Nein, ich würde mir keine Tatoos von irgendeiner Marke verpassen lassen.
Und ja, ich wäre froh wenn es noch weitere Alternativen zu
Shimano und Campa gebe.
Mit Alternativen meine ich ernst zunehmende Hersteller wie es Suntour oder
Mavic einmal waren.
Um das Thema
Shimano abzuhandeln noch soviel.
Ich sehe die Marke durchaus kritisch, besonders ihre Versuche den Markt durch eigene Normen in ihre Richtung zu ziehen.
Auf der anderen Seite finde ich das man es sich zu leicht macht wenn man
Shimano für die Monopolstellung allein verantwortlich macht.
Man hat bei
Shimano clever den Markt beobachtet und die passenden Produkte mit dem passenden Marketing zum richtigen Zeitpunkt angeboten.
Andere Firmen wie Suntour haben in diesen Bereichen Fehler gemacht die ihnen letztlich ihre Marktposition gekostet haben.
deshalb ist für mich diese Verteufelung des Marktführers nur bedingt zu verstehen.
Vielmehr sind die anderen schlicht weg nicht gut genug, aus welchen Gründen auch immer.
Was nun diese Firma aus Italien angeht so ist die Beschreibung von Rigobert glaube ich exemplarisch für viele Campafahrer.
Zuerst einmal die oben erwähnte Ablehung von
Shimano weil das nun mal als Marktführer die Bösen sind.
Und dann kommt die Verehrung der eigenen Marke durch Aufzählung von Argumenten bei denen ich mich immer Frage
ob die Campafreaks einen Esoterikkurs besucht haben.
Als da wären:
1.
Campa wird schließlich noch in Handarbeit hergestellt.
Ja, und zwar von Männern mittleren Alters die als Qualifikation mindestens einmal den Giro gefahren sein müssen.
Aber im ernst, bei Camps gibt es soviel Handarbeit wie bei
Shimano.
Alle Metallteile werden auf Bearbeitungszentren angefertigt und nur die Montage ist noch, zum Teil, Handarbeit wie bei
Shimano.
Campagnolo ist sogar, oder war zumindest, eine Firma die sehr stark im Maschinenbau tätig war
und bei der die Fahrradsparte lange Zeit ein Abfallprodukt war.
Dazu kommt das auch bei Campa viele Bauteile eingekauft werden so das die Komplettanfertigung im eigenen Haus nur noch ein Wunschtraum ist.
2.
Campagnolo kämpft heldenhaft gegen die Übermächtige Manpower aus Fernost
Ja, denn die Entwicklung von Fahrradteilen ist so aufwendig wie der Flug zum Mond.
Auch hier muß ich milde Lächeln, oder glaubt hier irgendjemand das für die Entwicklung von Schaltungen und Kurbeln
Armeen von Ingenieuren nötig sind?
Ein kleines aber feines Team ist sogar flexibler, schneller und letztlich besser als ein Riesen Wasserkopf.
Und dazu kommt das die Anzahl der Produkte sehr überschaubar ist, da viele Teile bis auf die Ausführung und Design Gleichteile sind,
und das der Innovations/Produktzyklus in einem für heutige Verhältnisse langen Zeitraum liegt.
Das mit den Gleichteilen prktiziert Campa übrigens nahezu perfekt, da die Unterschied zwischen Chorus und Rekord zum Beispiel
oft nur durch andere Schrauben oder Abdeckungen gegeben sind.
Nebenbei bemerkt sind die Zeiten in denen man in Südeuropa noch am Zeichenbrett arbeitete schon länger vorbei
sodass auch dort alles mit CAD-Systemen entwickelt wird.
Genauso seelenlos wie in Japan oder Taiwan.
3.
Campa Teile sind ihren Mehrpreis wert.
Ja sicher, genauso wie auch eine Leica ist ihren Mehrpreis wert ist
Auch hier muß ich schmunzeln, denn Leica ist ein gutes Beispiel für das was Campa macht.
Die Kunst ist es nämlich sehr gute Produkte, welche sowohl Campa als auch Leica herstellen, durch geschicktes Luxus und zugleich Underdog Marketing,
so zu pushen das ein Mehrpreis von der Fangemeinde gerne bezahlt wird.
