Ich möchte ein paar Gegenargumente zur weit verbreiteten Aussage anführen, dass Rennradreifen auf Asphalt pauschal besseren Grip haben als MTB-
Reifen. Gerade beim Thema Kurvengrip, Aufstandsfläche, Gummimischung und Fahrverhalten lohnt es sich, etwas genauer hinzusehen. Hier sind ein paar Argumente, warum MTB-
Reifen auf Asphalt – insbesondere in Kurven – tatsächlich mehr Grip bieten können als Rennradreifen:
- Größere Aufstandsfläche durch geringeren Luftdruck
MTB-Reifen werden in der Regel mit deutlich weniger Luftdruck gefahren als Rennradreifen. Dadurch vergrößert sich die Kontaktfläche zum Asphalt. Eine größere Aufstandsfläche bedeutet mehr Reibung und dadurch potenziell mehr Grip – vor allem beim Kurvenfahren, wo Seitenkräfte wirken. Der Reifen kann sich außerdem besser an kleine Unebenheiten im Asphalt anpassen.
- Weichere Gummimischung
Viele MTB-Reifen (vor allem im Trail- oder Endurobereich) verwenden weichere Gummimischungen, die bei niedrigen Geschwindigkeiten und Temperaturen besseren mechanischen Grip erzeugen können als die härteren Gummimischungen von Rennradreifen. Das ist vor allem auf nassem oder kaltem Asphalt ein Vorteil.
- Mehr Seitenstabilität durch breitere Reifen
Breitere Reifen bieten mehr seitliche Stabilität bei Schräglage. Das ist beim Kurvenfahren relevant, da sich der Reifen stärker gegen die seitlich wirkenden Kräfte „stemmen“ kann. Ein MTB-Reifen mit z. B. 2,2" Breite kann hier Vorteile gegenüber einem schmalen 28-mm-Rennradreifen haben.
- Stollen können auf Asphalt greifen – unter bestimmten Bedingungen
Auch wenn Stollen auf glattem Asphalt nicht optimal sind, können sie auf rauem oder leicht verschmutztem Asphalt (z. B. Staub, Sand, Laub) zusätzlichen Grip bringen. Die Stollen „verhaken“ sich gewissermaßen mikroskopisch mit der Oberfläche, was beim Kurvenfahren oder Bremsen helfen kann.
- Progressives Verhalten im Grenzbereich
Rennradreifen neigen dazu, bei Überschreiten der Haftungsgrenze plötzlich wegzurutschen, weil sie hart aufgepumpt sind und wenig verformen. MTB-Reifen mit größerem Luftvolumen und weicherer Karkasse verhalten sich in Grenzbereichen oft progressiver – also besser kontrollierbar – und vermitteln mehr Rückmeldung.
Fazit: MTB-
Reifen können auf Asphalt unter bestimmten Bedingungen tatsächlich besseren Grip bieten, insbesondere in Kurven, bei Nässe oder auf unebenem oder verschmutztem Untergrund. Die Aussage "Rennradreifen haben auf Asphalt immer besseren Grip" ist also nicht in jedem Szenario haltbar – es hängt stark von Luftdruck, Reifenbreite, Gummimischung, Straßenbelag und Fahrsituation ab.