• Hallo Gast, wir suchen den Renner der Woche 🚴 - vielleicht hast du ein passendes Rennrad in deiner Garage? Alle Infos

Leistungsabfall Radmarathon

G

Gelöschtes Mitglied 37285

Hallo Zusammen,

ich habe eine Frage an die Experten in Sachen Leistungsentwicklung im Marathonbereich. Da ich weiß, dass hier viele mit sehr hohem Fachwissen unterwegs sind, hoffe ich auf den ein oder anderen guten Hinweis. Zur Sache: mein Problem ist, dass ich bei sehr langen Fahrten mit ordentlichen HM (z.B. Ötztaler oder vorgestern Sauerland Extreme) in den letzten beiden Stunden einen sehr deutlichen Leistungsabfall habe. Was ich bisher beachtet habe:
- verringerter Trainingsumfang eine Woche vor dem Marathon mit hoher Kohlenhydrataufnahme in der Tapering-Woche
- beim Marathon: konsequentes L2 fahren; Anstiege mit 80% der CP maximal (CP ist bestimmt und wird regelmäßig geprüft - die Werte scheinen plausibel und sind wahrscheinlich eher zu gering als zu hoch; W' müsste auch passen)
- Zufuhr von Kohlenhydrate: Unterstellter Kalorienverbrauch inkl. Grundumsatz 8.000 kcal; unterstellter Verbrauch aus den Speichern 60% (Rest aus Fetten da mehrheitlich L2) = 4.800 kcal; davon aus den Speichern 1.600 kcal (bei unterstellten 400g Speichergröße). Damit ergibt sich ein auszugleichendes Defizit von 3.200 kcal. Über 10 Std. sind somit 320 kcal/Std. aufzunehmen. Dies habe ich auch über Gels, Riegel und Getränke gemacht
Trotzdem habe ich fast 40% im L1-Bereich verbracht. Insbesondere war es in den letzten 2,5 Stunden nur unter größten Anstrengungen möglich im unteren oder mittleren L2-Bereich zu fahren. Die ersten sieben Stunden sehen sehr gut aus (L2; im Anstieg L3) danach ist aber "Ende im Gelände". Ich bin dann fast nur noch im L1 Bereich unterwegs gewesen
Ich bin mir auch nicht sicher, ob es an der fehlenden Grundlagenausdauer liegen kann, da ja bis sieben Stunden alles in Ordnung war.
Hat jemand vielleicht einen guten Tipp was da passiert? Danke schon mal vorab.
 
Für die Ermüdung bei so langen Einheiten sind eine ganze Reihe von Faktoren verantwortlich. So nimmt im Zeitablauf die Pump-Leistung deines Herzens ab, die Kontraktionsgeschwindigkeit der Muskulatur verringert sich und die Stoffwechselprozesse funktionieren nicht mehr optimal, die Muskulatur kann im ermüdeten Zustand z.B. nicht mehr soviel Sauerstoff verarbeiten. Auch die Ansteuerung der Muskulatur über das Nervensystem wird schlechter ebenso wie die Fähigkeit der Muskulatur, Steuerimpulse aus den Nerven zu verarbeiten, schließlich spielen auch noch psychologische Faktoren eine Rolle (mehr zu diesen diversen Mechanismen hier: http://www.researchgate.net/publica...uring_prolonged_endurance_cycling._Sports_Med) Daher ist es sicher völlig normal, dass irgendwann "die Lichter ausgehen". Auch mit einer optimalen Ernährung und Pacing-Strategie kann man diese Effekte nicht vermeiden, bestenfalls herauszögern. Meine persönliche Erfahrung ist, dass sich diese Ermüdungsresitenz durch Training durchaus verbessern lässt, das dauert aber Jahre und stößt durchaus auch an Grenzen: Ich komme mit langen Mittelgebirgs-Marathons wie dem Sauerland Extrem viel besser klar als vor 15 Jahren, mit Hochgebirge komme ich dagegen nach wie vor nicht besonders gut klar, ich vertrage offensichtlich die Höhe eher schlecht.
 
