Kapitel 5 - Auf nach Radda
Mit neu getankter Energie haben wir uns von den 46km Radlner verabschiedet und sind in neues Gelänge aus schlechtem Asphalt und Schotter eingetaucht. Die Sonne stand hoch und wir fahren über welliges Terrain mit ordentlichen Auswaschungen. Anne wird immer Müder, so dass Zeit es für meine Geheimwaffe wird. Als Notnagel hab ich Powergels mit eingesteckt. Anne bekommt eins aus der Lenkertasche. 15 Meter finde ich ein neues am Wegesrand, das sich bei dem Untergrund aus einem Trikot rausgeschüttelt haben muss. Also bleiben die Vorräte frisch und Anne hat wieder Energie um sich die Steigung nach Radda rauf zu kämpfen. Als Flachländer ging es irgendwann erstaunlich gut den Berg hoch, nachdem man seinen Rythmus gefunden hat. Zwischendurch schiebe ich Anne und andere Radler den Berg ein klein wenig hoch. In Radda gab es mehr geschmierte Brote, Cola und ein alkfreies Bier bei grandioser Aussicht auf die Weinhänge. Der Mechaniker, der am einpacken war stellte noch Annes Sattel einen halben Zentimeter nach unten und wir rollen schon weiter um nicht die Lanterne Rouge zu sein.
Aus Radda raus in die Richtung der letzten Schleife. Ein kleiner Abschnitt, den man doppelt fährt. Auf der Kreuzung der Runde kamen uns rote, schweißgebadete Köpfe entgegen. Immerhin mussten wir auch alles wieder hochfahren, was wir grade an Höhe verloren haben.
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Kapitel 6 - jetzt wirds knackig
Der nächste längere Anstieg steht an und wir kneten uns auf einer befahrenen Landstraße Kurve um Kurve Richtung Panzano. Alles etwas weniger schön als der Morgen. In Panzano gab es eine kleine Versorgungsstation mit Wasser, Wein, Brot und Schmalz. Schmalz habe ich nie gemocht. Als Vegetarier noch viel weniger als zuvor. Ich habe unzählige Schmalzbrote verputzt. Es war mit Rotwein köstlich.
Eine Gruppe Italiener in grün-roten Wolltrikots gesellte sich zu uns. Mit vollen Backen von den Broten wurden wir eingeladen mit ihnen mitzufahren. Wir waren adoptiert und hatten neue Begleiter für den anstrengendsten Teil des letzten Abschnitts. Neun Kilometer Schotter mit bis zu 14% Steigung. Aus unserem Trupp wurde eine Deutsch-Italienische Wandergruppe und sind gerade noch rechtzeitg zur letzten Versorgungsstation gekommen. Bis dahin wusste ich nicht, dass es Ribollita gab und dass dieser Bauerneintopf zu meinen Lieblingsspeisen gehört. Zwei Schalten später ging es auf die Abfahrt. Anne hat bis dahin extrem gut mitgemacht. Nach der Schotterabfahrt brauchte sie etwas Nervenfutter. Das traf sich gut, da die Italiener eh in eine Taverna für Bier einkehren wollten. Wir gesellten uns auf eine Ramazotti dazu, tranken diesen fix und ernteten bewundernde Blicke von den Jungs. Für uns ging es weiter den Berg runter. Kurze Zeit später wurden wir von einem grün-rotem Trikot nach dem anderen überholt. Matteo blieb noch etwas bei uns für einen netten Plausch. Das war zu viel für Anne und sie stoppte leicht aufgelöst. Matteo hab ich weiter geschickt und Anne etwas aufgebaut. Der Stress der letzten Arbeitswochen sowie die Urlaubsvorbereitungen sind wie ein Knoten geplatzt und die Nerven lagen blank. Nach etwas Motivationszeit und einem weiteren Powergel ging es mit Tränchen auf den Wangen weiter den Berg auf.
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Kapitel 7 - Fin
Hinter uns taucht ein Kleintransporter auf. Der Mann deute uns darauf hin, dass er jetzt die Schilder abnimmt. Meine Angst, dass er eine Art Besenwagen ist und uns aufsammeln müsse hat sich zum Glück nicht bestätigt. Ein "Did not finish" wäre hart gewesen. Anne tritt stumm vor mir auf dem Rad in den Sonnenuntergang. Noch ein letztes, zypressengesäumtes Schotterstück durch die Weinberge und wir rollen nach Gaiole ein. Bei Anne fällt alles ab und es gibt eine Mischung aus Freuden- und Erschöpfungstränen zur Zieleinfahrt. Ein Stempel aufs Finish im Manifest, Medalien die wir uns gegenseitig umhängen und langes drücken machen den Frust der letzten Kilometer wieder weg. Zudem heißen uns die grün-roten Trikots willkommen. Schnell Bier geholt, geschnackt und Nummern ausgetauscht, bevor es zu unserem Castell ging um Duschsachen zu holen um uns auf dem Sportplatz Staub und Schweiß vom Körper zu brausen.
Auf unserer Suche nach Essen begegnen wir wieder alt bekannten Gesichtern die uns fleißigst zuprosteten.
Die grün-rot Trikots haben uns direkt zu sich nach Hause in Norditalien eingeladen. Die Einladung sind wir eine Woche später gefolgt.
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Fortsetzung folgt...