Alter Randonneur im neuen Gewand
Letztes Jahr fand ich bei meinem Vater in der Garage ein Rennrad. Lack zerkratzt, Kette verrostet, Reifen platt und porös, Lenkerband völlig versifft und aus dem Sattel quoll das Gel raus. Ich, der seit drei Jahren Mountainbike fährt, fragte meinen Vater wo das Rad herkomme. Er sagte, dass es beim Umzug meiner Tante im Schuppen rumstand und beim Ausräumen mit den übrigen Sachen auf den Schrottplatz sollte, wenn es keiner wolle. So nahm er es mit und stellte es in der Garage ab. Ich könne es haben wenn ich es wollte.
So kaufte ich einen billigen Sattel, Reifen und Schläuche, befreite die Kette vom Rost und hatte so ein billiges Rennrad, das ich für Fahrten zur Uni nutzen konnte. Was mich jedoch wunderte war, dass dieses Rennrad Ösen für Schutzbleche und Gepäckträger hatte. Da alle Aufkleber vom Vorbesitzer weggekratzt wurden und auch das Steuerrohremblem entfernt wurde, sah ich nicht, was für ein Rad das war. Mit einer Taschenlampe habe ich dann das Unterrohr angeleuchtet und konnte schemenhaft erkennen, dass dort mal "kogamiya" gestanden haben muss. Die Google-Suche ergab sofort, dass die Marke "Koga Miyata" hieß. Hier im Forum habe ich dann gesehen, dass Koga Miyata noch alte Kataloge auf ihrer Internetseite hatte und habe nun alle Kataloge durchgesehen.
Bei 1991 wurde ich endlich fündig. Mein Fahrrad war ein Koga Miyata Randonneur. Nochmal die Suche angestrengt, was denn ein Randonneur sei, wurde ich erneut hier im Forum fündig, dass es sich dabei um Reiserennräder handelt. Nun ja, dachte ich, wenn ich schon so ein Rad habe, dann kann ich es auch für den ursprünglichen Zweck testen. Ich nahm mir vor zum diesjährigen Familienurlaub mit dem Rad zu fahren. 295 Kilometer eine Strecke. Ich holte mir einen Gepäckträger, Schutzbleche und Klickpedale.
Obwohl es am besagten Tag brennend heiß war, war die Langstrecke einfach ein Genuss. So entschied ich, dass ich das Rad wieder voll zum Randonneur machen würde, um damit auch Brevets und vor allem Solo-Mehrtagestouren fahren zu können. Da der Lack beim entfernen der Aufkleber stark in Mitleidenschaft gezogen wurde, ließ ich den Rahmen neu pulverbeschichten. Vorgestern wurde ich dann endlich mit dem Zusammenbau fertig. Die ersten kurzen Ausfahrten machte ich bereits gestern und heute, und das Gefühl der Landstraße war einfach grandios.
Hier nun einige Bilder. Leider habe ich im Moment keine gute Kamera und bessere Beleuchtung zur Hand.
Es ging mir nicht darum das Rad originalgetreu aufzubauen. Alte Teile, die voll funktionstüchtig waren, habe ich aber wiederverwendet. Die Griffe des für den Koga Miyata Randonneur patentierten Cinelli-Kombilenkers wurden leider abgesägt, sodass dieser keine Verwendung mehr fand. In Zukunft sollen noch ein Nabendynamo und Scheinwerfer nachgerüstet werden, damit ich keine Akkus mehr mit mir rumschleppen muss.