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Superrandonnée Rheingold

Vor einigen Wochen bin ich die Superrandoneé Rheingold auch angegangen. Für die Praktiker (tl;dr) hier direkt die Tips - Prosa und Fotos gibt es weiter unten:
  1. Routenführung: Es ist eine wirklich schöne Tour durch Westerwald, Taunus, Hunsrück und Eifel. Ein lohnender Einstieg in die Welt der Superrandoneés. Danke Felix!
  2. Übernachtung selbstgemacht: Wer mit Schlafsack und Isomatte unterwegs ist wird im Hunsrück und der Eifel nahe am Weg zahlreiche Hütten finden. Die sieht man von der Straße aus aber selten. Daher lohnt es sich zu planen.
  3. Verpflegung: Wie früher im Thread schon erwähnt gibt es zahlreiche Verpflegungsmöglichkeiten im Track. Zusätzlich dazu gibt es in Hottenbach (km273) eine Bäckerei mit Dorfladen und in Wershofen (km434) den "Dorfspezi" - einen SB-Supermarkt mit sehr langen Öffnungszeiten
  4. Es gibt einige Baustellen - Stand 09/2025 waren die aber umfahrbar oder durchfahrbar
  5. Verkehr: An zwei Stellen gab es bei uns unangenehm viel Verkehr: auf den großen Feldberg (km100 - km133) und am Anstieg nach Presberg (km180 - km185). Wenn man nicht grad in die Nacht startet oder Gravel mag lässt sich das zumindest auf den Feldberg wohl aber kaum vermeiden.
Rheingold - genüsslich statt gierig

Da sich das Jahr aus Brevetsicht noch unvollständig anfühlte beschlossen ein Kollege und ich zu Mitte September einen Anlauf auf die Superrandoneé Rheingold. Ich kannte bisher auf dem Rad nur die Rureifel und war umso neugieriger auf Westerwald, Taunus, Hunsrück und Vulkaneifel. Das zu klassischen Brevets unterschiedliche Format war für uns Beide neu. Als Lehre aus der Oper Rheingold habe ich mir mit auf den Weg genommen nicht zu gierig zu sein: die Zeit sollte nicht zu knapp werden, aber die 60 Stunden mit Genuss und hauptsächlich mit "normalem Essen" auszuschöpfen stand auf dem Plan. Die Aufteilung der Tagesetappen war circa 250 km - 200 km - 150 km.

Tag 1: Westerwald und Taunus
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Gestartet sind wir an einem Freitag mit einer Vorhersage für zwei warme, sonnige sowie einen kalten regnerischen Tag. Pünktlich um sechs waren wir am deutschen Eck in Koblenz. Durch die Morgendämmerung ging es durch die ersten malerischen Flusstäler hinauf - ein Muster welches sich in den kommenden Tagen häufig wiederholen sollte. Da wir alleine gestartet sind gab es anders als bei den Gruppenteilen in Brevets keinen Vorteil darin am Anfang viel Tempo zu fahren. Wir ließen es also gemächlich angehen. Die damit eingesparte Energie sollte sich später mehrfach auszahlen, da mir auf der weiteren Fahrt tatsächlich nie die Energie einbrach. Definitiv ein Novum!

Die Strecke durch den Westerwald im Morgennebel war malerisch. Bald querten wir über die Lahn in den Taunus. Hier nahm leider der Verkehr zu. Speziell zwischen Niederreifenbach und Neuhof (km100 - km133) spielte sich die Strecke auf Straßen ab, wo eine Mischung aus Berufsverkehr und touristischem Verkehr das Fahren unangenehm machten. Speziell betraf das die Auffahrt auf den großen Feldberg gegen Freitag Mittag. Wenn man den auf Asphalt erklimmen möchte muss man eben auf der Landstraße fahren. Für mich war die Motivation zum Finishen ab hier, dass ich nie wieder diese Straße fahren möchte (oder zumindest nicht bei Verkehr).

Zwischen Neuhof und Pfaffental wurden wir dafür mit einer traumhaften Abfahrt entschädigt. Auf diese folgte die Schattenseite eines sonnigen Freitags im Herbst: der Aufstieg nach Pressberg (km180 - km185) begleitet von Motorradfahrern und "Sport"wagen in den Serpentinen. Pünktlich am 6. Kontrollpunkt war das aber Geschichte und der Verkehr sollte uns für den Rest der Fahrt nicht mehr behelligen. Pünktlich zum Sonnenuntergang waren wir wieder am Rhein, setzten über und nutzten die Verpflegungsgelegenheiten in Bingen. Spätestens ab hier war Planung angesagt, um nicht auf dem Trockenen zu sitzen. Durch die lauwarmen Spätsommernacht kurbelten wir uns die andere Rheinseite hinauf und suchten uns ein Lager.

