So, alles schon wieder Geschichte. Um die ganzen Eindrücke zu verarbeiten, werde ich mindestens ein halbes Jahr brauchen. Bei mir ist es besser gelaufen, als ich je zu hoffen gewagt hätte. Bin in knapp 109 Stunden rumgekommen, und hatte am Ende genug Zeit, Lust und Nerven, um zwei Italiener, denen vor Great Easton das GPS abgeschmiert war und die vollkommen am Ende waren, in Schleichfahrt nach Loughton zu eskortieren, ab Great Easton über eine Alternativ-Strecke mit deutlich weniger Höhenmetern. Ab Great Easton war das dann ein Konvoi der riding dead, weil sich noch etliche andere angeschlossen haben.
Meine Startzeit war 13:30h, ich war kurz nach 2h am Freitag morgen wieder in Loughton.
Bilanz Schlaf:
Nacht 1: 2 Stunden in Pocklington, von 6 bis 8 h
Nacht 2: 3.5 Stunden in Gretna Green (Days Inn Hotel), von 3 bis 6
Nacht 3: 3 Stunden in Alston, von 3 bis 6
Nacht 4: 3 Stunden in Louth, von 3 bis 6
Ziemlich wenig, hat mir aber gut gereicht. Und die Pro-Plus-Koffeintabellen für den Notfall blieben unangetastet.
Schadensbilanz Fahrrad
- 1 Plattfuß hinten (in der Woche vorher waren neue GP 4000 S2 draufgekommen)
- Probleme mit der SON/Edelux 2-Lichtanlage auf dem Rückweg. Masse des Rücklicht-Kabels im Scheinwerfer kam beim Fahren gelegentlich ans Gehäuse offenbar, und hat das gesamte System dann kurzgeschlossen. Das Problem war mir bekannt und ist mal auf einer Feierabend-Runde aufgetreten. Daraufhin hatte ich den Crimp-Stecker neu und besser mit Schrumpfschlauch isoliert, so dass das Problem erstmal gelöst erschien. Vielleicht handelt es sich auch um Wackelkontakt im Scheinwerfer, bin dem noch nicht weiter auf den Grund gegangen. Werde auch mal mit Schmidt Kontakt aufnehmen. Das kann es ja eigentlich echt nicht sein. Lösung unterwegs war: Massekabel des Rücklichts raus, und Backup-Batterie-Rücklicht einschalten, weiterfahren.
- neuer Schaltzug hinten in Thirsk, auf dem Rückweg. Lustige Sache, das. Bei PBP 2015 musste ich mir in Loudiac auf dem Hinweg am anderen Fahrrad den Schaltzug (Ultegra 11 STi) hinten tauschen lassen, weil er im Schalthebel begann, sich aufzulösen, und sich nicht mehr alle Gänge schalten ließen. Das war nach ca. 7000 km mit dem Schaltzug (105, 10fach, STi). Das neue Brevet-Rad hatte rund 6000 km auf dem Buckel. Ich hatte es vorher selbst gewartet und auch zum Radlagen gebracht, und eigentlich gebeten, die Züge zu tauschen. Radladen meinte aber, das wäre noch nicht nötig.... Nun ja. Ich hatte Ersatz mit, und der tolle Mechaniker in Thirsk hat mir auch gleich gezeigt, wie es geht (bin bei den 105-Schaltgriffen mal verzweifelt, weil es mir nicht gelungen ist, den Zug richtig einzufädeln.)
Schadensbilanz Olaf
- beide kleine Finger sind derzeit taub. Wie bei PBP ist das Problem erst nach Ende des Brevets erstmal noch schlimmer geworden. Etwas unangenehm, vor allem beim 10-Finger-Tippen, aber das vergeht nach ein paar Wochen.
- am letzten Tag fing meine linke Achillesferse an, sich leicht zu melden. Das ist ein absolutes Novum für mich. Seit Samstag ist linker Fuß auch ein bisschen geschwollen. Kein großer Schmerz, aber ich kühle und lege ihn immer wieder hoch.
- Knie: in den Tagen danach spüre ich, dass sie gearbeitet haben, aber keine Schmerzen
- Nacken: am letzten Tag nachmittags erstmals leichtes Zwicken. Natürlich große Sorge, ob da vielleicht Herr Shermer leise anklopft. Habe dann
Helm abgenommen, und die Situation hat sich schnell gebessert. Vermute, die vielen Stunden im Untenlenker im Gegenwind haben Tribut gefordert.
- Hintern: zum Glück keine nennenswerten Probleme. Am Tag 2 und 3 nach langen Pausen etwas Druckschmerz, der sich dann aber im laufe der Zeit legte. Nix wund oder so. Meine Kombi (Brooks Swift, Malocha-Hosen, etwas Vaseline - vor allem vor dem Schlafen, und nicht in der Radhose pennen sondern in kurzer, leichter Sporthose) hat sich wieder bewährt.
In Sachen Gegenwind hatte ich Glück. Zwischen Louth und Spalding habe ich mich an den "Bristol Express" gehängt, eine Gruppe geführt vom Audax Club Bristol, die mit unglaublichen 23 km/h in den Gegenwind gedonnert sind. Ich hatte 30 km vor Spalding kein Wasser mehr, und musste dringenst pinkeln. Zum Glück gab es unterwegs eine rote Ampel, und da habe ich mir Tour-de-France-mäßig ohne abzusteigen auf der Straße Erleichterung verschafft. Auch ein Novum. Ab Spalding hatte ich dann soviel Zeitpuffer, dass ich mit ein paar Freunden ganz gemütlich und ohne Stress weiter bin. Wenn man in der Gruppe mit 15 km/h unterwegs war, war der Gegenwind erträglich. In Crowland haben wir dann noch eine Eispause gemacht, in Cambridge ein Gruppenfoto vor dem King's College.
Toll war, jede Menge von Euch kennenzulernen. Besonders gefreut hat mich
@Alan , der in Loughton und Louth als Helfer dabei war und dem ich in Louth eine Plastigtüte dreckiger Wäsche in die Hand drückte, dass ich dann in London wieder in Empfang nahm (bisschen enttäuschen war allerdings, dass die Sachen nicht gebügelt waren...) Ich erinnere mich auch an Andreas /
@laidback, Harald Legner, Stefan/
@Velopflanzer, die Malke-Family aus Dortmund, Vater und Sohn aus Ascheberg. Bei vielen anderen, mit denen ich gesprochen habe, bringe ich Namen, Gesichter und Forums-Alias leider nicht mehr zusammen.
Ach, schön wars! Freue mich jetzt schon auf PBP 2019 und überlege, ob ich nicht nächstes Jahr auch einen 1200er fahren soll.
PS : Mein Track hier
https://www.strava.com/activities/1119423305