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Ist das nicht...? Nein ist es nicht!

Ritzelrechner

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Ein schönes altes Rad auf der Velowino letzte Woche, das der Besitzerin als Masi verkauft wurde, bringt mich darauf, einen Thread zu erstellen, in dem es um absichtliche oder zufällige Ähnlichkeiten zu Namen oder Machart bekannter Rennrad-Klassiker gehen soll. Nicht um Räder, die von ihren Besitzern einfach nur mit falschen Aufklebern bekannter Marken “aufgerüstet” wurden, sondern Räder, die schon vom Hersteller aus mehr oder weniger zufällig eine gewisse Ähnlichkeit zu großen Vorbildern zeigen, bzw. einen gleichen oder sehr ähnlichen Namen haben und deshalb heutzutage gerne als das bekanntere und gefragtere Modell angeboten und auch verkauft werden.
 
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Auf der diesjährigen Velowino sprang mich aus den Augenwinkeln ein “MASI” Schriftzug an. Tatsächlich handelt es sich aber bei genauerem Hinsehen um ein hübsches Rad des belgischen Radsport-Geschäfts “Fietsen MAST”. Die Besitzerin hielt es für ein Masi und als solches wurde es ihr natürlich auch verkauft. Bis auf den Schriftzug sind keine Ähnlichkeiten zu Masi zu erkennen. Fietsen Mast hat sich den Namen sicherlich nicht ausgedacht, damit es nach Masi aussieht. Aber es ist schon bemerkenswert, dass die Belgier für “MAST” ausgerechnet so einen Super-Serifen-Schriftzug wählten, bei dem man dann doch genauer hingucken muss, während es bei 99% aller Schriftarten kaum möglich ist, ein “t” mit einem “i” zu verwechseln.
IMG_8513.jpg
 
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Bleiben wir bei Masi, beziehungsweise in diesem Fall “Massi”. Ein gar nicht einmal so unbekannter spanischer Hersteller, der immer noch existiert und nur eine zufällige Namens-Ähnlichkeit mit dem berühmten Mailänder hat. Das hält Verkäufer von Massi-Rädern aber nicht davon ab, diese gerne auch als Masi anzubieten. Dass es tatsächlich auch von Massi ein Modell namens “Prestige” gab, ist sicherlich … naja, sagen wir mal der Modell-Namensmode der Zeit geschuldet.
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Weitere Verwechselungsgefahr bieten einige Rahmen italienischer Hersteller, deren Namen ebenfalls mit M begann und wie Masi ein großes M als Muffenausschnitt unter dem Tretlager hatten, wie z.B. Aldo (nicht Francesco) Moser aber auch andere. Das wurde wahrscheinlich nicht vom Rahmenbauer gemacht, um ein Masi vorzutäuschen, schließlich war der Anfangsbuchstabe oft zentraler Bestandteil des Logos eines Rahmenbauers, aber die meisten dieser Rahmen werden, sofern sie kein Originaldekor mehr haben, heute gerne als Masi angeboten.
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Bild: cicli Berlinetta, die den Rahmen völlig korrekt als Aldo Moser anbieten
 
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Eher kurios: Ich habe leider nur wenige Fotos moderner Räder gefunden, aber es tauchten auch schon klassischere Räder der Marke “DA ROSA” oder “DAROSA” auf, die wenn sie verkauft werden sollten, natürlich als “De Rosa” angeboten wurden. Es scheint ein Geschäft in Frankreich gewesen zu sein, das die Marke vertrieben hat.
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Bild: twitter
 
Ein schönes Beispiel vom Hersteller gewünschter Ähnlichkeit, die heute noch für Verwechslungen sorgt, ist die Marke Cornelo des niederländischen Händlers Henk Kokke aus den 80ern. Kokke war auch Colnago Händler und hat daneben die Marke Cornelo erfunden, wobei er einige Rahmen von Martelly bezog, die “zufällig” Kleeblatt-Muffenausschnitte hatten, die denen von Colnago sehr, sehr ähnlich waren (eigentlich ein Spielkarten-Kreuz). Auch die zeitweise Verwendung von Cornelo Schriftzügen im Colnago Stil samt Pik-As (Colner) und sogar dem Colnago Kleeblatt haben zwar nicht zu direkten Verwechselungen mit z.B. einem Colnago Super aber bis vor kurzem zur falschen Annahme in internationalen Sammlerforen geführt, dass Cornelo, ähnlich wie Colner, eine offizielle Colnago Einstiegs-Marke war.
Ob die zeitweise Verwendung des Colnago Kleeblatts tatsächlich von Colnago lizensiert war, ist nicht klar. Ich glaube es eher nicht.
cornelo.png


