Wichtiger als die Strafandrohung ist, wie hoch das Risiko ist, erwischt zu werden. Wer davon überzeugt ist, dass dieses Risiko minimal ist, den beeindruckt keine noch so drakonische Strafe. Hamilton hat das schön beschrieben. Er war so sicher, dass er das System der Dopingkontrollen "im Griff" hatte und bei Trainings- oder Wettkampfkontrollen nicht positiv getestet werden würde, dass ihm die angedrohte Sperre von zwei Jahren egal war. Auch eine höhere Strafdrohung hätte daran nichts geändert.
Richtig. Risikohöhe = Schadenshöhe x Eintrittswahrscheinlichkeit. Bei Motordoping ist beides höher. Schadenshöhe = Teamexit, Eintrittswahrscheinlichkeit = um entdeckt zu werden, reicht das Ausschlagen eines vergleichsweise simplen elekromagnetischen oder thermischen Sensors, der in jedem besseren Smartphone steckt, zum unwiderlegbaren Nachweis braucht es kein Labor, sondern nur einen Blick ins Sitzrohr. Da gibt es dann auch keine Tricks, das zu verschleiern.
Im Übrigen kann man zusammenfassen: es ist klar, dass Cance vor vielen Jahren in einzelnen Situationen ungewöhnliche Leistungen erbracht hat, die man als Indizien dafür bewerten kann, dass er da nachgeholfen hat, vielleicht mit einem Motor. Sein Verhalten im Nachgang ist seiner Entlastung nicht unbedingt dienlich. Nachgewiesen ist bisher nichts. Auch sonst ist auf WT-Niveau nichts nachgewiesen.
Die aufgedeckten Fälle bei den Amateuren bewegten sich einem Bereich, wo das Risiko deutlich geringer war, sowohl was die Schadenshöhe angeht als auch die Wahrscheinlichkeit, entdeckt zu werden.
Damit haben wir einen einzigen nachgewiesenen Fall im UCI-Umfeld (Femke Van Den Driessche), der zugleich Warnung und Beispiel für die Risikohöhe ist.
Der Rest ist Spekulation, der man zustimmen kann oder auch nicht, sonst wäre es ja keine. Manche meinen per Analogieschluss vom chemischen und EPO-Doping auf die Verbreitung von Motordoping schließen zu können, unterstützt durch einige wenige Indizien und einen Entdeckungsfall, andere weisen auf das höhere Risiko hin, das eine Verbreitung wie bei EPO weniger wahrscheinlich macht.
Bei den "selbstdrehenden Hinterrad-Videos" handelt es sich in den meisten Fällen eindeutig um technisch unsinnige Hysterie, einzelne könnten als Indizien dienen.
Leider hilft die UCI nur begrenzt, denn sichere und reguläre Standardtests der Räder von Topplatzierten gibt es offenbar noch nicht, obwohl möglich. Stattdessen fehleranfällige Massentests und Stichproben. Mal sehen, was hier noch passiert.