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11. Fichkona 28./29.06.08 Bericht

Gourmet

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11. FICHKONA 28./29.06.

Ich fahre erst seit Juli 2006 Rennrad. Seither habe ich viele Gleichgesinnte kennengelernt. Weniger- und mehr ambitionierte Radsportler waren dabei. Vorher habe ich mich sportlich zumeist auf dem Rasen beim Kicken bewegt. Das habe ich so ca. 15 Jahre mehr oder weniger ambitioniert betrieben, etwas Ausdauer sollte dabei jedoch bereits gespeichert worden sein. Bereits im Herbst 2006 erzählte mir Christoph (Lolek) von seinen Grenzerfahrungen bei der 9. Fichkona. Ich hörte gespannt zu und zog den Hut vor dieser Leistung. 600 km an einem Stück auf dem Rennrad war für mich eine außerirdische Sache, unvorstellbar. Meine Tagesleistungen beliefen sich damals auf max. 150 km, mit der Folge das ich danach meist ziemlich leer war. Es waren aber auch erst die ersten drei Monate auf dem Rennrad. Los ging es für mich eigentlich erst mit der Saison 2007. Begonnen im Januar auf der Rolle habe ich bereits im Mai 2007 über 5.000 km absolviert gehabt. Fichkona war zu diesem Zeitpunkt für mich vergessen, ich habe erst wieder davon gehört, als ein weiterer "Cielaber" -so nennt man die Jungs aus unserem Regionalforum www.cielab.org- davon erzählte, mitfahren zu wollen.
Der hatte zu diesem Zeitpunkt annähernd die gleichen Trainingskilometer in den Beinen wie ich und war mir auch sonst nicht voraus, was Fitness, Ausdauer etc. angeht. Ich dachte mir so "wenn er das hinbekommt, ist es vielleicht doch möglich". Und er hatte es geschafft mit Bravour sogar, sagt er. Und so wuchs auch die eigene Ambition einmal bei Fichkona teilzunehmen.

Ich steigerte im Sommer 2007 die Distanzen und fuhr den ersten 300er meines Radsport-Lebens. Insgesamt spulte ich 2007 8 Marathons runter und fuhr insgesamt reichlich 11.000 km Rad. Eigentlich bin ich ja eher kein Rolleur, ich fahre lieber ins Gebirge. Aber der Mythos Fichkona hatte mich irgendwie in seinen Bann gezogen.
Im September 2007 hatte ich mich mit meinem besten Kumpel Jens bereits für die 11. Fichkona angemeldet. Es kostete zwar etwas Überredungskunst ihn zu überzeugen, aber er ließ mich und sich nicht hängen, wofür ich sehr dankbar bin. Die Kosten für die Anmeldung übernahm meine Frau ein sehr sehr schönes Weihnachtsgeschenk.

Seit dem trainierten Jens und meine Wenigkeit sehr viel gemeinsam und bereiteten uns gezielt auf unsere Fichkona vor. Bereits Ende Mai zeigte mein Tacho über 6.000 Jahreskilometer mit 10 absolvierten Marathons, davon 5 Stück allein im Mai, der mit 1.750 km auch mein bis dahin trainingsreichster Monat der „Karriere“ war. Davon einmal > 300 km und 2 x 230 km an 2 aufeinander folgenden Tagen. Insgesamt bereits mehr als 60.000 Höhenmeter, was nochmal davon zeugt, dass es in und um Dresden sehr hügelig ist.

Was stand nun noch bis zum Start auf Sachsens höchster Stelle auf dem Programm. Ich wusste nicht ob es schon reicht, ob ich genug trainiert hatte. Irgendwie muss man ja die Distanzen hochschrauben. Ein 400er müsste eigentlich mal her. Gemeinsam mit Jens, Bergfex, Alex und Degga bin ich am 22.06. von Dresden zum Spindlerpass und zurück an einem Tag gekullert. Früh um halb fünf Start. 370 km mit ca. 4.000 Höhenmetern und Polens giftigsten Pass, dem Spindlerpass mit bis zu 27 % Steigung bei bis zu 35 Grad Celsius. Auch das ging erstaunlich bravourös über die Bühne, was eigentlich heißt, dass die Form stimmen sollte.

