Ich komme in deutlich ärmere Gegenden !
Keszthely – Jabucetta (Bjelovar) 135 km / 900 Hm / Tag 3
https://www.gpsies.com/map.do?fileId=mnksxadwfmpqlrmc
Wenn schon kein Bad, dann zumindest ein touristenmäßiges „I Love Keszthely“ - Bild mit hübschem Sonnenstern !
Zeitig komme ich hoch, zu zeitig. Wie so oft bedenke ich nicht, dass sich zwischen der Sonne und mir verschiedene Hindernisse befinden. Gerade heute und hier hat sie 300 Meter Hügellandschaft zu überwinden und das Ereignis des Sonnenaufgangs verspätet sich um 20 min.Zahlreiche Angler tummeln sich schon und auch ein junges Mädchen mit Mutti, mit vollem FotoEquipment. Die beiden suchen allerdings schon bald das Weite, warten den Sonnenaufgang nicht ab.
Die Sonne steigt schnell. Immer wieder erstaunlich, wie schnell. Die Landschaft ist flach, die Straße geht geradeaus und ich düse mit 30 Sachen dahin.
Ab TagesKilometer 40 wird es dann aber hügelig. Ekelig hügelig. Das ist kurz vor Nagykanizsa und hier soll mich das Schicksal der Verbotsschilder wieder ereilen. Schon nach dem ersten Schild versuche ich wohlweislich meine Route so zu ändern, dass das nicht mehr passieren kann. Doch leider stehen selbst dort, wo auf meinem Navi, wo auf gpsies Radwege angezeigt werden, diese Schilder. Die Sonne steht jetzt ganz hoch, die Hitze drückt, ich bin am Verzweifeln. Rad touristisch ist das nicht die feine Art von den Ungarn. Als ich mich durch das Randgebiet von Nagykanizsa durchgekämpft habe, komme ich wieder auf meine anvisierte Straße (61). Die selbe Straße, auf der ich 3 x nicht auffahren durfte, ist jetzt, bei gleichem Verkehr, plötzlich freigegeben. Das verstehe wer will.
10:20 Uhr bin ich bei Pogányszentpéter, das ist die ungefähr halbe Tagesstrecke und ich mache erst mal Frühstück in einem Bushäuschen. Bei allen Unterkünften lasse ich mir das Frühstück zum Mitnehmen einpacken. Die Jahre zuvor hatte ich immer noch ein Müsli nach dem Aufstehen gegessen, war dann 3...4 Stunden gefahren bevor der Körper neuen Treibstoff bekam. Das Müsli lasse ich seit diesem Jahr weg, trinke nur ausreichend Wasser, fahre die halbe Tagesstrecke, esse dann und siehe da, es geht – ich fahre sehrsehr gut mit dieser Methode.
Wovon ich allerdings auch nach 5 Jahren und zahlreichen Schwüren, das nie wieder zu tun, nicht lassen kann, ist das Herumbasteln an einer vom Streckenführungsprogramm vorgegebenen Route. Immer wieder versuche ich im Vorfeld hier und da einen Kilometer einzusparen. Nehme„Wege“ in den Track, die ich dann live wegen ihrer „fast Unfahrbarkeit“ oft bitter bereue. Freilich ist hin und wieder ein Schmankerl dabei, ein Weg bei dem ich eine grandiose Aussicht genießen kann oder der wirklich gut zu fahren ist. Ich werde für das Pro & Kontra noch Beispiele bringen.
Meine ursprüngliche Abkürzung, hier, hinter Pogányszentpéter, nach dem Frühstück, die mich auf einem Wirtschaftsweg durch einen Wald führen sollte, lasse ich sausen. Ich bereue das keinen Augenblick, denn ich rase auf der Landstraße nur so dahin.
Die Steigungen sind jetzt passe, der Verkehr wird immer weniger und eh ichs mir versehe, stehe ich Punkt 12 Uhr an der Grenze von Ungarn nach Kroatien.
Als verwöhnter EU-Bürger, der in der Nähe des DreiländerEcks, an der Grenze zu Tschechien und Polen wohnt, bin ich es gewöhnt so einfach von einem ins andere Land zu fahren. Hier nun ist das ganz etwas anderes
Die Ungarn winken mich durch, dann Grenzbarrieren und Stacheldraht – willkommen in Kroatien! Ich fahre an die Grenzstation, stehe vor 2 quatschenden Beamten, frage auf Englisch ob die meinen Ausweis sehen wollen, aber die beachten mich gar nicht.
Selbstherrlichkeiten in Person !!! Nach gefühlter Ewigkeit langt der eine nach meinem Ausweis, guckt kurz drauf, gibt ihn mir wieder und es tut sich: nichts. Ich schiebe mein Rad kurzerhand an denen vorbei, steige auf und fahre weiter. Dann der Fehler des Tages: nach 150 Metern halte ich an, drehe mich dummerweise noch mal um und plötzlich hebt der eine die Hand und winkt mich zurück. Pflichtbewusster Bürger der ich bin, tue das natürlich, koche aber innerlich. Was wollen die jetzt? Mein Ausweis geht nun durch die Hände von 3 Uniformierten, wird gescannt und ich darf
Helm und Unterhelm abnehmen. Dann fragt doch noch das einzige, englischsprachige, dazu weibliche Wesen: „ Where do you go ? „ – als ob das nicht klar wäre, wenn man in einer Richtung an einer Grenze steht !!
Ich brauche etliche Kilometer um über das Erlebte und meine Empörung hinweg zu kommen. Flacheit und Maisfelder sowie kleine Ansammlungen von Bauernhäusern helfen mir ruhiger zu werden, was mir dann irgendwann auch gelingt. Denn es ist hochinteressant hier. Eigenartige Holzgestelle, wohl zum Trocknen vom Mais dastehend, zunehmend auch verfallene alte Bauernwirtschaften, dann neue, unverputzte Häuser – die, um so weiter ich ins Innere von Kroatien und später auch in Bosnien komme – immer häufiger verlassen sind. Hier herrscht Armut, keine Frage. Die Leute scheinen von dem zu leben, was ihnen der Boden gibt. Ich fahre über die Drau, die hier Drave heißt und erwache zu neuem Leben, als ich in Virje, einem kleinen Nest, 10 Kilometer vorm Tagesziel, in einer der kleinen Dorfkneipen ein kühles Bier hinunterstürze.
Es geht jetzt stetig bergauf, was ich gar nicht bemerke. Mein Mund steht offen vor lauter Staúnen und ich ich bin total bestürzt von dem, was ich an Verfall und Verlassenem zu sehen bekomme. Freilich gibt es hier und da auch Neues oder Erhaltenes aber das sind die Ausnhamen auf meinem Wege.
Um so krasser ist dann noch meine Unterkunft „ Vinariji Coner“, einem hier in die Pampa gesetzten Hotel auf hohem Nivau, mit Restaurant auf neuestem Stand, das ganze umgeben von Hügeln mit Wein, welcher gekeltert, schon zahlreiche Auszeichnungen erhielt.
Das junge Mädel das ich antreffe ist Bedienung im Restaurant und Rezeptionsdame in einem, ist supernett und spricht gutes und schnelles Englisch. Ansonsten ist da noch eine Köchin, die ich im Restaurant durch eine Glasscheibe bei ihrem Tun beobachten kann. Zunächst wird mir aber mein Zimmer gezeigt, alles vom Feinsten inclusive Klimaanlage. Ich zahle 66,- € mit Frühstück und das ist ein ganz fairer Preis.
Viel ist heute nicht los, was in dieser Gegend auch nicht verwundert. Aber immerhin kommen noch ein paar Leute ins Restaurant, am späten Abend noch 2 Autos mit Hotelgästen. Keine Frage, wenn hier ein WeinEvent ausgerufen wird, dann brummt die Bude bestimmt.
Was ich bitter bereue, ich probiere nicht vom Wein. Angesichts der Hitze, der Strapazen ist ein kaltes, süffiges Bier und dann noch eins, besser als alles auf der Welt.
Nachts wird es schütten, 300 Mücken sind im Zimmer zu Gast und ich schlafe nicht gut. Aber im Nachhinein überwiegt das Gesehene des Tages und diese Pomfortionösität des Hotels.
Innenraum vom Restaurant des Hotels (leider nur ein wackeliges Handybild) und, naja .... mein Abendbrot, was leider nicht so berauschend war.
