Rookie schrieb:
Hiho Kentucky
@Rigobert&die anderen Experten(ich hoffe ihr schaut in diesen Fred bald wieder rein): ihr habt mich bald soweit, daß ich mein 2Danger umlackieren lasse ^^, ich mein, was haltet ihr eigentlich von Leuten mit diesen Rädern, wenn ihr sie seht?
Beim Rigobert mußte ich halt schon öfter schmunzeln, als ich in der Bike Gallerie seine Bewertungen gelesen habe. Das mein ich jetzt im absolut positiven Sinne, ich schätze deine Meinungen; nur deshalb frage ich speziell dich zum Thema 2Danger. Rein aus Neugier, und bitte ehrlich sein
Nen italienischer Rahmen mit Campa, dessen ist ein einsteiger nicht würdig, oder was meint ihr ^^
Moin Rookie,
obwohl ich deinen Beitrag schon gestern gelesen habe, musste ich mir erst ein wenig Zeit nehmen, um ihn zu beantworten. Du fragst ja ganz explizit nach meiner Meinung und das zwingt mich fast ein wenig, mich selbst zu erklären.
Beim Lesen der Bewertungen in der Galerie mag dir vielleicht aufgefallen sein, dass ich dort eigentlich keine Verrisse schreibe. Wenn ich ein Rad schrecklich finde, bemühe ich mich die Klappe zu halten, da ich dem vermutlich stolzen Besitzer ja nicht den Spaß verderben will. Fragt hier aber jemand nach Rat, so breite ich natürlich in epischer Länge meine Meinung aus - dafür ist ein Forum ja da. Sonntagmittag treffe ich mich mit Leuten die gerne Rad fahren, hier treffe ich mich mit Leuten die gerne über Räder quatschen. Ein kleiner aber feiner Unterschied.
Ich nehme es mal vorweg: Grundsätzlich ist es mir vollkommen egal, auf was für einem Rad irgendwer unterwegs ist und das gilt natürlich auch für meine Trainingspartner. Ich habe 4 Leute mit denen ich öfter fahre und die sind ganz unterschiedlich ausgestattet: Ein Stahl-Fort mit 105 (für € 1.100,- auf meine Empfehlung angeschafft), ein altes Koga-Miyata mit
Shimano 600, ein uraltes Hinault nahe der Verwesung, welches ich nichtmal geschenkt nehmen würde, und ein Somec mit Record, recht ähnlich meinem Eigenen.
Mit wem ich nun am liebsten fahre, ist natürlich nicht vom jeweiligen Rad abhängig, sondern vielmehr davon mit wem ich den meisten Spass habe (übrigens der mit dem Koga). Ebenso wie meinen Kollegen gestehe ich natürlich jedem Anderen auch zu, zu fahren was ihm gefällt und vor allem was er sich leisten kann.
Wenn hier im Forum das grosse Wettern gegen die Billigheimer einsetzt, hat das ausser stilistischen Gründen aber auch noch einen anderen Hintergrund. Ich persönlich habe eine Aversion gegen Kaufhäuser, Filialisten, Versendern und ähnlichem. Ich bin der festen Überzeugung, dass man etwas wie ein Rad nur bei einem Fachhändler kaufen kann, der mit entsprechender Beratung und Serviceleistungen aufwarten kann. Für mich beinhaltet das ganze Thema viel Leidenschaft und die kann ich bei einem BOC nicht befriedigen. Als mein Händler und ich den neuen Somec-katalog gelesen haben, zu diesem Zwecke hatte er mich extra angerufen, saßen wir da vermutlich wie Kinder zu Weihnachten mit leuchtenden Augen und haben beide mehrfach gesagt: Geil, das kauf ich mir!! Machen wir natürlich beide nicht, weil wir ja versorgt sind, aber es macht halt tierisch Spaß und deshalb gehe ich gerne zu meinem Händler und bin bereit auch etwas höhere Preise zu bezahlen. Manchem mag es gefallen mit dem jeweiligen H&S oder Hergardenangebot (für Preiskampf berüchtigte Internetshops) zu seinem Händler zu rennen und dann die Verhandlungen einzuläuten, aber ich mag meinen gerne leiden und er mich auch, also lasse ich das mal bleiben und baue auf sein freiwilliges Entgegenkommen. Mit dieser Taktik fahre ich eigentlich ganz gut und empfehle sie deshalb nachdringlich weiter.
