AW: Bauer Rennrad
Eine Frage, Tom:
Hast Du die schwarzen Dekorlackierung am Chrom zu beiden Enden des Steuerrohres entfernt, etwa weil Du dachtest, sie wäre Schmutz? Diese Lackierung diente zur optischen Absetzung der verchromten Muffen gegenüber dem Steurrohr. Dieser Lack ist überaus empfindlich, weshalb das gesamte Steuerrohr mit einem speziellen Chrom-Klarlack überzogen war. Poliert man es mit Chrompolitur, wird dieser Lack matt. Vielleicht war es also deshalb schon der Vorbesitzer Deiner Rades, der diesen Lack entfernt hatte. Auch der vordere Pumpenhalter sollte eigentlich in Rahmenfarbe lackiert sein.
Nachdem ich mir die Bilder der beiden Nervex-Bauers und die dazugehörigen Dekore angesehen habe, drängt sich mir der Verdacht auf dass die Nervex-Muffen bei etwas späteren Modellen zum Einsatz kamen, die Dekore sehen auch ein bissl "moderner" aus, als die, die ich sonst bei Bauer Rennern beobachten konnte. Diese These würde ich mal gerne zur Diskussion stellen.
Zumindest ab 1963 hatte Bauer offensichtlich für seine "Weltmeister"-Renn- und Bahnräder Nervex-Muffen verwendet. Nervex-Muffen waren bei anderern Herstellern allerdings schon in den 50er Jahren in Gebrauch. Die Blockschrift als Schrifttype des Schriftzuges "Modell des Weltmeisters", die den Schriftzug in Schreibschrift ablöste, paßte auch besser in die nunmehr schon gealterten 60er Jahre und auch das zuvor aufgenietete Blechschild am Steuerrohr wich einem Aufkleber.
Was mich bei Bauer auch immer verwirrt ist die Verwendung doppelter Zuganschläge für die Huret Louison Bobet Schaltung noch nach 61, hat da jemand eine passende Erklärung dafür? Mein Bauer hat die, aber schon die "Jubiläums-Plakette" ist also demnach frühestens ein 61er, andererseits war da die Louison Bobet nimmer aktuell, oder?
Ich kann mir die doppelten Zuganschläge für die ältere Schaltung nur mit der sehr löblichen Sorge um Abwärtskompatibilität erklären, stellt Euch vor, wie mühevoll es wäre, sich für eine noch vorhandene Schaltung um einen zweiten Anschlag zu bemühen und wie leicht dagegen, einen unnützen Anschlag zu ignorieren. Ich werde mal Fotos eines meiner älteren Bauer machen, eines aus den frühen Fünfzigern machen, mit eben diesen Anschlagen. Zwar ist bei dieem Rad der Lack nicht ganz so gut erhalten, schön ist es aber dennoch (vielleicht auch gerade deshalb).
Die Muffen-Theorie würde mich auch mal interessieren. Wäre ja auch irgendwie schlüssig, wenn die nicht verschiedene Muffensorten vermutlich gleicher Qualität zur gleichen Zeit parallel verbaut hätten. Und wenn die Nervex-Muffe damals eine Art Statussymbol wurde umso mehr Grund, sich von den hausgemachten zu trennen. War vermutlich ja auch billiger.
Die gestanzte Nervex-Muffe war viel zu unspektakulär, um als "Statussymbol" zu dienen - da könnte ich Dir ganz andere Dinge zeigen. Sie war einfach eine sehr schöne, obschon idustriell gefertigte Muffe, die eine sehr hohe Präzision bot, was vor allen Dingen für den Rahmenbauer interessant war. Billiger war sie jedoch nicht, sondern mußte aus Frankreich eingekauft werden. Und wie schon zuvor geschrieben, blieben die hausgemachten Muffen den einfacheren Rennrädern scheinbar erhalten, verschwanden also nicht ganz.[/QUOTE]
Ach ja, der vordere Umwerfer von Simplex dürfte ja wohl auch nicht original sein?
Es ist ein Umwerfer aus Simplex berühmt-berüchtigten "Delrin"-Programm. An meinem findet sich an dieser Stelle ein Simplex "Competition" Hebelumwerfer, in seiner letzten Erscheinungsform aus den frühen 60ern, mit Schaltknauf aus beigem Kunststoff (ich habe diesen Hebel an anderen Rädern mit Aluminium-Knauf). Die Käufer konnten sich damals aussuchen, ob sie einen Hebel- oder einen Zugumwerfer wollten. Da diese Bauer-Räder keine Maßanfertigungen waren, sondern im Werk "auf Halde" produziert, hat auch mein rotes 63er einen Zuganschlag an der linken Seite, obwohl es keinen benötigt. Sich ereifenrnden RTFlern muß ich oft erklären, daß dort nie ein Zug gesessen hat und der Lack im Inneren noch unbeschädigt ist... worauf, es nachzuprüfen, einmal wirklich bestanden wurde.
Nachfolgend ein Bild, wie es an meinem ausssieht. Man kann hier auch die originale Stronglight-Kurbel im Stronglight-Innenlager (Gravur "Stronglight-Competition" auf der Stirnfläche der Hohlachse (witzig: sowohl der Umwerfer, als auch die Kurbel heißen "Competition")) sehen. Der "Extra-Chrom" auf der Kettenstrebe ist nur ein aufgeklebter Kettenschutz aus Edelstahl, darunter sieht es genauso aus, wie am restlichen Rad.
Aktuell habe ich das kurze Stück Schaltzug gegen nackte Edelstahl-Zughülle ausgewechselt und die Pedale gegen identische NOS-Teile ausgetauscht (die sehr hübschen Pedalreflektoren waren defekt)