Beide werben mit dem Ruf der Vergangenheit, und dadurch bedingt nur mäßig innovativer Technik, und grenzen sich so zu den großen Weltkonzernen ab.
Man erhebt Qualitätskriterien, Leica mit der Optik und Mechanik/Campa
mit Materialien und Verarbeitung/Finish,
zum Kult obwohl Canon oder Nikon genauso gute Optiken oder mechanisch stabile Kameras bauen oder
Shimano genauso gut verarbeitet ist und gleichwertige Legierungen verwendet.
Kult-Marketing halt das darauf abzielt vom Kunden die Extra €uros loszueisen um über den Preis die Exklusivität der Marke zu sichern.
4.
Die bessere Materialqualität
Sieht man besonders an den Karbonkurbeln
Campa war und ist dafür bekannt sehr gute Alu-Legierungen zu verwenden und war stets stolz darauf.
Nur hat die Konkurrenz gleich gezogen und so mußte ein neues Material herhalten.
Carbon.
Nur anstatt man das Material effektiv in der Topgruppe einsetzt gibt man sich mit Designbauteilen zufrieden die noch dazu eine mäßige Qualität aufweisen.
Die aktuellen Rekord-Carbonkurbeln sind technisch ein Witz da das Wort Faserverlauf vollkommen ignoriert wird.
Stattdessen wird eine Kunsstoffsubstanz in eine Form gespritzt die Optisch bearbeitet ein tolle Oberfläche bietet.
Eigentlich kein Thema oder Problem, denn hochwertige Kunststoffe leisten Wunderdinge und sind daher absolut geeignt.
Nur sind sie kein Carbon.
Aber mit diesem Material wirbt Campa um die ehrenwerte Kundschaft mit einem hippen, neuen und exklusiven Werkstoff zu locken.
Ich weiß das jetzt Rigobert einiges darauf zu sagen hat und manches mag jetzt nach Neid oder Mißgunst riechen.
Dem ist aber nicht so, denn ich habe in der Vergangenheit Campateile verbaut(Kurbeln,
Felgen) und ich könnte mir vorstellen
das ein Campa-LRS sich an meinem Rad dreht.
Was mich aber nervt, und weshalb ich so opportunistisch(wenn auch augenzwinkernd) auf Campateile und Jünger reagiere
ist der Absolutismus mit dem diese Marke verteidigt wird, obwohl bei näherer Betrachtung mehr Rauch als Feuer zu sehen ist.
Und ein letztes.
Ich halte die derzeitigen Preise im Topsegment für absolut überzogen.
Das gilt für Baugruppen, Rahmen, System-Laufräder und vor allem Tuningteile.
Die Industrie versucht mit Macht die treue Fangemeinde, die bereit ist für ihre Träume auf 2 Rädern viel Geld zu bezahlen,
mit überteuerten aber technisch wenig innovativen Produkten zu ködern und schlägt dabei den Weg des Placebomarketings ein.
Die Folge ist das der tatsächliche technische Gegenwert und der bezahlte Preis immer weiter auseinander driften
und eine nüchterne Betrachtung der Produkte ausbleibt.
Sowohl beim Kunden als auch, für den Kunden letztlich verherrend, bei der Fachpresse die sich mehr und mehr zum Werbesprachrohr der Industrie macht und dabei ihre journalistische Unabhängigkeit aufgibt.
Um zur Ausgangsfrage zurück zu kommen, so kann ich es mir zur Zeit nicht vorstellen eine Campagruppe zu fahren.
Das hat Design, Preis und Technische Gründe und/aber auch natürlich meine Abneigung gegen Campa als solches. :aetsch:
Das heißt aber nicht das ich zwangsläufig ein Shimanofan oder Jünger wäre.
Ich könnte mir sehr wohl vorstellen, und ich hoffe wirklich darauf, dass es neben Campa und
Shimano noch eine, zwei wirkliche Alternativen gibt.
Aber da dies zur Zeit nicht der Fall ist wäre mein Traumrad mit einer DA-10fach ausgestattet, zumindest weitestgehend.
Sorry, die Antwort wurde länger und ausführlicher als eigentlich geplant. :ka: :spinner: :wink2: