MdRzA: Heute Morgen über die Bahntrasse. Es kommt mir ein Pulk Menschen entgegen. Diesmal sind es beim Näherkommen keine Kinder, die der Pflicht des Schulsportdauerlaufs im Gehen nachkommen. Nein. Es geht zwar gemächlich zu, aber es sind durchgehend ältere Herrschaften. Einer geht voran und trägt ein großes Kreuz. Mir dämmert es: Eine Prozession.
Kaum bin ich am Peloton vorbeigerollt, reibe ich mir die Augen. Ich schaue in die Scheinwerfer eines PKWs, der mit Abstand hinter dem Pulk auf mich zu fährt. Unglaublich! Gibt es jetzt etwa schon bei Prozessionen Begleitfahrzeuge?
Ich stelle mir vor: Wie der Kreuzträger gnadenlos das Tempo hochhält, um Ausreißversuche zu unterbinden. Hin und wieder lassen sich Teilnehmer aus dem Feld zurückfallen, um am Begleitfahrzeug Wein und Hostien aufzunehmen. Das ist auf einmal alles gar nicht mehr so besinnlich, wie es von außen aussieht. Da ist viel mehr Taktik im Spiel...
Das ist wirklich unglaublich! Mein Zeigefinger wischt durch die Luft. Dazu schüttele ich meinen Kopf. Ungläubig. Der PKW fährt ganz langsam und ganz weit an den rechten Rand, um mir Platz zu machen. Hinter dem Lenkrad sitzt ein Herr, der mir mit einer Handbewegung zu verstehen gibt, dass er sich gerne erklären würde. Und so drehe ich und fahre neben das Fahrerfenster. Da stehen wir nun. Die Prozession zieht davon. Sie muss wohl vorübergehend ohne ihn auskommen.
Da sei diese Großbaustelle bei Hitfeld, sagt der Herr. Ab dort sei er den gelben Umleitungsschildern gefolgt. Die Straße entlang gefahren. Bei diesem Imker vorbei. Dann am Kreisel angekommen. Dort, wo ja jetzt großflächig gebaut werde. Klingt alles plausibel. Er meint das Tuchmacherviertel, für das zur Zeit auf der Bahntrasse Kabel verlegt werden, weswegen aktuell die Trasse gesperrt ist und der Radverkehr umgeleitet wird.
Immer weiter sei er den gelben Umleitungsschildern gefolgt. Erst habe er sich gewundert. Aber es sei ja so ausgeschildert. Als es dann lange einspurig weiterging, kam es ihm irgendwann doch seltsam vor. Aber da hätte er keine Möglichkeit mehr gesehen, zu wenden. Alles zu schmal. Und jetzt sei ihm das alles sehr unangenehm. Wenn er irgendwann aus dieser Irrfahrt herausfinden würde, dann würde er das mal dem Supersonntag schreiben. So könne man das doch nicht ausschildern!
Ja, so kann ein Morgen auch anfangen. Ich spreche ihm Mut zu, informiere ihn über die nächsten Abfahrtmöglichkeiten und wünsche ihm eine gute Fahrt.