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Paris in (doch nicht) 24h: Non je ne regrette rien

Super danke.
Ich finde deine Tour und den Bericht super.
Du hast mich angesteckt. Ich werde das spätestens nächstes Jahr auch machen. Habe mal so grob geplant. es müssten von mir aus so um die 520km sein. Werde versuchen in 24h hin zu fahren und dann direkt im TGV zurück.
Prima, bon route:daumen: Ich hoffe, wir können dann darüber lesen. Bin gespannt, ob Du die 24h knackst. Bei mir wären auch 520km nicht in 24h gegangen. Hatte ja 500km nach knapp über 24h.

Das mit dem direkt in den Zug würde ich mir nochmal gut überlegen. Viele TGV's am Wochenende sind praktisch ausgebucht. Da musst Du schon einige Stunden Reserve einplanen, dass Du den Zug dann auch wirklich sicher kriegst (und Dein Rad zerlegst, und tatsächlich in Paris gewesen bist und nicht nur atemlos zum Bahnhof gehetzt,...)

Je nach dem, wo Du nachts fahren willst, könntest Du übrigens wohl problemlos auch breitere Straßen (mit weniger hm) einplanen, als ich. Insgesamt war nachts wirklich sehr wenig Verkehr. Die letzten 20-30km nach Paris rein, kann ich wirklich empfehlen, so wie ich sie gefahren bin.
 
hallo,
danke für diesen inspirierenden Bericht .
da bekommt man Lust drauf so etwas selber zu machen.klasse Leistung.
auf zu neuen Ufern .
Gruß



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Sind in jeden Wagon diese Gepäckfächer?
Hast du von zu Hause aus schon dein Zugticket gebucht? (Sitzplatzreservierung?)
 
Sind in jeden Wagon diese Gepäckfächer?
Keine Ahnung, bin erst zum 2. Mal TGV gefahren. Ich würde vermuten, ja. In jedem Fall sehr frühzeitig in den Zug einsteigen. Die stehen bestimmt 20-30min vor Abfahrt schon da.
Hast du von zu Hause aus schon dein Zugticket gebucht? (Sitzplatzreservierung?)
Unbedingt. Sitzplatzreservierung ist vorgeschrieben. Spontan in einen TGV nach Deutschland am Wochenende wird schlicht nicht funktionieren, höchsten an einem verregneten Novemberwochenende. Ich hab mein Ticket 3 Tage vorher geholt und Sa. einen der letzten Plätze an dem Tag gekriegt. Die Züge waren wohl mit Leuten ausgebucht, die So. keinen Platz mehr gekriegt haben.
 
Prolog

Lange habe ich jetzt hier schon nichts mehr geschrieben und habe nun doch wieder einen guten Grund dazu: 10 Jahre nach meiner Solo-Tour bin ich, diesmal mit 2 Freunden zusammen, wieder nonstop nach Paris geradelt. Ich selbst hatte eine Wiederholung die letzten Jahre nicht ernsthaft geplant. Nach „Deutschland nonstop“ 2017, meinem als etwas enttäuschend empfundenen 2. Ötzi (ebenfalls 2017) und einem schweren Sturz 2018 war irgendwie erstmal die Luft raus aus dem Thema „Langstrecke“ und Rennrad allgemein. Weiterhin bin ich meine rund 6000 Jahreskilometer zur Arbeit geradelt, habe mir 2021 zu meinem 50. ein wunderschönes Heidelberg – Nizza in 12 Etappen geschenkt, aber ansonsten reines „Zweckradeln“ betrieben. Letztes Jahr hatten wir dann zu viert eine richtig gut laufende Nachttour zum Sonnenaufgang in den Schwarzwald. Dabei erzählte ich wohl sowas, wie dass sich meine Paris-Tour 2024 zum 10. Mal jährt – und ob man sowas nicht doch mal zusammen machen sollte. Nun ja, meine Freunde erinnerten mich in der Silvesternacht daran. Also, das sportliche Ziel für 2024 war gesetzt.

