hm.. ich weiß, das ist eine sehr unspezifische frage... aber wie macht sich ein höherwertiger LRS im fahrverhalten gegenüber so einem stock LRS bemerkbar?
vielleicht das eine oder andere watt bei höheren Geschwindigkeiten durch aero Vorteile versteh ich...
Um wirklich tief in das Thema einzusteigen, müsste vermutlich ein Laufradbauer wie
@felixthewolf was dazu sagen. Ich bin nur ein Maschinenbauer, der zufällig etwas Fahrrad fährt und dabei das ein oder andere High-End-Gerät unter dem Hintern hatte bzw. hat.
Im Fahrverhalten merkt man natürlich den Unterschied zwischen einem wirklich steifen LRS und einem der, nunja, so lala ist. Wenn man jetzt nur mit 100 Watt durch das flache Münsterland juckelt, ist der Unterschied vermutlich kaum zu bemerken. Aber wenn man richtig Leistung tritt, kurze Sprints am Berg fährt oder auf Abfahrten schnelle Kurven nimmt, unterscheidet sich ein steifer von einem nicht-steifen LRS enorm.
Aerodynamische Vorteile beschränken sich vor allem auf die Felgentiefe, Felgenform und das Konstruktionsprinzip des Laufrads. Dahinter steht natürlich auch immer Entwicklungsaufwand, der am Ende auch Geld kostet und bezahlt werden muss. Ob einem jetzt ein 2012er LRS von Campa mit recht spitz zulaufender 50-mm-Felge bei 40 km/h aerodynamisch mehr Watt spart, wie ein bauchiger 2025er Zipp 404 NSW sei dahingestellt. Bei unseren Hobbyluschenwatt wird das vermutlich unterm Strich zu vernachlässigen sein. Aber: macht ein Hersteller ein eigenes Ding, entwickelt, testet, erprobt und nimmt keine China-
Felgen aus Massenproduktion, steigt der Preis.
Campagnolo sagt zwar stets, dass vor allem die Bora- und Bora-Ultra-Naben "aerodynamisch" optimiert wären, aber ich behaupte, um die Naben sind so viele Turbolenzen und Verwirbelungen, dass soll am Ende halt gut aussehen und wird im Labor ein Zehntel Watt bringen.
Langlebiger sind sie selten.
Mein alter Schrauber pflegte immer zu sagen, dass gute Naben und gute Lager durch nichts zu ersetzen sind. Das fasst auch meine Erfahrungen über die Jahre zusammen. Ich habe schon
Shimano-Dura-Ace-Naben gesehen, die weit mehr als 100.000 km runter hatten, alle 10.000 km nur neues Fett bekommen haben und immer noch absolut seidenweich liefen. Ich habe hier einen Satz Campa-Laufräder mit USB-Lagern von 2012, bei denen halte ich es ähnlich und die laufen und laufen und laufen.
Bei den Campa-Naben mit CULT-Lagern werden zudem Lagerschalen mit einem speziellen Edelstahl verbaut (Schaeffler-Cronitect), der extrem haltbar und widerstandsfähig ist, dementsprechend auch kostet. Zusammen mit den Keramik-Wälzkörpern von Campa, halte ich diese Naben für praktisch unkaputtbar und für eine gute Option für Ganzjahresfahrer, die mit Wasser, Schnee und Salz in Berührung kommen.
Abseits der Konus-Geschichten von
Shimano und Campa gibt es die Enduro-XD-15-Lager, die ebenfalls extrem widerstandsfähig sind und praktisch in Gold aufgewogen werden können. Auf den Messeständen von Enduro steht stets ein Salzwasser-Aquarium, in denen unterschiedliche Lager versenkt wurden. Die XD-15-Lager sehen nach Tagen immer noch aus, wie eben aus der Packung genommen. So eine Leistung hat natürlich seinen Preis.
Ich fahre einen LRS mit diesen Lagern und ein Lagertausch am Hinterrad alleine, würde für mich aktuell etwa 500 € reine Materialkosten bedeuten. Dafür bekommen andere einen ganzen Satz neue Laufräder. Aber: die Lager laufen seit fast fünf Jahren und unzähligen Kilometern unauffällig und werden dies auch noch eine lange Zeit weiter tun. Als Vergleich: ein Zipp-303-Firecrest-Hinterrad, mit den bekannt schlechten Zipp-Lagern, war bei mir nach sechs Monaten mehr oder weniger für einen kompletten Lagertausch fällig.
Müssen günstige LRS per se schlecht sein? Nein, absolut nicht. Der Felgenbrems-Brot-und-Butter-LRS Campa Zonda C17 kostet neu zwischen 250 und 300 € und läuft in den allermeisten Fällen jahrelang unauffällig. Man muss sich nur im klaren sein, dass er nicht der steifste, aerodynamisch schnellste und leichteste Laufradsatz ist. Kann man mit ihm richtig Spaß auf dem Rad haben und tausende Kilometer fahren? Absolut.
Ein Problem sehe ich eher darin, dass viele einen 50 mm tiefen LRS haben wollen, der nicht mehr als 1300 g wiegen und nichts kosten darf. Und da kommt man an einen Punkt, wo halt irgendwo gespart werden muss. Das geht dann über
Felgen aus Massenproduktion (was per se nicht schlimm sein muss) und billige Naben und Lager, kosten- und zeitoptimierten Laufradbau, eine eher rudimentäre Qualitätssicherung und vielen anderen Einsparungen. Diese Laufräder laufen anfangs sicher problemlos, haben aber gerne recht schnell mit Höhen- und Seitenschlägen zu kämpfen und/oder die Lager geben auf. Gebrochene Nabenkörper habe ich ebenfalls schon gesehen, abgerissene Sperrklinken und aus der Felge gerissene Speichen sowieso.
Dennoch ist "teurer = besser" nicht immer richtig. Ich würde auch sagen, dass ab einem gewissen Punkt der Mehr- oder Aufpreis nicht mehr zu einem merklich besseren Laufrad führt. Ob ich jetzt ein
Campa Bora WTO oder ein C
ampa Bora WTO Ultra fahre, macht auf dem Rad objektiv und messbar keinen Unterschied, auf dem Papier (~150 g leichter, drei Speichen weniger) und dem Konto (~1000 € Aufpreis) schon.
Unter dem Strich würde ich sagen, dass der Wechsel von einem billigen "Stock"-LRS auf einen guten LRS durchaus spürbar ist. Als erstes im Gewicht, dann im Handling bzw. bei hohen Leistungen und am Ende in der Lebensdauer der Komponenten.
Der entgegengesetzte Weg, also von einem guten LRS auf einen schlechten LRS, wird aber vermutlich deutlicher besser wahrnehmbar sein.