Richtig ist sicher......................Täuschungsabsicht bereits bei Vertragschluss.
Abgesehen davon, dass Du m.E. mit einigen Einschätzungen ein wenig daneben triffst, hilft die Jonglage mit dem deutschen BGB recht wenig. In der EU ist zwar in Sachen Verbraucherrecht einiges harmonisiert worden, aber längst nicht alles und vor allem greift nicht unbedingt alles.
Es fängt schon damit an, dass die Auftragserteilung, die Anzahlung und die Bestätigung der Anzahlung formal, wie es eben üblich ist, eher einfach gehalten ist. Es gibt keinen formalen Vertrag, keine Unterschrift etc., es gelten die allgemeinen Geschäftsbedingungen. Das würde selbst wenn es nur mündlich und per Handschlag vereinbart wurde prinzipiell nichts am rechtlichen Hintergrund ändern, nur die Nachweislage ist u.U. etwas komplizierter.
Nochmal: ich finde die Art, wie hier mit den Kunden umgegangen wird, keineswegs besonders prickelnd. Und in nochmal anderen Umständen habe ich sowas in der Art auch schon hinter mir, nur mit deutlich einschneideneren Folgen, bei denen selbst ein fähiger Rechtsbeistand nicht geholfen hätte. Das werde ich hier nicht weiter ausbreiten, soll aber deutlich machen, dass ich durchaus mit dem TE "mitfühle".
Allein die Schlußfolgerungen kann ich so nicht unterschreiben.
Vielleicht ein paar Tips, wie man vielleicht besser zu seiner Sonderanfertigung kommt:
Als Verbraucher scheint man manchmal, zumindest in Deutschland, regelrecht "gepampert" zu sein. Vieles gilt auch in der EU, außerhalb, vor allem im angelsächsisch geprägtem Raum gilt ( verschärft): "Caveat emptor" - Der Käufer möge sich in Acht nehmen. Dabei sollte man nicht davon ausgehen, dass Verbraucherrecht einseitig dem Kunden dient, sondern im Gegenteil, die "Gegenseite" ihre eigenen Vorteile dabei hat.
Wenn man sich erstmal vergegenwärtigt hat, dass zum "mündigen" Verbraucher doch etwas mehr gehört, als eine rechtliche Schmusedecke, die es so ohnehin nicht gibt, wird der Rest auch einfacher:
- Rahmenbauer können ziemliche Diven sein. Entweder aus grober Selbstüberschätzung, weil sie eine willfährige Fangemeinde haben oder einfach, weil die kaum über ihren eigenen Horzont hinausblicken. Andere wieder sind allem aufgeschlossen und zugänglich. Für alle gilt, dass sie so ihre Überzeugungen haben.
Schaue Dir den betreffenden vorher an, rede / schreibe mit ihm. Manchmal passt man einfach nicht zusammen, dann geht es nicht. Versuche auch nicht, gegen deren Überzeugungen etwas zu verlangen. Das wird auch nicht funktionieren.
- Vergiß alle "Rennradbravo-Prosa"! Vieles hat mit realen Anforderungen an ein Werkstück wenig zu tun. Tatsächlich wissen die meisten besser, was wie möglich ist und welche Eigenschaften wirklich erforderlich sind.
- Viele Rahmenbauer haben keine Ahnung von Ergonomie, bzw. neigen dazu so manches Maß vermeintlichen, technischen Sachzwängen zu unterwerfen. Wer hier besondere Anforderungen hat, sollte sich einen suchen, bei dem der Fahrer im Mittelpunkt steht.
Wer quasi die notwendige Geometrie schon mitbringt, kann wieder fast jeden beauftragen.
- Nahezu jeder Rahmenbauer wird Deine Sonderwünsche verwirklichen. Im Zweifel hat man die aber selber zu verantworten.
- Wenn besondere Bauteile an den Rahmen kommen sollen: Gib sie ihm in die Hand ( und achte darauf, dass Du sie nachher auch wieder bekommst). Sonst schlägt die ausgesuchte Kurbel eben doch an die Kettenstrebe.......
- Zu dem Geschäft gehören immer zwei, die voneinander etwas wollen: der Eine den Rahmen, der Andere den Auftrag, das Honorar. In der Regel reicht das, um sicher zu gehen, dass schlußendlich alles so läuft, wie es soll.
- Mißtraue ein wenig einem allzu deutlichen "Kultstatus" eines Rahmenbauers, auch wenn manche den für bestimmte Dinge vielleicht zu Recht haben ( .... die Lackierungen von Pegoretti z.B. die verschnörkelten Muffen bei Hetchins etc... ).
Wenn irgend ein Name auch nur kurzfristig "gehypt" wird, bist Du im Zweifel der -zigste Auftraggeber und ganz hinten in der Warteschlange.