Die Wetterlotterie

Längerfristige Wettervorhersagen sind in diesem Jahr scheinbar besonders ungewiss. Als der Vorhersagehorizont für den ersten anvisierten Termin begann, sah alles großartig aus, inklusive Ostwind. Also 10 Tage vorher Zugtickets gebucht. Beim Klick auf „Buchen“ der Hotelzimmer 8 Tage vorher meine ich, im Hintergrund ein leises, gehässiges Lachen gehört zu haben – das war wohl der Wettergott. Ab dem nächsten Morgen ging es mit der Wetterprognose nämlich stetig bergab. Je näher der Termin kam, desto mehr ging es auch wieder bergauf, bis schließlich zu „Sieht doch eigentlich ganz gut aus. Kleiner Schönheitsfehler: Nordwestwind bis mindestens zur ersten Hälfte der Strecke“

Fr. 28.06, Start um 7:03 Uhr an der Heidelberger Hauptfeuerwache

Wetter prima, nur etwas waschküchenmäßig. Die Nacht hätte bei mir gerne 1h länger sein dürfen, aber habe es mit Packen und letzten Vorbereitungen nicht vor 23:00 Uhr ins Bett geschafft. Wesentliche Streckenänderung gegenüber der 2014er-Tour ist, dass ich mittlerweile in Heidelberg wohne und somit der Rhein bei Speyer und nicht bei Germersheim gequert wird. Ein unnötiger Anstieg in die Pfälzer Weinberge ist auch entfallen. Kilometermäßig kommen beide Strecken fast auf das Gleiche raus.

11:35 Uhr, km100, Pirmasens

Kurz vor km50 fängt es aus dem mittlerweile recht grauen Himmel an zu regnen. Mal wieder echtes Wetter, das es beim Frühstück virtuell in wetteronline.de so noch nicht gab. Also rechts ran, Bushäuschen, Regenklamotten. Das ist ja der beste Garant dafür, dass der Regen aufhört, sowie man wieder auf dem Rad sitzt. So auch jetzt. Aber für die nächsten 2h bleiben zumindest Überschuhe wegen der nassen Straßen sinnvoll. Es wechseln sich bedrohliches Grau, ein paar Tropfen und Sonne ab, der Pfälzerwald hat mit den Wolkenfetzen an den Hängen etwas von tropischem Regenwald, aber es bleibt weitgehend trocken von oben.

Bei km96 der erste geplante Halt am Waldfriedhof von Pirmasens um die Flaschen zu füllen, ins Brötchen zu beißen und die Futterbeutel für den nächsten Abschnitt zu richten. Die Überschuhe kommen wieder weg, es ist jetzt eindeutig warm und sonnig. Es geht hoch nach Pirmasens und die ersten 100km sind nach gut 4,5h geschafft.
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16:28 Uhr, km200, kurz hinter Villers-sur-Nied

Hinter Pirmasens hatte ich für einige Kilometer neu geplant. Durchweg eine sehr schöne Strecke auf einsamen Straßen mit auch etwas längeren Anstiegen und Abfahrten bis zur Grenze. Auf der anderen Seite geht es gerade so weiter, im Wechsel mit flacheren, langgezogenen Wellen. Die eine oder andere Rampe mit zweistelligen Prozenten gibt es durchaus auch mal. Wie 2014 schon messe ich 1200hm auf diesen nächsten 100km.

Von 2014 sind mir nur durchgehend verkehrsarme Straßen in Erinnerung geblieben. Das muss ich leider revidieren. Neben Traumsträßchen durchs Nirgendwo der wogenden Getreidefelder sind wir immer wieder auch auf durchaus gut befahrenen, breiteren Straßen unterwegs. 2014 war ich hier an Himmelfahrt abends - vielleicht war da wirklich wenig los. Aber jetzt ist es, wie es ist.

Das Wetter ist schön, aber schwül und ordentlich warm. 33°C zeigt der Tacho maximal an. Die bislang zurückgelegte Distanz macht sich bemerkbar. „Fahren wie ne Maschine“ – ideal für so ein Vorhaben. Die Kurbel rotiert durchaus flott und kraftvoll, ohne dabei allzu oft aus dem grünen Bereich zu kommen (bei mir HF <120 angestrebt). Darauf habe ich mich vorbereitet, und das kann ich im Rahmen meiner Möglichkeiten gerade richtig gut. Aber so ein paar weitere „Terminator-Qualitäten“ wären schon auch nett: Druckunsensitive Sitzhöcker und Füße z.B. – oder eine Nackenmuskulatur, die man nicht ständig durch bemühte Entspannung bei Laune halten muss. Auch meine beiden Mitstreiter machen immer wieder interessante Verrenkungen zur Lockerung.

