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Radfahrer ohne Helm tragen Mitschuld bei 'nem Unfall

  • Ersteller Ersteller KLR
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Hallo thebigoneinfront,

Will ich ja gar nicht als Argument verwenden. Aber wenn Du die Aufgabe hättest, in derartigen Fällen das "richtige" Schadenersatzmaß festzulegen, kämst Du auch ins Schwitzen und in irgendeinem Forum würde Deine Entscheidung zerrissen.
In diesem Fall, käme ich nicht ins Schwitzen, da für mich die Sache, wie schon zuvor beschrieben, klar wäre.
  • Der Helm hätte den Unfall nicht verhindert
  • Die Autofahrerin hätte mehr Sorgfalt walten lassen müssen
  • mit hätte, würde, könnte, evtl, ...; darf ein Gericht nach meinem Rechts-Verständnis nicht argumentieren
  • Der entstandene Schaden sollte im vollem Umfang beglichen werden
Und vielleicht ist das ja untergegangen - ich bin ein absoluter Helmbefürworter. Ob es evtl. mal eine Helmpflicht geben wird, tangiert mich nicht, da ich sowieso schon einen trage.
Ich trage den Helm aber nur allein aus dem Grund und Glauben, um für mich mögliche Schäden/Verletzungen zu minimieren; und nicht, um als Nichthelmträger als Freiwild angesehen zu werden, bei denen es ja nicht so schlimm sein kann, wenn sie zu Schaden kommen - tragen ja schließlich keinen Helm.
Das wäre aus meiner Sicht eine deutliche "Schlechterstellung".

MfG
KLR
 

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Re: Radfahrer ohne Helm tragen Mitschuld bei 'nem Unfall
Ich bin ja völlig Deiner Meinung, was vollständigen Schadenersatz in diesem Fall angeht (und Helmtragen). Ausgangspunkt war ja die Frage, wie es sein kann, dass man nur teilweise Schadenersatz bekommt, obwohl man am Unfall nicht schuld ist. Der Richter hat das halt nun mal so gesehen, dass Nichttragen eines Helms ein so grober Fehler ist, dass man damit einen Teil der Verantwortung für einen auch dadurch eingetretenen Schaden übernimmt.

Richter dürfen übrigens durchaus Konjunktive verwenden und Konsequenzen "nach der Lebenserfahrung" annehmen. Da muss man die strikte Feststellung von Tatsachen (Beweisaufnahme) von dem trennen, was daraus dann gemacht wird (Beweiswürdigung, Urteil). Kaum ein Fall wird auf Basis vollständiger Informationen entschieden. Auch wenn der Richter nur zu 80% überzeugt ist, dass Du für einen Schaden verantwortlich bist, wirst Du verurteilt werden.
 
denn wir haben hier ebenfalls die Situation, dass man ohne einen Rechtsbruch jedweder Form mit in die Haftung genommen wird.

Der Unterschied zwischen dem Helmurteil und einer Trunkenheitsfahrt mit > 0,03% und < 0,05% ist, dass die Trunkenheitsfahrt im krassen Gegensatz zu einer Radfahrt ohne Helm gesetzlich definiert ist. Bei der angegebenen Blutalkoholkonzentration spricht man von relativer Fahruntüchtigkeit, die zur Fahruntüchtigkeit wird, wenn weitere Ausfallerscheinungen hinzukommen. Ist ein derart alkoholisierter Verkehrsteilnehmer in einen Unfall verwickelt, wird dem zumindest eine verzögerte Reaktion unterstellt.

Was soll daran nicht korrrekt sein? Wo ist die Parallele zum hanebüchenen Helmurteil?

Gruß
Andreas - fährt alles mit 2-6 Rädern vom Fahrrad bis zum leichten LKW
 
Das Problem hier, wie bei jeder anderen Rechtssprechung auch, liegt wohl eher in der jeweils subjektiven Einschätzung von uns "Laien".

Nur, weil wir es nicht verstehen, kann es ja durchaus juristisch einwandfrei sein.

Ich möchte nicht wissen, wieviele Richter tagtäglich ein "juristisch sauberes" Urteil sprechen und anschließend kotzen gehen.
 
Wollte schon aus dem ADFC austreten, aber scheinbar machen die ja doch manchmal ganz sinnvolle Sachen.

Köstlich in dem Zusammenhang finde ich die Argumentation des ADFC, dass der Richter bei einer allgemein festgestelten Helmtragequote von 10 - 11 % ca. 90 % aller Radfahrer mit seiner Urteilsbegründung zu "unverständigen" Menschen, also zu Idioten, erklärt.
 
