Ich belebe den Thread mal, weil ich es sehr schade finde, dass man ein solches Event auf dieser Plattform nirgends erwähnt. Ich war Teilnehmer des diesjährigen RAGs und möchte euch meine Erfahrung vom Rennen und den Weg dahin mitteilen.
Zum RAG selbst: die Route zieht sich schon, vor allem wenn man den Süden und die Berge so gewohnt ist wie ich. Du siehst außer Landstraßen, Feldern und Ortschaften nicht viel. Hier und da mal ein Supermarkt/Tankstelle, das wars. Mit Straßensperrungen und Baustellen muss man
immer rechnen, aber ich (andere auch) sind trotzdem durch die Baustellen gefahren, denn die Sperren gelten in der Regel für Autos und mit dem Rad gehts schon durch. Die Baurarbeiter hat es nicht gestört. In Bilderlahe gibt es ein Bushaltestelle, die von den Anwohnern als Versorgungsstation umgebaut wird. Manche machen dort ihre erste größere Pause, so auch ich. Wenn du früh genug am Abend dort ankommst, erlebst du ne kleine Party. Dort findest du deinen Versorgungsbeutel, wenn du ihn in Flensburg abgegeben hast. Du kannst einen Versorgungsbeutel für Flensburg und eine kleine Tasche für Garmisch abgeben. Der Versorgungsbeutel wird nicht nach GAP transportiert. Man trifft aber auch hier und da in Ortschaften auf Menschen, die das Ganze verfolgen.
Die Timestations sind im Prinzip das Ende der jeweilingen Strecke. Davon gab es dieses Jahr 7 Stück. Autobahn mussten wir nicht befahren. In der Nacht hielt mich aber die Polizei aus Langeweile auf und bat mich von der Landstraße auf den buchstäblich 20 Meter langen Radweg zu fahrne, der wieder in die Landstraße mündete

Ich bin immer auf Straße gefahren, weil die Radwege meistens nicht so toll zum fahren sind (Baumwurzelerhöhungen, manchmal gehts rauf und runter und die Straße ist einfach gerade aus, Fußgänger, Gegenverkehr, Randweg endet und man muss dann anhalten und auf Straße fahren usw.).
Der Tracker ist klein, wiegt nix und den verstaust du einfach rigendwo, bis du in GAP ankommst und ihn dem Fritz / Dieter zurückgibst. Beide sind super Menschen und ich habe nach meiner Ankunft (58:54 war meine Zeit) länger mit ihnen unterhalten. Alle dort sind tolle Persönlichkeiten. In GAP kann man in dem Hotel (Garmischer Hof) duschen, in die Sauna und sich entspannen.
Pro-Tipp: den Süden nicht unterschätzen, nur weil da wenige Km und Hm gezeigt sind. Im Prinzip fährt man Richtung Berge, also gehts nur rauf.Das ist kein Spaziergang, kein Marathon, keine Gymsession. Es ist ein Ultra, klar gibt es härtere, aber auch dieses geht schon an die Substanz. Sehr viele unterschätzen es, denn irgendwann ist es nur noch ein mentaler Kampf. Und bei Ultras gilt immer: es ist ein Wettkampf (gegen sich selbst) aber auch eine Kameradschaft und man unterstützt sich, wenn was passiert.
Was gut war: ich hatte von den (Ersatz)Teilen alles doppelt: doppelt Lichter, doppelt
Schläuche, 4 Kettenglieder, eine Mini-
Pumpe (ich mach den CO2 Trend nicht mit, weil
Pumpe ist Mehrweg

