Hallo zusammen!
So langsam trage ich einen gewissen Optimismus in mir, was die gesamte pandemische Lage angeht.
Beim Blick in die (virtuellen) Regale kommt aber schnell die Ernüchterung zurück.
Das wundert mich ehrlich gesagt etwas - ich dachte, die Welt hat sich darauf mittlerweile einigermaßen eingestellt und die sinkenden Zahlen sorgen auch hier für bessere Stabilität und Planbarkeit.
Daher jetzt mal eine Frage an die Mitarbeiter(innen) von Fahrradherstellern, Werkstädten, Händler etc.: Wie geht's es denn unseren Lieferketten?
Ich danke für jeden Einblick und wenn Interesse besteht, könnte man diesen Thread gerne mit regelmäßigen Updates weiterführen.
Ein Freund von mir ist Produktionsleiter bei einem deutschen Fahrradhersteller. Normalerweise werden bei Kompletträdern die Produktionsprogramme auf viele Monate im Voraus geplant. Nur so lassen sich große Stückzahlen gängiger Modelle zu günstigen Konditionen produzieren. Aktuelle wissen die Hersteller größtenteils aber nur für wenige Wochen im Voraus, welche Teile sie überhaupt bekommen, mal fehlen Schaltungsteile, dann wieder Steuersätze oder andere Kleinteile. Der gesamte Produktionsprozess wird damit unsicher und verzögert sich - und damit natürlich auch die Lieferzeiten.
Auch im Komponenten-Markt für Endverbraucher sieht es nicht besser aus. Hatte gerade versucht Campa-Teile zu bekommen, für manche Komponenten wird von Campagnolo ein Liefertermin 31.10. genannt. Wenn überhaupt sind kurzfristig nur die Top-Modelle wie Super-Record verfügbar, zu entsprechenden Preisen. Bei
Shimano sieht es ähnlich aus. Das Komponenten-Angebot bei den einschlägigen Online-Händlern ist vor allem in den mittleren und günstigen Preiskategorien deutlich ausgedünnt, vor allem bei den günstigeren Baugruppen bis einschl. Ultegra. Das ist auch nicht damit zu erklären, dass sich Leute Komponenten wegen der Diskussion um Lieferzeiten auf Vorrat kaufen. Gruppenteile wie Schaltwerke legt man sich nicht auf Vorrat hin, wenn man nicht auch ein Rad in absehbarer Zeit damit aufbauen will. Wer aktuell das Pech hat und eine Schaltkomponente durch Sturz oder ähnliches beschädigt, kann durch die Engpässe möglicherweise länger auf Ersatz warten. Das trifft natürlich die besonders hart, die kein Ersatzrad im Keller haben.
Mit anderen Worten: Die Situation ist nach wie vor bescheiden. Ein Händler sagte dazu kürzlich: Bei Hartje (einer der größten deutschen Großhändler für Fahrradteile) können man aktuell in den Lagerhallen Golf spielen. ...
Kein Trost, aber in anderen Branchen ist es auch nicht besser. Computerchips sind z.B. knapp und auch bei inländischen Produkten gibt es Engpässe, etwa bei Baumaterial, z.B. Bauholz (Dabei ist Holz durchaus verfügbar, nur kein für Bauzwecke zertifiziertes.). Der Preis für Dachlatten hat sich vervielfacht und Gipskarton wird angeblich teilweise nur noch zu Tagespreisen verkauft. Sand war schon vor der Pandemie knapp und ist es weiterhin. Wer gerade einen Hausbau oder ein größeres Sanierungsprojekt vor sich hat, dem dürften ein paar unruhige Nächte wegen Lieferterminen und Konditionen bevorstehen.