Hallo thebigoneinfront,

Richter dürfen übrigens durchaus Konjunktive verwenden und Konsequenzen "nach der Lebenserfahrung" annehmen. Da muss man die strikte Feststellung von Tatsachen (Beweisaufnahme) von dem trennen, was daraus dann gemacht wird (Beweiswürdigung, Urteil). Kaum ein Fall wird auf Basis vollständiger Informationen entschieden. Auch wenn der Richter nur zu 80% überzeugt ist, dass Du für einen Schaden verantwortlich bist, wirst Du verurteilt werden.
Wenn Zweifel an einem Vorgang bestehen, ist es einem Richter dann nicht versagt Tatsachen (ein Urteil fällen) zu schaffen, die der Wahrheit evtl. gar nicht nahkommt indem er "Annahmen/Vermutungen" macht -> Gab's da nicht den Ansatz "in dubio pro reo"?

MfG
KLR
 
Hallo Essmann,

...Nur, weil wir es nicht verstehen, kann es ja durchaus juristisch einwandfrei sein.
Richtig!

Und gerade deshalb ist die Urteilsbegründung auch wichtig - sie sollte auch dem Laien verständlich machen weshalb so oder so entschieden wurde.
Die Erklärungen die in diesem Fall gegeben wurden sind allerdings für mich schon im Ansatz nicht nachvollziehbar.

l'homme avant le régime d'homme (ist von Zuckmayer aus "Der Hauptmann von Köpenick")
=> "Erst kommt der Mensch dann die Menschenordnung"

Soll heißen: Gesetze sind für Menschen gemacht - sie sollten auch von diesen verstanden werden!

MfG
KLR
 
Hallo thebigoneinfront,


Wenn Zweifel an einem Vorgang bestehen, ist es einem Richter dann nicht versagt Tatsachen (ein Urteil fällen) zu schaffen, die der Wahrheit evtl. gar nicht nahkommt indem er "Annahmen/Vermutungen" macht -> Gab's da nicht den Ansatz "in dubio pro reo"?
MfG
KLR
Über das Ausmaß des Zweifels kann man schon reden. Manchmal genügt die überwiegende Wahrscheinlichkeit, dass es so, aber eben nicht anders war, und manchmal muss jeder vernünftige Zweifel ausgeschlossen werden. Ein Richter kann Dich nicht jahrelang in den Knast schicken, wenn er von Deiner Schuld nicht restlos überzeugt ist, aber kann Dich zu Schadenersatz verurteilen, wenn er es für überwiegend wahrscheinlich hält, dass Du schuld bist. Denk' z.B. an den OJ Simpson-Fall: Freigesprochen vom Mordvorwurf wurde er, aber zu Schadenersatz an die Familie seiner Frau wurde er verurteilt. Nicht im Knast, aber pleite dank unterschiedlicher Anforderungen an die Beweislage.
 
Hallo thebigoneinfont,

... Ein Richter kann Dich nicht jahrelang in den Knast schicken, wenn er von Deiner Schuld nicht restlos überzeugt ist, aber kann Dich zu Schadenersatz verurteilen, wenn er es für überwiegend wahrscheinlich hält, dass Du schuld bist. ....
Das ist doch ein Widerspruch in sich - oder etwa nicht?

Das US-Rechtssystem ist mir noch unbekannter (manchmal unverständlicher) als das hiesige.
Vermutlich lassen sich diese auch nicht vergleichen, da ich die US-Rechtssprechung vereinfacht gesagt so sehe, dass dort dem Geschädigten vollkommen, oder sogar darüber hinaus, ein Schaden ersetzt wird bzw eine Wiedegutmachung verbunden mit ... "sagen wir mal Genugtuung" das Ziel ist.
Man hat dort viele Freiheiten, bricht man aber die Regeln, so hat man auch mit harten Konsequenzen zu rechnen => und zwar der Verursacher - ohne wenn und aber!

In unserem System wird eher versucht dem "Angeklagten" alles erdenklich Strafmildernde zu berücksichtigen bzw zukommen zu lassen. Der Geschädigte spielt eine deutlich untergeordnete Rolle.