Ich habe also vor Fichkona 7.300 km runtergespult. Ich mache mir eigentlich keine Gedanken um meine wirklich gute Kondition, sondern eher um meine vier Buchstaben und die Müdigkeit in der Nacht. Ansonsten bin ich optimal vorbereitet und durch den 370 km-Ritt am 22.06. (also 6 Tage vor Fichkona) hoffentlich gerade in der Phase der Superkompensation.

Am Freitag ging die Reise los. Mit der Bahn bis Annaberg-Buchholz und von da mit einem schweineschweren Rucksack 35 km hinauf zum höchsten Punkt der DDR, natürlich bei reichlich Wind von vorn. Während der Bahnfahrt trafen wir Wolfgang aus Berlin, der erste Fichkonist des Tages.

Oben angekommen präsentierte sich der Fichtelberg stürmisch und kühl. Nach zwei Saunagängen trafen wir uns mit Wolle beim Abendessen. Nun waren schon einige Teilnehmer vor Ort und erzählten vom letzten Jahr. Auch Robse’s Zielsprint wurde debattiert. Nach reichlich Nudeln und einigen Bieren ging’s in die Koje.
Morgens aufgewacht ein Blick aus dem Fenster. Nebel, aber noch 3 h Zeit bis zum Start. Auf dem Parkplatz richtig Betrieb. Alles voller Räder wie im Fernsehen. Startunterlagen holen, Klamottensack packen, alles geht wie im Flug vorbei. Olaf der Organisator spricht ein paar Worte an die Teilnehmer und los geht’s. Abfahrt nach Oberwiesenthal. Vor mir sehe ich die erste Panne eines Zipp-Laufrades. Platten. Zum Glück nicht bei Jens und mir. Zügig geht’s den Berg runter. Das Feld weit auseinander gerissen. Die Begleitcrew bremst uns aus, um alles wieder zusammen zu führen. So geht das ständig. Los hacken bremsen Gas geben bremsen, sehr unrhythmisch am Anfang. Das Feld irgendwie sehr nervös, ich bin äußerst konzentriert. Und da ist es schon passiert, der erste Sturz. Wolle aus Berlin wahr involviert. Aber alles gut gegangen, er kann weiterfahren. Unterwegs vor Chemnitz wahnsinnig viel Publikum. Plakate. Noch 557 km Ralle go go go. Einfach genial. Ich bin total aufgeregt.

Fahre vor an die Spitze des Feldes an einem Anstieg. Unangenehm sehr sehr windig da vorn. Und schon werde ich wieder abgelöst. Die Tempogruppe will den Streckenrekord. Das spürt man, die geben Stoff. Durch Chemnitz mit Polizeieskorte geht es schnell durch und kurz nach Chamtz erste Pause. Gedrängel ich habe noch nicht einmal die Pullen voll schon brüllt’s „Gruppe 1“ weiter geht’s. Bin heilfroh nur in Gruppe 2 zu sein. So schaffe ich gerade noch alles bis zur Abfahrt. Hinter Chemnitz folgen die schwierigsten Passagen des Tages. Viele kleine giftige Anstiege. Man merkt das das Leistungspotenzial der Gruppe sehr unterschiedlich ist. Es rollt noch nicht gleichmäßig. Alle wollen die Positionen am rechten Straßenrand weil Wind von NordWest. Sobald sich kleine Lücken auftun, hüpft wer rein. Und so vergeht km um km. Ich muss kaum arbeiten, das Feld erzeugt einen unglaublichen Sog. Herzfrequenz um niederen GA1-Sektor zwischen 100 und 130 Schlagen meist. Bei Jens sogar teilweise weit unter 100. Nach ca. 270 km 3. Pause kurz vor Potsdam. Licht anbauen. Nach dem Start pisst es aus Eimern vielleicht 10 min volle Kanne. Alles nass auch die Straßen, die Bremsen ziehen schlecht. Und schon kracht’s weit vor mir. Ein Kuota-Carbonhobel schleift über die Straße, der Fahrer hat eine große Schürfwunde am Oberschenkel kann aber weiterfahren. Es ist gegen 20:30 Uhr. Noch bleiben die Lichter aus, aber so nach und nach wird’s dunkel. Wir erreichen Potsdam. Wieder Polizeieskorte. Einfach toll die Jungs, denen macht das Freude uns zu geleiten. Bei der Durchfahrt der nächste Wegrutscher auf nasser Straße, kurz vor mir. Man man man pass bloß auf, ich habe das Rad fast getragen um die Kurven und über die Gleise. Schweineglatt die Piste.