Es ist aus volkswirtschaftlicher Sicht unstrittig, dass der harte Preis- und Verdrängungskampf unmittelbar Arbeitsplatzabbau zur Folge hat. Gestern selbständiger Händler, morgen Verkäufer in irgendeinem Gewerbegebiet, im schlimmsten Fall mit albernem Papphut bei einem amerikanischen Filialisten... Es ist leicht sich das vorzuhalten und befriedigend, wenn man anders vorgeht als die meisten. Man kann sich in das wohlige Gefühl einhüllen, etwas dagegen getan zu haben, denn es dürfte unstrittig sein, wie schlecht "billig will ich" für unsere Wirtschaft tatsächlich ist. Das Problem ist aber, dass der Schreibtisch an dem ich gerade sitze bei Ikea gekauft wurde. Natürlich würde ich mir wünschen in allen Lebensbereichen konsequent gute Ware für gutes Geld zu erhalten, aber die Konsequenz ist ein wertvolles Gut und es ist schön, wenn man sie sich leisten kann...
Ich kann zwar nicht nachvollziehen warum das Sparen ausgerechnet beim Rad so stark ausgeprägt zu sein scheint, aber mir ist klar, dass es kaum möglich ist Nahrungsmittel nur beim Ökoladen, Schreibtische nur beim Tischler und Rennräder nur beim Fachhändler zu kaufen. Insofern gestehe ich natürlich jedem zu einen andern Bewertungsmaßstab anzulegen als ich und vielleicht das Rennrad nicht ganz oben auf die Prioritätenliste zu setzen. So bleibt mir also nichts anderes übrig, als ein 2danger unabhängig von diesen Aspekten rein technisch zu beurteilen und ich kann nichts schlechtes daran finden. Ob Canyon, Radon oder Bicycles, hier werden doch die gleichen Taiwanrahmen und
Shimano oder Campateile verbaut, wie überall anderswo auch und somit dürfte sich die Qualität auch nur wenig unterscheiden. Falls sichergestellt ist, dass das Rad gut montiert wurde, kommt es rein qualitativ aufs gleiche heraus.
Da nun erklärt zu sein scheint, warum ich meine politische Betrachtungsweise nicht für allgemeingültig halte, kann ich auf mein Lieblingsthema zu sprechen kommen: Den guten Geschmack! Losgelöst von den oben erläuterten Aspekten kann ich natürlich eine Meinung zur optischen Erscheinung eines Rades haben. Man kann sich über Farbgestaltungen Gedanken machen oder über die ästhetische Machbarkeit italienisch-japanischer Gemische, zum Glück muss man aber nicht. Mir bereitet es Freude, aber ich würde unter keinen Umständen glauben, dass es allen so ergeht. Hier im Forum ist der Austausch über Räder ja der Zweck des Zusammenkommens und somit ist es durchaus angemessen, seine Meinung welchen Aspekt auch immer betreffend darzulegen. Ich stimme halt gerne den Puristenchor an und finde zumeist auch Leute die mit einstimmen, was aber nicht heisst ich würde mich mit Leuten gegenteiliger Meinung nicht "gut verstehen". Huskyblues und ich frotzeln uns hier seit Monaten in der Campa/Shimanofrage an und es macht uns beiden Spaß, weil gewisse Grenzen immer gewahrt wurden. Wenn andere das nicht können (canny/kupfi) ist dies bedauerlich, aber wohl nicht zu ändern.
Abschliessend möchte ich noch anfügen, dass mancher Leser hier wohl den Eindruck zu haben scheint, grosse Klappe bedeute auch guter Fahrer, dies aber zumindest in meinem Fall nicht zutrifft. Ich habe schon öfter betont, ich sei ein reiner Hobbyfahrer, der ohne echten Trainingsplan oder gar Rennambitionen lediglich aus Spaß an der Sache sehr viel Rad fährt. Eigentlich habe ich das Rennradfahren bloß als Ausgleich zum Kajaksport begonnen, aber es ist halt unversehens eine echte Leidenschaft geworden. Das Material nicht so hart zu beanspruchen, wie jemand der jedes zweite Wochenende ein Rennen fährt, hat übrigens auch den Vorteil viel mehr auf Stil, Gewicht oder Herkunftsland
bei einer Anschaffung schauen zu können, als auf Unkaputtbarkeit.
Lange Rede, kurzer Sinn: Soll doch jeder fahren, wozu er Lust hat. Es gibt keinen nachvollziehbaren Grund, warum ein Anfänger sich nicht ein teures italienisches Rad mit Campa kaufen sollte, wenn er Bock drauf hat und das nötige Kleingeld dafür. Wenn ich dich also auf deinem 2danger sähe, würde ich schauen welchen Gang du fährst, wie rund du trittst und wie du auf dem Rad sitzt. Vielleicht würde ich auch denken, das Ding ist ja eine Stilkatastrophe, aber da du ja vielleicht ebenfalls dächtest: "Bunte Blumen auf dem Rahmen? Und posige Eurus? Das ist ja obertuckig!", könnten wir wohl beide ganz gut damit leben.
In diesem Sinne: Viel Spaß beim Radeln!