Übernachtet wird im Zelt ... COVID 19 die Hochzeit der SR ? ... Die Eisheiligen gibt es doch ...
Mein Bericht:
Wegen der Pandemie war ich schon länger stark unterbrevetiert und habe als Nebenkrankheit die Gelbkartensucht bekommen. Der nahliegende Ausweg war bei Andreas gelbe Startkarten zu ordern... eigentlich zum Geburtstags-Nachfeiern wollte ich am Mamertus 11.5. starten. Kachelmann sagt "
es gibt keine Eisheiligen". Die erste Sendung der Startkarten ist bei der Post hängengeblieben. Am windigen Mamertus war die Karte immer noch nicht da. Ich habe die Unterlagen dann dankenswerter Weise direkt bei Andreas bekommen.
So konnte ich am Mittwoch (Servatius) starten. Irgendwie habe ich die Wettervorhersagen nicht so richtig ernst genommen, bzw. die Temperaturen waren vielleicht auch sehr schwer zu prognostizieren.
Bzw. man(n) soll ja auch manchmal nichtsdenken und kurbeln - sonst macht man gar nichts. Das Thermomanagement war eine große Herausforderung bei der Veranstaltung. Als (männlicher) Randonneur sollte man besondere Erfurcht vor zwei Sophien haben: der kalten Sophie und La responsable de la SR: Sophie M. Ich weiß aber auch nicht ob sich etwas im Sommer daran ändert, bei der 1000 du sud kann man ja oben auf dem Berg noch die
Paul de Vivie Regel Nr 4 beherzigen und die Kleidung wechseln, aber bei dieser Achterbahn...
Anfangs lief alles trotz viel Gepäck noch ganz rund. Die Strecken waren ja auch zum Großteil bekannt. Die erste Krise hatte ich vor Andreasberg, da waren zwei ganz üble Steigungen zuvor drinnen. Wie soll das voran gehen??? große Fragezeichen machten sich in meinem Kopf breit. Das Wetter änderte sich dann auch von sonnig zu einem übel kalten Wind mit dunkel gefährlichen Wolken und leichtem Sprüh aus den Vorwolken. Glücklicherweise konnte ich den dunklen Wolken und einer Dusche, entgehen. Fast hätte ich geschrieben den Wolken davongefahren ... es war einfach Glück.
Der Wind hat mich dann auch wie ein D-Zug über die 26 km lange Edersee-Eisenbahnstrecke zwischen Korbach und Buhlen gepustet, das war eine richtige Erhohlung, gleichzeitig machte es mir Angst, ... wenn da so viel Eisenbahn verbaut ist, dann muss der Rest ja umso steiler werden. Es war meine erste SR und vergleichbare Höhenmeter / Längen Verhältnisse kenne ich nicht und sowieso ist ja immer alles auch von Wetter und anderen Randbedingungen abhängig.
Die Eisenbahntrasse hatte mir in jedem Fall genügend Stärke gegeben, um das persönliche Tagesziel 300km zu erreichen. In einem Waldstück habe ich dann gezeltet. Schätzungsweise von 3 bis genau 5:39 Uhr, manche Zahlen brennen sich ein. Ich war direkt eingeschlafen und relativ erholt am Morgen. Jedoch habe den kalten Winddruck auf den Bronchien gespürt. Es stellt sich doch nicht etwa eine Erkähltung ein? Also schnell bewegen, der Schlafsack war mittlerweile gefährlich ausgekühlt. Passend dazu zeigte sich Bonifatius von seiner kalten Seite.
Später wurde es aber wieder schön und sonnig, jedoch kam ich durch ständiges Einkaufen/Pause/Regel Nr.2 machen besonders langsam vor, so dass immer wieder starke Selbstzweifel aufkamen. Ich fühlte mich etwa 5 km/h langsamer gegenüber dem Vortag. Auch der Verkehr kratzte immer mehr an meinen Nerven. Trauriger Höhepunkt war die L3044, an der ich den Spurwechsel des Radweges in Rodenbach verpasst hatte. Rechts war eine Leitplanke, so dass ich da nicht so einfach drauf konnte. Dies ging erst später, aber da war die Kolonne schon vorbei, alle hupend, einer mit Mittelfinger. Später ging es wieder besser über wunderhübsche Kreisstraßen, die aber auch teilweise mit drastischen Steigungen in diemalerische Kultur-Landschaft geworfen waren.
Später in die Nacht hinein, war ich frohen Mutes, das Ding noch in der Nacht zu Ende zu fahren. Der Aufweg zur Nordhelle verursachte dann aber wieder eine furchtbare Einsamkeit, durch den dunklen Wald, eine Müdigkeit stellte sich ein, jede Hoffnung das zu Ende zu fahren war wieder erloschen. Nach einer Pause des Nachdenkens und der Stärkung dann doch wieder weiter. Aber nach 8 km stellte sich die Vernunft ein. Bei Oberholte auf dem Berg auf einem weichen Fichtennadelboden habe ich dann wieder gezeltet, mit einer langen Merinounterhose um den Hals als Schal, zusätzlich zugedeckt mit der Regenjacke. Um 3 Uhr bin ich wach geworden, wieder starke Zweifel was zu tun ist, aber nun in die kalte Abfahrt? Habe dann noch bis 5 weitergeschlafen und bin dann in den sonnigen Morgen der kalten Sophie, der sehr, sehr kalte Finger bei allen Abfahrten mit sich gebracht hat. Anschließend ging alles mustergültig mit Sonnenschein zu Ende... sogar mit Nachhause-Fahrt nach Düsseldorf über die Sambatrasse (habe ich bisher noch bei keinem Brevet geschafft)
Nun weiß ich auch was eine Superrandonée ist, selten so viele Krisen gehabt aber auch wieder aus denen hinausgewachsen bzw. herausgepsycelt.
Danke an Andreas und allen Beteiligten an der Strecke für die Errichtung dieses Außenpostens von Sophie Matter und Ihren SR!
Für Nachfahrer:
- das mit dem Wetter würde ich im Nachhinein anders machen, also bei besseren / stabilen Aussichten fahren
- die Versorgungslage ist, wie schon gesagt, ausgesprochen gut. Wobei ich auch immer rechtzeitig eingekauft habe und viel Zeug durch die Gegend gefahren habe. Die Supermärkte liegen oft direkt an der Strecke, ich musste nur einmal fragen.
- ich würde nächstes Mal früher losfahren, um rechtzeitig nach Frankenberg zu kommen. Der Track führt um die gepflasterte Altstadt drumherum, ist aber in jedem Fall eine Besichtigung wert. Korbach habe ich ausgelassen soll aber auch nett sein.
- Beim Fotographieren der Ortsschilder im Dunkeln habe ich mir teilweise mit anderen Schildern ausgeholfen oder mit der Stirnlampe für indirektes Licht gesorgt und dann im Nachtmodus die Fotos gemacht
- @fafnir: die SR geht auch mit Zelt. Ist natürlich etwas Gewicht, macht aber unabhängig von Schlafstätten in Coronazeiten
- Foto-Spoiling hier:
https://www.flickr.com/photos/147814223@N06/albums/72157714324954663