Heute trägt zu richtigen Verwechslungen mit Colnagos bei, dass ein großer Anteil der Cornelos und Martellys im Laufe der Zeit mit Colnago Schriftzügen beklebt wurde und nun unbekümmert - mit den Muffenausschnitten als “Beweis” - als Colnagos angeboten werden.

cornelo2.png
 
Weil die Legitimation des Namens lange nicht klar war, sollen die bekannten “Colnago Sport” Räder erwähnt werden, die in den frühen 1980ern recht zahlreich in Deutschland auf den Markt gebracht wurden und Colnago Schriftzüge samt eines Aufklebers “Colnago - Product by Velosport” mit Colnago Kleeblatt hatten. Da diese Räder nie in einem offiziellen Colnago Katalog auftauchten, war lange die Lehrmeinung vieler Colnago-Experten (auch meine) , dass dies völlig ohne jede Legitimation geschah und von Colnago auf dem Rechtsweg unterbunden wurde. Tatsächlich ist Velosport aber ein Rahmenhersteller aus San Lazzaro in Italien, der offiziell für Colnago auch die Colner Räder hergestellt und eigenständig vertrieben hat. Bei den “Colnago Sport” handelt sich auch um offiziell lizensierte Räder, die aber mit den ”richtigen” Colnagos der gleichen Zeit nicht viel gemeinsam haben und auch über getrennte Vertriebswege als eigene Marke verkauft wurden.
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obige Bilder: steel-vintage.com

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In Deutschland nicht wirklich relevant aber in den USA umso mehr ist die sehr große Ähnlichkeit der mexikanischen Windsor Räder mit klassischen Cinellis aus den späten 60ern. Windsor war eine Marke des mexikanischen Herstellers Acer-Mex, wo unter der Anleitung eines ehemaligen Cinelli Mitarbeiters Rahmen für den US Markt gebaut wurden, die bis ins Detail dem Cinelli Mod. B entsprachen, insbesondere mit der typischen Cinelli Strebenanlegung an der Sattelmuffe, den Verchromungen und drei Löchern in den Muffenspitzen. Als nach der Jahrtausendwende klassische Cinellis in den USA und Asien immer wertvoller wurden, wanderten an einen großen Teil der alten Windsors Cinelli Aufkleber.
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Bilder: bikecult.com


Ein (von vintagevelo.co.uk korrekt angebotenes) als Cinelli umgelabeltes Windsor:
DSC_0641.jpg
 
Die in den USA gegründete Marke Centurion eines US-Importeurs hat zu Beginn Windsor Räder verkauft bevor auf einen japanischen Rahmen-Hersteller gewechselt wurde. Die Centurion Professionals, die ab den späten 1970ern auch in Deutschland von Wolfgang Renner (unabhängig von der US Marke Centurion) vertrieben wurden, stammen aus derselben japanischen Quelle und haben ebenfalls den Cinelli Look mit der typischen Sattelmuffe und nun auch den schlanken Gabelkopf wie ein Cinelli SC. Während die mexikanischen Windsor Rahmen als etwas rustikaler gefertigt angesehen werden als die eigentlich immer ordentlich gemachten Cinellis, gelten die japanischen Centurions als besonders hochwertig gefertigt. Wegen der japanischen Ausfallenden gibt es eigentlich keine wirkliche Verwechselungsgefahr mit Cinellis aber die bemerkenswerte Ähnlichkeit hat immer wieder zu Spekulationen geführt, dass Cinelli doch irgendwie beteiligt war.

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BTW: Dass es dann doch 1985 ein von Cinelli in kleiner Anzahl hergestelltes Centurion in den USA gab, hat zu dem Mythos beigetragen, dass die Centurions im Cinelli Stil von Cinelli stammen, was aber nicht der Fall ist. Ausgerechnet dieses besondere Modell “Centurion Cinelli Equipe” hat gerade nicht den klassischen Cinelli Stil und auch nicht die typische Cinelli Sattelstrebenanbindung.
 