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22:31 Uhr, km300, letzte Anhöhe vor Bar-le-Duc

Pont-a-Mousson bei km240 ist auch bei dieser Tour wieder unser Sehnsuchtsziel. Eigentlich sollte das nach meinem Plan nur ein kurzer Versorgungsstopp werden, aber es wird gut 1h Pause an einem großen Intermarche daraus. Hach ist das schön, mal die Schuhe auszuziehen. Wir versorgen uns für die Nachtfahrt.

Die nächsten 75km bis Bar-le-Duc sind mir als zermürbend hügelig und langsam in schlechter Erinnerung – eine Tiefpunkt meiner Solofahrt damals. Doch heute ist es anders. Wir sind nach der Pause alle wohlauf und es wird einer unserer besten Abschnitte, mit Abendsonne und mittlerweile wieder angenehmen Temperaturen. Eine für die Tour charakteristische Szene: Lange Gerade, Kuppe, Kuppe, Kuppe, Kuppe – Horizont (letzterer auf dem Bild leider nicht zu sehen). Mir macht dieses „Wellenreiten“ jetzt gerade enorm Spaß. Mein „Horror-Abschnitt“ von 2014 erstreckt sich eigentlich nur auf wenige Kilometer vor dem höchsten Punkt bei km300, wo es halt mehr hoch als runter geht. Völlig easy jetzt - damals gegen 1:30 Uhr: kalt, einsam und sehr dunkel.

Bloß ein kitschiger „Ritt in den Sonnenuntergang“ ist uns leider nicht in Perfektion vergönnt, da immer irgendwelche Hügel im Weg rumstehen.

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4:10 Uhr, km400, Sommesous

Also, wir sind früher in Bar-le-Duc als ich angenommen hatte. Unsere längere Pause hatten wir ja jetzt bereits in Pont-a-Mousson, aber Wasser brauchen wir. Es ist kurz vor 23:00, der Campingplatz, bei dem ich 2014 aufgetankt hatte, ist verschlossen. Bei einem Döner-Laden ist noch Licht, er hatte bis 22:30 geöffnet. „No, closed“ heißt es. Unser Gestikulieren mit Trinkflaschen wird verstanden – Klar, kein Problem, Jungs. Zum Abschied bekommen wir noch jeder zusätzlich eine 0,5er Flasche in die Hand gedrückt. Das ist total nett, stellt aber zumindest mich vor ein gewisses Platzproblem.

Weiter gehts auf sehr guter und praktisch verkehrsfreier Strecke in die Nacht. Auf diesem flachsten 100km-Abschnitt kommen wir trotz Dunkelheit sehr gut voran. Gegen 1:30 Uhr schlage ich eine kurze Schlafpause vor. Rein zufällig sehr gutes Timing. Im nächsten Dorf finden wir ein dunkles Eckchen unter einem großen Vordach. Als wir uns da gerade drunter gebettet haben, fängt es völlig unerwartet an zu tröpfeln. Als wir weiterfahren hat es schon wieder aufgehört, aber kurz darauf sind die Straßen noch echt nass. Schön, dass wir hier nicht früher waren.

Für eine gefühlt endlose Zeit geht es nun auf ein riesiges, psychedelisches rotes Dauergeblinke zu. Des Rätsels Lösung ist, dass wir auf eine Militärzone mit bestimmt über 10km Ausdehnung zufahren, die komplett mit Sendmasten gespickt zu sein scheint. Als wir das endlich hinter uns haben, taucht nun zur Abwechslung rechts das rote Geblinke eines Luftwaffenstützpunks auf. Km400 ist erreicht.
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9:40 Uhr, km500, Epieds

Im Morgengrauen gehts weiter durchs „Weizen-Nirvana“. Auf mehrere hundert Kilometer ist diese Tour geprägt durch Getreidefelder, Getreidesilos, verlassen wirkende Dörfer und bewaldete Kuppen. Ich komme mit dem „Wellenreiten“ hier besser klar als das 2014 in diesem Abschnitt der Tour der Fall war. Aber die Wehwehchen summieren sich für uns alle mittlerweile zu einem unbequemen Gesamtzustand. Die nächsten 20km können verdammt lang dauern. Da kann ich mir noch so sehr denken, dass das doch nur der Weg von der Arbeit nachhause ist. Aber wir erarbeiten uns den nächsten Wasserstopp bei km455 und kurz drauf um 8:00 Uhr die erste geöffnete Boulangerie & Patisserie am Wegesrand – Pause!

