Der fünfte freundliche Hinweis Ihrer freundlichen Bürger ist das vorsätzliche Abdrängen auf die Bankette, damit der Störenfried sich ja nie wieder einfallen lassen wird auf einer für Autos gebauten Straße zu fahren.

6. Der sechste freundliche Hinweis Ihrer freundlichen Bürger ist das direkt vor dem Radfahrer ganz nach rechts zu fahren und ohne ausreichenden Abstand abrupt abzubremsen. Die Folgen können Sie sich vorstellen. Haben wir selbst mehrmals auf Brandenburgs Straßen erleben müssen.

7. Der siebente freundliche Hinweis Ihrer freundlichen Bürger ist das Androhen und Ausüben von Gewalt

8. Der achte freundliche Hinweis Ihrer freundlichen Bürger sind die Punkte 1-7 in zusammengenommen in der einen oder anderen Folge

Ihre freundlichen Bürger sollten doch besser Ihre freundlichen Hinweise auf die StVO sein lassen – dieses ist ausschließlich der Exekutiven vorbehalten. Zur Erinnerung: Wir haben in Brandenburg seit 20 Jahren Gewaltenteilung – aber das haben ja in diesem Land noch immer nicht alle verstanden.

Sie sollten das Zeigen der freundlichen Hinweise auf die StVO (Punkte 1-8) auch nicht mit Bürgerengagement und sozialer Verantwortung verwechseln. Wenn das vorherrschen würde, gäbe es gegenseitige Rücksichtnahme und auch bei Autofahrern Verständnis dafür, wenn ein Radgruppentraining auf der Straße stattfindet, denn dafür ist auf dem Radweg meistens kein Platz vorhanden.

Wenn Radfahrer auf der Straße fahren, haben Sie meistens triftige und leicht nachvollziehbare Gründe – doch danach fragen Ihre freundlichen Bürger mit den freundlichen Hinweisen erst gar nicht – es bleiben dann meistens immer nur die Punkte 1-8 als Reaktion.

Und wenn die Polizei der Meinung ist, das ist verboten – dann wird sie es auch ahnden, wir leben ja in einem Rechtsstaat – oder etwa nicht – aber bitte keine Bestrafung durch Ihre freundlichen Bürger mit den freundlichen Hinweisen.

Es gibt in allen Bereichen schwarze Schafe, die gibt es aber nicht nur bei den Radfahrern – suchen Sie auch mal in Ihren eigenen Reihen und bei sich selbst. Dann klärt sich das auch, warum Sie sich zum Anwalt der freundlichen Bürger mit den freundlichen Hinweisen auf die StVO machen – denn mit Ihrer Mail vermitteln Sie nicht. Vermitteln geht etwas anders - also sollten Sie auch nicht den Anschein erwecken.

Ich begrüße ausdrücklich stärkere Polizeikontrollen, da werden sicherlich auch einige Rad fahrende Rowdys ins Netz gehen, aber die Mehrzahl Ihrer freundlichen Bürger mit den freundlichen Hinweisen auf die StVO müsste dann den Führerschein für längere Zeit abgeben – das wäre mal eine richtig gute Sache für die Verkehrserziehung. Ob das aber auch wirklich im Sinne Ihrer Klientel ist bezweifele ich doch sehr.

Ich hoffe weiterhin auf gegenseitige Rücksichtnahme und ein gewisses Laisser-fair auf Brandenburgs Straßen.

Ist es denn so schlimm mal 1 Sekunde später anzukommen.

Eines will ich zum Schluß noch klarstellen.

Das ist meine persönliche Meinung zu Ihrer Mail und hoffe dass Sie noch andere Meinungsäußerungen erhalten.

Mit den besten Grüßen

Dirk Borrmann
Mountain Bike Verein Berlin
 
AW: Was ich schon immer mal sagen wollte

Heute gerade wieder auf der Landsberger Allee Punkt 1 und 4 erlebt , der Radweg ist echt das allerletzte was blieb mir anderes übrig.
Die meißten Radwege sind für vollgefederte Mountainbikes noch fahrbar anderseits betreibe ich nun auch noch Straßenradsport :rolleyes:
 
AW: Was ich schon immer mal sagen wollte

tolle antwort, schön sachlich geschrieben und soooooooooo wahr.

ati
 
AW: Was ich schon immer mal sagen wollte

Bin neulich Nachts den R1 um den Müggelsee gefahren gibt ja ein neuen niegekannten Kick mit 40ig Sachen langzubrettern :D
Links und rechts kieken dich komische Augen an :eek: wat die wohl wollen und ein entgegenkommender rennt jetzt so :cool: rum :D.
Werd nächstes mal Fotos machen.
 
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