Hinter Oranienburg wurde es finster. Zwei Kollegen hatten kein Licht dabei. Tolle Vorbereitung. Klasse Jungs man sieht Euch kaum. Dem Typen mit dem Kuota flog auch noch eine Kontaktlinse weg. Minus 2,75 Dioptrien, da siehste nicht mehr toll aus. Aber er fuhr trotzdem weiter.
Inzwischen habe ich die „Sandale“ alias Lutz Herrmann aus PIR kennen gelernt, mit nem Trekking-Ratt dabei. Krasser Typ (PBP-Randonneur) Steffen müsste ihn kennen. Ich quatsche sehr lang mit ihm. Inzwischen ist es stockfinster. Alles sehr homogen jetzt, ich muss nicht mehr bremsen. Jens und mir geht’s gut. Totale Stille im Feld nur Jens und ich quasseln unentwegt, aber so vergeht die Nacht schnell.

Plötzlich kachelt das hintere Begleitfahrzeug am Feld vorbei. Was ist hier los: „Sputnik aussetzen !!!“
Irgendwer hatte ne Panne, wurde hinten eingesammelt in den Laderaum zum Flicken verfrachtet und dann wieder ausgesetzt. Tolle Organisation, das macht Spaß.

Statistisch gesehen hat jeder unserer Gruppe von 82 Mann 7,5 km Führung zu leisten. Doch es waren immer die Gleichen, die im Wind standen. Jens und ich wollten auch führen und so haben wir nach Sonnenaufgang das Feld von hinter Greifswald bis auf die Insel Rügen geführt. Es war herrlich als Erste die Ostsee zu sehen und über den Rügendamm zu fahren. Insgesamt haben wir 35 km am Stück geführt. Dafür gab es Lob von den arbeitenden im Feld. In Samtens (letzte Rast) wurde eine Tempogruppe gebildet, ich wollte dabei sein. Jens kam auch mit. Mit teilweise 46 km/h in der Ebenen konnte ich das Tempo nicht lange halten, zumal mir ein Mitfahrer ständig den Windschatten nahm in dem er zwischen die vor uns Fahrenden fuhr. Er hatte Angst bei diesem Tempo direkt am Hinterrad zu kleben.
So verabschiedeten wir uns aus der Tempogruppe und fuhren alleine zum Kap. Ein freundlicher Rüganer nahm uns in den Schlepp so war der doch heftige Gegenwind erträglich. Nach 19,5 h Fahrzeit und Schnitt bei 32 km/h auf 610 km Distanz war Fichkona vorüber ohne Zielsprint ohne Sturz und ohne Platten.

Jetzt war Regeneration angesagt, da wir ja in 3 Tagen mit dem Rad zurück nach Dresden fahren wollen. Am Mittwoch morgen ging’s los bei heißen Temperaturen und Südost-Wind. Echt nicht schön. Und wir wollten heute bis Berlin kommen. Ich bemerkte schon nach 70km das es für mich heute schwer wird. Jens führte ab diesem Zeitpunkt fast nur noch und ich hatte Probleme ihm zu folgen. Nach 220km (ca. 50 km vor Berlin) gab es hinter mir einen Knall. Jens’s hinteres Laufrad machte Macken. Speichenbruch am Ksyrium SL toll. Ein ziemlich heftiger Seitenschlag. Weiterfahrt unmöglich.
Mein Cousin holte uns mit seinem Transporter nach Berlin wo wir am nächsten Morgen in die Bahn nach Dresden stiegen.

Insgesamt gesehen eine richtig tolle Sache diese Fichkona. Topp-Organisation, Super-Verpflegung, tolle Mitfahrer (insbesondere die Sandale) und schönes Wetter auf Rügen. In Summe in 4 Tagen 870 km gefahren.

Ich kann Fichkona nur weiterempfehlen. Danke an die Crew, die wirklich einen Superjob gemacht hat.

Gruß Thomas
 
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