), eine 20000er Powerbank, das nötigste
Werkzeug (Sechskantschlüssel, Kettennieter,
Reifenheber). Genug Elektrolytepulver gehabt. Das Training war insgesamt gut und die Ausrüstung optimal. Ernährung beim Rennen war 1a, keine Verdauungsprobleme etc. (99 % auf Flüssignahrung gefahren wie Gels, Smoothies, Getränke mit BCAAs, Säfte). 2 - 3 Stunden Schlaf ist mein "Sweetspot".
Was ich besser hätte machen können: kein AirBnb in Bilderlahe/Seesen (zu viel Zeit gekostet beim Check-In um 04 Uhr morgens, weil dunkel und Schlüsselbox nicht gefunden), sondern Schlafsack mitnehmen (ist generell besser). Gels von High5 und welche mit BCAAs anstatt die Gels von Powerbar. Powerbars Öffnung ist furchtbar, da kommt das Gel nur mit Gewalt raus. Die Öffnung der Verpackung von High5 ist größer und Wassermelone schmeckt einfach genial. Den ersten Stopp nach 550Km / 650 Km. In den Einkaufspausen nicht trödeln.
Und nun meine Story, wie ich überhaupt zu dem Ultra gekommen bin. Enjoy!
Vor einem Jahr stand ich bei meinem ersten Training mit einem Urban-Bike in der Gruppe des Rennradvereins Sturmvogel München. Ich hatte damals keine Ahnung, was ein Rennrad ist oder was es bedeutet, wirklich Rad zu fahren. Ich dachte, ich könnte irgendwie mithalten. Die Blicke der anderen im ersten Training reichten von irritiertem Stirnrunzeln bis zu „Der hat sie nicht mehr alle“. Und meine Kurbel brach dann noch zusätzlich bei der Fahrt. Ich konnte regelrecht das Kopfnicken der anderen spüren, als hätten sie es mein Versagen schon kommen sehen.
Ja, ich gebe es zu: Ich bin oft etwas anders. Ich fange einfach an, mache mir erst später Gedanken. Das bezeugen auch die Beiträge, die ich hier verfasst habe. Aber das ist mir egal. Denn ich habe für mich erkannt, dass der gerade Weg selten zur
wahren Erkenntnis führt. Das Race Across Germany war für mich der Beweis, dass fast alles möglich ist. Es braucht keinen perfekten Plan, sondern
Mut,
Willenskraft und einen
gewappneten Geist.
Auf diesen 1100 Kilometern habe ich viele Athleten getroffen. Darunter auch erfahrene Profis, die aussteigen mussten. Und ich selbst? Ich habe mindestens zwanzigmal ernsthaft überlegt, das gleiche zu machen. Aber da war diese leise, hartnäckige Stimme in mir, die einfach nicht locker ließ. Denn das eigentliche Scheitern liegt nicht im Verlieren, sondern darin, das Handtuch zu werfen. Ich bin bei diesem Rennen mehrfach mit voller Wucht gegen mentale und körperliche Wände gefahren. Doch ich wollte den Mitgliedern des Rennradvereins mit Stolz in die Augen sehen können, wenn ich das nächste Mal mit ihnen trainiere. Nicht als jemand, der schneller ist, sondern als jemand, der durchgehalten hat.
Holy Schaltwerk, was war das bitte für ein Marathon? Dieses Rennen hat mich nicht nur zerstört, es hat mich in meine körperlichen Elementarteilchen zerlegt, die ich vorher anatomisch gar nicht kannte. Ich hatte Schmerzen an Stellen, von denen selbst Google Maps sagt: „Keine Route gefunden.“ Mein Hintern fühlte sich an wie ein Grillhähnchen nach zwei Stunden auf dem Drehspieß, meine Beine hatten die Konsistenz von übergartem Brokkoli, und mein Gesichtsausdruck war irgendwo zwischen Windows-Update bei 99 Prozent und Router-Reset nach dem Stromausfall. In den letzten Stunden war ich nicht mehr Fahrer, sondern ein rollendes Mahnmal der Selbstüberschätzung. Mit
Helm und Zombieblick. Ich habe mit mir selbst diskutiert wie Lanz mit seinen Gästen.
Heute? Meine Füße und Hände sind noch immer taub. Ich könnte barfuß in einen Haufen
Lego latschen und würde höchstens müde lächeln. Meine Hände fühlen sich an, als hätte ich beim Presslufthammer-Speed-Dating mitgemacht und mein Nacken macht beim Drehen Geräusche wie ein
Fahrradschloss, das eine Woche in Salzwasser mariniert wurde. Mein linker Knöchel? Sieht mittlerweile aus wie etwas, das man in einem US-Krimidrama unter einer Decke hervorzieht. Zwischen „explodierende Sommerfrucht“ und „medizinischer Sonderfall mit eigener Wikipedia-Seite“. Ich überlege ernsthaft, ihm einen eigenen Namen zu geben irgendwas Würdevolles wie "Lord Puffington the Swollen" oder einfach "Big Knuckle Energy"

Aber hey, halb so wild. Der Körper ist ein Wunderwerk. Er heilt. Irgendwann. Vielleicht. Oder ich lerne einfach, mit dem Quietschgeräusch in den Gelenken zu leben. Schließlich soll Selbstliebe ja auch was mit Akzeptanz zu tun haben.
Viele Fragen sich aber, warum das Ganze? Warum leiden, wenn man nicht muss? Warum seinen Körper bis an seine Grenzen pushen und dann noch weiter? Meine persönliche Antwort darauf ist:
Immer wieder gegen diese Wände zu stoßen, wird einen abhärten und rationalisieren. Wenn man einen Rückzieher macht und einen neuen Plan formulieren muss,
ohne die Gewissheit zu haben, dass er jemals aufgehen wird, wird dies das Situationsbewusstsein, die Problemlösungsfähigkeiten und das Durchhaltevermögen verbessern. Es wird einen zwingen, sich anzupassen. Wenn das im Laufe vieler Jahre hunderte Male passiert, ist es körperlich anstrengend und geistig erschöpfend und es wird fast unmöglich, an sich selbst oder seine Zukunft zu glauben.
Viele Menschen geben an diesem Punkt ihren Glauben auf. Sie treiben in den Strudeln von
Bequemlichkeit oder Reue, sehen sich vielleicht als Opfer und hören auf, nach einem Ausweg aus dem "Labyrinth" zu suchen. Andere hingegen halten an ihrem Glauben fest, finden einen Weg hinaus, doch hoffen, nie wieder in eine solche Falle zu geraten. Dabei rosten die Fähigkeiten ein, die sie einst mühsam erlernt und verfeinert hatten. Diese Menschen verlieren ihren Biss.
Ich suche stets das nächste verworrene Labyrinth - nicht, um mich zu verlieren, sondern um mich neu zu finden. In der Komplexität, im Umweg, liegt die Wahrheit über mich selbst. Der gerade Weg zum Erfolg? Er führt selten zu Erkenntnis. Er stellt keine Fragen, verlangt keinen Glauben und ohne Glauben gibt es keine Größe. Jeder Mensch formt seinen Glauben auf eigene Weise. Ich finde meinen in der Wiederholung, in der Anstrengung, im körperlichen Ringen. Im Fitnessstudio, in den tausenden Wiederholungen an den Geräten dort, beim stundenlangen Rennradfahren, beim Laufen bei über 30 Grad Hitze. Denn dort, wo der Geist schweigt und die Seele zu sprechen beginnt, wächst etwas in mir, das über das bloße Wollen hinausgeht:
Überzeugung.
„
Um Dein wahres Potential zu entdecken, musst Du zuerst Deine eigenen Grenzen finden und dann musst Du den Mut haben, sie zu überschreiten." - Picabo Street