- Besondere "mythische" Eigenschaften eines Rahmens oder "übermenschliche" Fähigkeiten eines Rahmenbauers gehen fast ausschließlich auf die "Heldengesänge" Fangemeinden zurück. Genauso wie gerne dem allgemeinen italienischen Rahmenbau besondere Qualitäten zugesprochen wird: hier gab es scheinbar mal die meisten kleinen Rahmenbauer, viele Große, Handwerkskunst genauso wie Massenmist. Qualität kennt aber keine Nationalität
- je mehr Handarbeit, je mehr Optionen, desto teurer. Und zwar völlig unabhängig vom Herstellerland. Wer einzeln gefertigte Rahmen für einen deutlich niedrigeren Preis, als der Durchschnitt anbietet, hat auch ein paar Arbeitsschritte rationalisiert. Das ist nichts schlimmes, kann sogar für beide Seiten eine gute Wahl sein. Wer Arbeit ausgelagert hat, läuft aber wieder in Gefahr vielleicht nicht so schnell liefern zu können. Der "Beschleuniger" kann schon mal nach hinten losgehen.
Ablauf:
Wenn Preise, Farbe, Wunschausstattung etc. soweit besprochen sind gibt man den Auftrag. Meist recht formlos.
- Anzahlung: ist obligatorisch. Zum einen sichert sich der Rahmenbauer damit ab, dass der Kunde nicht willkürlich wieder abspringt, das ist im Grunde das Wichtigste für ihn und völlig legitim. Üblich sind 30-50% des Endpreises. Damit begleicht man auch Vorarbeiten wie Zeichnungen, Abnehmen der Maße, Einkauf von Materialien etc.
Bei einer Stornierung des Auftrages kann es allerdings vorkommen, dass ein Teil oder die ganze Anzahlung dann eben weg ist, weil bereits Arbeit in Rechnung gestellt werden kann.
- Lieferzeit: ist ( fast) immer länger als angegeben. Nur wenige können ( oder wollen) es sich leisten so transparent damit umzugehen, wie z.B. Florian Wiessmann oder Seven Cycles.
Zudem ist der Rahmenbauer auch auf die Pünktlichkeit seiner Zulieferer angewiesen: Rohrhersteller, Lackierer, Zulieferer von Ausfallenden usw... Es gibt eben außer einer vollen Werkstatt noch eine Menge oft schwer kalkulierbarer Faktoren.
Wird die Lieferzeit überschritten: nachfragen! Bei Ausflüchten und ungenauen Angaben: immer wieder nachfragen. Wer hier nicht konkret wird oder mauert, wird die weniger hartnäckigen Kunden nach hinten schieben.
Wer nicht gerade einen lukrativen Großauftrag hat, hat in der Regel ein Interesse auch zu liefern. Der Rahmenbauer geht mit Arbeitsbeginn in Vorleistungen, die in der Regel über die Höhe der Anzahlung hinausgehen.
Das kann der nervigste Teil des Ganzen werden, wie hier ja auch geschildert wurde.
- Das "Werkstück": Auch hier kann man sich als Kunde ein paar Eigentore schießen: Fahrradbau ist keine Nano-Technik, das sollte man sich von vorn herein klarmachen. Die Toleranzen sind relativ grob und es wird gedengelt und gerichtet ( obligatorisch) und nachgearbeitet, dass es eine Lust ist.
Eine gewisse Sorgfalt sollte schon sein und es gibt Sachen, die nicht tolerabel sind: falsch gesetzte Bohrlöcher mit Messinglot zuzukleistern, falsch anesetzte Streben usw. das wäre alles zu Lasten des Rahmenbauers.
Wenn jetzt ein bestehendes Modell auf Kundenwunsch manipuliert werden soll ( "tighte clearance..." z.B. oder andere "hippe" Sachen), sollte man als Auftraggeber entweder wissen, was man da verlangt, oder im Einzelnen mit dem Rahmenbauer besprechen, was hier geht und welche Konsequenzen das haben sollte.
Ist der hier zugänglich und erklärt alles, was zu bedenken ist, ist es gut und sicher auch den Aufpreis wert, den er vielleicht dafür verlangt.
Wenn er ganz ablehnt auch. Wenn der nur mit den Schultern zuckt und einfach macht, erwarte, dass nachher etwas vielleicht nicht passt.
- Abholung: Achte darauf, dass alle notwendigen Vorarbeiten gemacht worden sind: Steurlager planfräsen etc. Wer es selber nicht kann, kann ja ein paar Sachen einbauen lassen. Den Rahmen gut durchsehen, eventuelle Mängel gleich beheben lassen. Auch Nacharbeiten sind nichts ungewöhnliches. Schlimmstenfalls wurde so geschlampt, dass der ganze Rahmen noch einmal gebaut werden muß.