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Tag 2: Mosel und Vulkaneifel
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Am nächsten Morgen starteten wir früh Richtung des zweiten Höhepunkts: dem Erbeskopf (km295). Der Anstieg hier gestaltete sich im Vergleich zum großen Feldberg durch einen Fahrradweg wesentlich angenehmer. Nach einem Brunch in Thalfang entschieden mein Kompagnon und ich uns zur getrennten Fahrt.

Ab hier folgten vor und nach Mosel schöne Anstiege und Abfahrten satt - genau wie erhofft! Von diesem Teil der Strecke habe ich kaum Fotos, weil sich ein Flow einstellte bis kurz vor dem Radioteleskop Effelsberg der zweite Abend dämmerte. Erfreulicherweise gibt es in Wershofen (km434) mittlerweile einen Selbstbedienungsladen, welcher sieben Tage die Woche von 6 bis 22 Uhr (sic!) geöffnet ist. Kurz hinter der Kontrollstelle am Radioteleskop bot eine Hütte Unterschlupf für die Nacht.

Tag 3: Sightseeing bei Regenwetter
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Der folgende Sonntagmorgen bestätigte dann leider die Befürchtungen aus der Wettervorhersage: eine kalte Regenfront schob sich über die Eifel. Der Aufstieg zum dritten und letzten Höhepunkt der Tour zur hohen Acht (km482) war daher für die Anwohner der Strocke unverkennbar durch ein stetiges Fluchen in der Dunkelheit wahrzunehmen. In solchen Situationen bin ich retrospektiv froh, dass kein Bahnhof in der Nähe ist. Zur Morgendämmerung wandelte sich der Regen zumindest in Niesel, welcher sich auch für den Rest des Tages immer wieder blicken ließ. Zumindest boten einige Bäcker und Tankstellen unterwegs eine Stärkung und ein für eine Superrandoneé sicher ungewöhnlicher Bahnradweg (km507 - km521) ließ kurz Zeit zum Atmen.

Die Kontrollstelle an der Burg Eltz (km529) war wie im Nachbarthread erwähnt für Fahrräder nicht mehr befahrbar. An der Schranke wurde ich freundlich aber bestimmt zum Absteigen gebeten. Mein Rad ließ ich in der Obhut des Parkplatzwächters und genoss den Burgblick per pedes. Zwar war das Radverbot nur auf den letzten 300 m ausgeschildert. Es bedarf nicht viel Fantasie um sich vorzustellen, wie an dieser steilen, geschäftigen Stelle Konflikte zwischen Radlern und Fußgängern entstehen. Der Ausblick war es allemal wert!

Die letzten 60 km führten dann wieder über die Mosel zurück in den Hunsrück. Den Teil der Strecke als "Zubringer" zum Loreleiblick (km584) und Gedeonseck (km609) war eher von Landwirtschaft und Verkehr geprägt und daher nicht mehr so reizvoll. Diese Einschätzung kann aber auch dem Wetter und meiner Konstitution geschuldet sein. Nach einem kurzen Stück Rheinradweg trudelte ich groggy aber zufrieden mit ca. 1 1/2 Stunden Puffer am letzten Kontrollpunkt ein.

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Fazit
Rückblickend hat sich die Strategie, es von Anfang an langsam und konstant angehen zu lassen, voll ausgezahlt. Ich konnte jede Minute der Tour genießen, der Magen hat sich nie gemeldet und auch die Regeneration war viel kürzer als bei vorigen Brevets. Zur Vorbereitung empfiehlt es sich auf jeden Fall, diesen Thread hier zu lesen.

Insgesamt war die Tour genau das perfekte Kennenlernen dieser für mich neuen Regionen. Es gibt schöne Anstiege und Abfahrten am laufenden Band. Die touristischen Highlights der Runde (großer Feldberg, Erbeskopf, hohe Acht, Loreleiblick und Gedeonseck) sind im Vergleich zur eigentlichen Fahrt deutlich in den Hintergrund getreten. An dieser Stelle noch mal ein großes Dankeschön an Felix für die Planung und Organisation dieser Traumtour. Ich werde den Superrandoneés treu bleiben - die Messlatte liegt jetzt aber ganz weit oben!
 
Wir sind die Runde Samstags gestartet, da war es am ersten Tag kein Problem mit dem Verkehr.
Bei Deiner Wettervorhersage war es für Dich wohl trotzdem so besser.
 
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