Ich finde leider gerade keine Quellen oder Bilder, aber gab es nicht einen zweiten Hersteller in Italien der Masi hieß und Rahmen auch so gelabelt verkauft hat?
 
...und ein weiterer Italie...ner...?
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Denkste, bzw ein "Halbitaliener", alles wunderschön im Milanetti-Faden recherchiert: deutsche Händlermarke, aber hauptsächlich (ausschließlich ?) bei Biemmezzeta produziert. Immerhin die SCHÖNSTEN! Decals weltweit!
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Und dazu noch der innovativste/originellste Rohrbepper, nur bei den "echten" (den schweren:D)
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Ach, muss wohl mal wieder gepuzzt werden...
 
Schönes Thema. Mir fallen dazu immer diese ominösen Cilosa-Räder ein:

Anhang anzeigen 993379
Meinem Verständnis nach ist das nicht ominös, da Schweizer Aktiengesellschaften als Société Anonyme, oder kurz SA (bzw. früher meistens S.A.), bezeichnet werden, und die Dir ja nicht ganz unbekannte Firma als Unternehmen Cilo SA hieß.
Wann und warum sie auf manchen Rädern als CILOSA firmiert haben, wirst Du vermutlich eines Tages herausfinden, nehme ich an ... 😎

Meine Vermutung wäre, dass Cilo als Markenname in bestimmten Märkten geschützt war (... daher wurden z. B. Hollandräder der Marke Union um 1980 herum in Deutschland unter der Marke Motobécane angeboten, weil es ja hier den Fahrradteilehersteller Union in Fröndenberg gab ...), oder jedenfalls ein anderer Hersteller/Vertreiber eine allzu große Ähnlichkeit mit der eigenen Marke erfolgreich geltend machen konnte (... mir fällt da spontan z. B. Cito aus Köln-Lindenthal ein - das ist aber nur eine Vermutung ...).
Die entsprechenden Markenähnlichkeits-Untersagungen sind aus heutiger Sicht oft nicht wirklich überzeugend, aber wenn sich seinerzeit ein Richter durch einen guten Firmenanwalt hat überzeugen lassen, dass die Verbraucher durch die Ähnlichkeit verwirrt werden könnten, dann wurde das eben so beurteilt und galt, und die beklagte Firma musste sich einen anderen Namen einfallen lassen.
 
Willi Singer war ein erfolgreicher Radrennfahrer, der sein eigenes Geschäft in Augsburg eröffnet und Rennräder unter seinem Namen vertrieben hat. Es ist natürlich eine rein zufällige Namensgleichheit mit dem in den letzten Jahren auch hierzulande bekannter gewordenen französischen Constructeur Alex Singer, und ich bin mir auch sicher, dass Willi Singer nie von Singer aus Paris gehört hat. Ich wüsste auch nicht, dass jemals ein Willi Singer Rennrad als Alex Singer angeboten wurde, aber ich bin schon als bekannter Freund der französischen Edel-Constructeure bei einem Willi Singer Angebot gefragt worden, ob es sich um ein “echtes Singer” aus Paris handelt.
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Bild: aus diesem Beitrag von @DrVespa

Die zahlreichen bei Alex Singer zu Kompletträdern auf- und umgebauten und neu lackierten Fremdrahmen, die dabei ganz offiziell Alex Singer Aufkleber erhielten, aber keine “richtigen” Alex Singer Räder sind, sind ein eigenes Thema.
 
Hetchins ist die einzige Marke, von der bekannt ist, dass tatsächlich Rahmen in größerer Zahl bewusst gefälscht, also nicht nur ähnliche Rahmen einfach nur neu lackiert und mit falschen Aufklebern versehen wurden, sondern Rahmen wirklich neu im typischen Stil mit großem Aufwand angefertigt wurden, um sie als originale Hetchins zu verkaufen. Solche Hetchins-Fälschungen scheint es schon länger aus verschiedenen Quellen gegeben zu haben und auf der hetchins.org Seite hat das Thema ein umfangreiches Kapitel:
http://www.hetchins.org/904.htm
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Bild: hetchins.org
 
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