Bei der etwas größeren Stadt Coulommiers ist es dann leider vorbei mit der Beschaulichkeit praktisch autofreier Straßen. Ab jetzt wechseln wir immer wieder zwischen lästig frequentierten Straßen und einsamen Sträßchen und Wegen.
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14:42 Uhr, km567, Arc de Triomphe

Zwischen km500 und km540 kann mich die Strecke 2024 genauso wenig begeistern, wie sie es 2014 tat. Es geht einfach immer wieder hoch und runter (bis km525) – die „Reiseleitung“ (also ich) fragt sich „Wer hat eigentlich diesen Scheiß geplant?!“ Und im Örtchen Faremoutiers habe ich schlicht das Gefühl, im Kreis zu fahren. Ich habe das damals sorgfältig geplant, ich habe es jetzt im Vorfeld und nochmal nach der Tour geprüft: Die Strecke ist so sinnvoll, PUNKT – auch wenn es sich absolut nicht so anfühlt. Die einheimischen Rennradler scheinen es toll zu finden, sie sind hier um die Mittagszeit zahlreich unterwegs.

In Trocy, schon im Speckgürtel von Paris, lassen wir uns gerne nochmal von einem einladenden Platz mit einer einladenden Boulangerie von der Weiterfahrt abhalten. Auf dem Marne-Radweg legen wir einige Kilometer sehr schön zurück. Es wäre großartig, so die letzten 100km der Strecke zu absolvieren.

Mit dem einsetzenden Stadtverkehr kommen wir gut klar. Die Vorstädte, und vor allem Paris selbst, sind wirklich ordentlich bis sehr gut auf Radverkehr ausgelegt. Ja, zwischen Gare de Lyon und linkem Seineufer war das Vorankommen auch mal eher mühsam, aber alles in allem geht es gut. Mittlerweile haben wir eh auf „Tourismusmodus“ umgeschaltet, mit Fotostopps - und haben es auch sonst nicht mehr eilig. Die zahlreichen Sportstätten für Olympia mitten in der Stadt (Place de la Concorde z.B.) tun ein Übriges zur Entschleunigung. Aber um 14:42 ist der Arc de Triomphe über das holprige Kopfsteinpflaster der Avenue de Friedland erreicht. Die Champs-Elysée haben wir uns denn doch nicht hoch getraut.

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Das ist die Strecke, weitestgehend wie wir sie gefahren sind. Es kann sein, dass sie im Detail etwas anders gerechnet wird. Außerdem habe ich nochmal ein paar marginale Verbesserungen im Nachgang vorgenommen. Ich versuche außerdem mal unsere Original-GPX-Datei anzuhängen. Ob das als GPX runtergeladen werden kann, weiß ich nicht.

https://bikerouter.de/?lng=de#map=7...5822,km452 Wasser&profile=fastbike-lowtraffic

Das hier waren unsere Zeiten und Geschwindigkeiten auf den jeweiligen Abschnitten. Die Höhenmeter sind mit meinem VDO-Tacho gemessen. Das Garmin hat rund 4.700hm ausgespuckt. Das ist ziemlich genau das, was ich beim letzten Mal ermittelt hatte. Ich weiß allerdings nicht mehr mit welchem Gerät. Was auch immer richtig ist, in Summe sind es jedenfalls viele Höhenmeter.
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Anhänge

Zwei schöne Reiseberichte (ich habe den ersten auch gerade erste gelesen)!

Paris ist zwar für mich ein bißchen weit (847 km lt. einer kurzen Komoot-Recherche), aber ich finde solche Unternehmungen auch ganz cool - ich bin vor 2 Jahren innerhalb eines Kalendertages an den Gardasee gefahren (waren aber "nur" 480 km) und Wien in derselben Zeit steht auch noch an, mal gucken, ob ich heuer dazu komme!
 
Danke für deinen zweiten Bericht und die tollen Bilder dazu. Den ersten hatte ich damals auch schon mit Begeisterung gelesen.
 
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