Bei diesem Thema schillern die urbanen Legenden nur so - bei Sportlern und gelegentlich noch schlimmer bei den Trainern.
Die Fettverbrennung wird über den Einfluss der AMP-gesteuerten Proteinkinase AMPK nach oben getrieben. Daneben spielen auch die Muskelkapillarisierung und die Mitochondrien-Biosynthese eine bedeutende Rolle.
Die AMPK wird aktiv, wenn im Muskel das entstehende AMP nicht mehr rasch genug zu ATP hochphosphoryliert werden kann. Das ist der Fall, wenn die Energiereserven - insbesondere das Muskelglycogen - zur Neige gehen. Man muss also das Muskelglycogen verarmen, um den Mechanismus anzustoßen. Nette Schaubilder zu den zellulären Signalwegen finden sich hier:
https://onlinelibrary.wiley.com/doi/pdf/10.1002/cbin.10915
Der Körper hat zwei Glycogenpools: einen im Muskel vorrangig für dessen Eigenbedarf und einen zweiten verteilt auf Leber und Niere, um den Blutzucker zu stabilisieren zur Sicherung der Funktion von Hirn, Herz und weiteren Organen. Wer nüchtern in das Training startet und dann auch weiterhin keine KH zuführt, der kommt schneller in den drohenden Unterzucker. Das ist psychisch eindrucksvoll und man glaubt daher vielleicht, das Trainingsziel erfüllt zu haben. Das ist allerdings Ausdruck des bereits beim Start nicht gut befüllten und später zur Neige gegangenen Leberglycogens und muss nicht mit einer Glycogenerschöpfung in der Muskulatur einhergehen. Man wird also zur unkonzentriert herumirrenden Verkehrsgefährdung ohne die für die Ausdauerleistung ungleich wichtigere Fettflussrate der Muskulatur gezielt bearbeitet zu haben. Statt dessen gehen die Glucocorticoide als Stressmarker durch die Decke und das Immunsystem ist eine Zeit lang ziemlich darniederliegend, so dass man sich dann gerne einen Infekt einfängt.
Um diese Fettflussrate tatsächlich nach oben zu treiben, muss die Muskulatur selbst in Richtung Energieknappheit gezogen werden. Dabei ist es weitgehend unerheblich, ob man in GA1, in GA2, gar schwellennah oder mit Wechselbelastung z.B. in Fahrtenspiel bzw. in bergiger Region unterwegs ist. Da man max. ca. 100 g Glucose pro Stunde resorbieren kann (mit denen man übrigens nur ca. 100 Watt Leistung befeuern könnte) wird auch bei Maximalversorgung der Muskel irgendwann leergesogen sein - insbesondere dann, wenn die Intensitäten etwas höher liegen.
Hierzu mal ein Paar Rechenbeispiele:
Um 1 Watt eine Stunde lang zu halten, benötigt man (Brennwerte und Wirkungsgrade berücksichtigend) entweder 1 g KH (also Glycogen oder Nahrungs-KH) oder 0,5 g Fett(säuren). Wenn man also 200-250 Watt so lange hält, wie man es vermag und dabei eine bekannte Menge an KH per Flasche/Gels konsumiert, dann kann man die Fettflussrate grob abschätzend berechnen. Die Menge des Muskelglycogens muss dabei allerdings einer Annahme (typischerweise 400-450 g) folgen.
Hält man 200 Watt für 5 Stunden durch, dann ist der Energiebedarf von 1000 Wh nur zum Teil über die verfügbaren KH zu decken: 200 g Nahrungs-KH plus 400-450 g Muskelglycogen machen 600-650 g, die für 600-650 Wh ausreichen. Bleibt also eine Deckungslücke für die verbleibenden 350-400 Wh. Da Fette über ca. doppelte Energiedichte verfügen, müssen während der Fahrzeit parallel auch 175-200 g Fettsäuren verbrannt worden sein, was bei der Fahrzeit von 300 min einer Fettflussrate von 0,58-0,66 g/min entspricht. Das wäre nicht ganz schlimm, aber noch ziemlich weit weg von den erreichbaren Werten.
Hält man 250 Watt für 4,5 Stunden durch und hat währenddessen 225 g KH konsumiert, dann sieht das schon besser aus. 1125 Wh physikalische Antriebsenergie decken sich dann aus 225 g Nahrungs-KH + 400-450 g Glycogen + 225-250 g Fettsäuren. Das bedeutet, dass die Fettflussrate über die gefahrenen 270 min um die 0,83-0,93 g/min betragen haben muss. Das wäre schon ein ziemlich ordentlicher Wert. Die Fettflussrate kann im Optimalfall noch bis ca. 1-1,2 g/min hochmarschieren, mit denen man um die 120-140 Watt Leistung befeuern kann.
Last but not least:
Die wirklich hohe Kunst besteht darin, auch bei Leistungen, die nur 10-25% unter der Schwellenleistung liegen, immer noch die fast maximale Fettflussrate leisten zu können. Das erzielt man garantiert nicht durch nüchtern gefahrenes long-slow-distance-Kullern, sondern durch einen geeigneten Mix aus Glycogen-erschöpfenden Einheiten, die z.B. in GA2/SST absolviert wurden, plus Trainings, die die Sauerstoffversorgung des Muskels ansprechen, wie z.B. etwas überschwellig gefahrene 8-10 min-Intervalle mit 3-4 Wiederholungen.