MfG
 
Ich habe mir erlaubt, an die Pressestelle des OLG Schleswig die folgende Mail (mit voller Adressangabe) zu schicken:

Pressemitteilung zu AZ 7 U 11/12

In Anbetracht dieser Urteilsbegründung halte ich es für dringend geboten, an Ihrer Behörde Zugangskontrollen für die Mitarbeiter hinsichtlich Alkohol-, Drogen oder Medikamentenkonsum einzurichten. Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein solches Urteil mit dieser in meinen Augen hanebüchenen Begründung bei vollem Verstand der Beteiligten entstanden sein soll.
Der 7. Zivilsenat hat hier erstmals ein Fass aufgemacht, dessen Boden noch gar nicht sichtbar ist.

Diesen Pressekommentaren kann ich mich nur anschließen.

http://www.stern.de/auto/service/urteil-gegen-radfahrer-ohne-helm-zum-freiwild-erklaert-2026466.html
oder
http://www.stern.de/auto/service/helmpflicht-fuer-radfahrer-schnuller-fuer-alle-1740580.html

Bleibt nur die Hoffnung, dass die Klägerin in Revision geht und der Bundesgerichtshof dieses (Adjektive spare ich mir lieber) Urteil aufhebt.

Mit kopfschüttelnden Grüßen
 
... an Ihrer Behörde Zugangskontrollen für die Mitarbeiter hinsichtlich Alkohol-, Drogen oder Medikamentenkonsum einzurichten. Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein solches Urteil mit dieser in meinen Augen hanebüchenen Begründung bei vollem Verstand der Beteiligten entstanden sein soll.

Ob das schon den Tatbestand der Beleidigung erfüllt?
 
Ob das schon den Tatbestand der Beleidigung erfüllt?
:idee:
Für Amtsträger bestehe zwar kein Äußerungs-verbot, aber sie seien im täglichen Leben einem besonderen (Ehr-)Verletzungsrisiko ausgesetzt.
Es sei unzweifelhaft, dass der Verzicht auf unbedachten und flapsig formulierten Äußerungen vor (Ehr-)Verletzungen schütze, auch sei der Verzicht auf unbedachten und flapsig formulierten Äußerungen wirtschaftlich (volksverträglich) zumutbar.
Daher kann nach dem heutigen Erkenntnisstand grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass ein verständiger Mensch zur Vermeidung eigenen Schadens nicht als Amtsträger leichtläufig unbedachte und flapsig formulierte Äußerungen von sich gibt.
:D

MfG
KLR
 
Gab es da einen Gutachter, der ausgesagt hat, das die Verletzung mit Helm geringer gewesen wäre, oder war das einfach mal das Bauchgefühl des Richters?
Was wäre gewesen, wenn Radfahrer mit dem Helmgurt am Türrahmen hängen gebieben wäre? Mitschuld durch zu grosse Sorgfalt?

ich hoffe das Urteil von der nächsten Instanz kassiert...
 
der Artikel ist auch ganz lustig.

Das Urteil kann man wirklich beliebig und auf alle Lebensbereiche ausweiten. Brandschaden wegen defektem Elektrogerät? Man kann ja schließlich alle Stecker ziehen bevor man das Haus verläßt................

Bei der Diskussion um Mitschuld gibt es auch den Aspekt der Zumutbarkeit. Es ist eher nicht zumutbar, im Haus alle Stecker zu ziehen, bevor man das Haus verlässt. Wahrscheinlich würde sogar die Stromlosschaltung durch einen Zentralschalter neben der Eingangstür als unzumutbar angesehen, weil dann Telefon und diverse Medien-Geräte ausfallen oder ihre Programmierung verlieren.
Es ist aber z.B. zumutbar, beim Verlassen das Türschloss zweimal rumzuschließen, statt die Tür nur ins Schloss zu ziehen. Oder kurz durch die Hütte zu gehen und zu schauen, ob die Fenster geschlossen sind.

Als Helmträger (seit über 20 Jahren) und Helmpflicht-Gegner (würde vielen Menschen das Radfahren verleiden) halte ich das Helmtragen für Rennradler für zumutbar. Wer sich vor dem Fahren den Schritt eincremt, täglich den Reifendruck prüft und je nach Wetter die Laufräder wählt, dem ist auch ein Helm zuzumuten. :D
Jemanden, der seit 40 Jahren mit dem Rad zum Brötchenholen fährt, zum Helmtragen - auch durch solche Mitschuld-Zuweisungen - zu zwingen, ist grober Unfug. Nicht zumutbar.

Der Gesetzgeber muss nicht die Gefährdeten zwingen, sich zu schützen, sondern die Gefährder zu mehr Sorgfalt und Rücksicht erziehen.
 
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