320kcal/std ist in jedem Fall mehr, als du aufnehmen kannst.
Da liegst du falsch, Fixpunkt. Das wurde hier im Forum in der letzten Zeit immer wieder besprochen.
Die max. Aufnahmerate an Glukose ist ungefähr das Körpergewicht in Gramm/pro Stunde. Wenn man Fructose verträgst (im Training austesten!), dann kann man davon zusätzlich noch das halbe Körpergewicht in Gramm zuführen, da Fruktose die Glukoseaufnahme nicht stört und gleichzeitig, aber auf anderem Weg im Darm aufgenommen werden kann. ... Rechne es dir um in Kilokalorien...
 
Kleiner Nachtrag noch zu meinem Beitrag oben, wo ich schrieb, dass sich die "Ermüdungsresitenz durch Training verbessern lässt". Langfristig betrachet hat mir die Aufnahme/Ausweitung von Intervall-Training im EB bzw. L4/L5 für die Ermüdungsresitenz auf langen Einheiten mehr gebracht, als Experimente mit der Ausdehnung von klassischem niedrig-intensivem GA-Training.
 
- Zufuhr von Kohlenhydrate: Unterstellter Kalorienverbrauch inkl. Grundumsatz 8.000 kcal; unterstellter Verbrauch aus den Speichern 60% (Rest aus Fetten da mehrheitlich L2) = 4.800 kcal; davon aus den Speichern 1.600 kcal (bei unterstellten 400g Speichergröße). Damit ergibt sich ein auszugleichendes Defizit von 3.200 kcal. Über 10 Std. sind somit 320 kcal/Std. aufzunehmen. Dies habe ich auch über Gels, Riegel und Getränke gemacht
Trotzdem habe ich fast 40% im L1-Bereich verbracht. Insbesondere war es in den letzten 2,5 Stunden nur unter größten Anstrengungen möglich im unteren oder mittleren L2-Bereich zu fahren. Die ersten sieben Stunden sehen sehr gut aus (L2; im Anstieg L3) danach ist aber "Ende im Gelände". Ich bin dann fast nur noch im L1 Bereich unterwegs gewesen
Ich bin mir auch nicht sicher, ob es an der fehlenden Grundlagenausdauer liegen kann, da ja bis sieben Stunden alles in Ordnung war.
Hat jemand vielleicht einen guten Tipp was da passiert? Danke schon mal vorab.

Als Langstreckenfahrer mit Neigung zu Rechenspielchen mal mein Senf.
Du unterstellst einen Anteil von 60% für die Energiebereitstellung aus KH-Speichern und Fettoxidation. Woher diese Annahme?
Mit den von Dir genannten Zahlen kommt man grob auf eine Fettoxidationsrate von 0,6 g/min. Ich bin da kein Spezialist, aber in Jürgen Pansy's Blog hab ich mal was interessantes dazu gelesen: http://jpansy.at/2014/05/13/was-geht-noch-mit-40/
Demnach wären die 0,6 g/min schon ein sehr guter Wert für Amateure. Bist Du sicher, dass Du so eine gute Fettverbrennung hast?

Deine Beschreibung klingt für mich eher so, dass Du nach 7h einfach leergefahren warst. Wenn Du jeden Anstieg im L3 hochfährst, verbrauchst Du da natürlich im Vergleich zu einer reinen L2-Fahrt überproportional KH aus den Speichern. Die kriegst Du nicht ersetzt. Dann fehlt's halt vielleicht hintenraus.
 
Vielleicht ist der Kopf entscheidend - die ganze Rechnerei hat auch ihre Grenzen. Ich persönlich brauche immer wieder mal ein bisschen Aktivierung, typischerweise in Form von ein paar kleine Zwischensprints. Wenn ich das nicht mache geht's bei langen Fahrten meist nur in eine Richtung mit Puls und Leistung - stetig (leicht) abfallend.
 
Der Hinweis, dass die 0,6 g/min recht hoch angesetzt ist, ist wohl in der Tat richtig, siehe

https://ennioss.files.wordpress.com/2012/03/determination-of-the-exercise-intensity-that.pdf
http://physicalrules.com/edslessons.com/Historical_Science/Fatmax.pdf

Man sieht in dem 2. Paper, dass für die Gruppe mit einer VO2Max unter 65ml/l/kg die maximale Oxidationsrate im Schnitt unter 0,5g/min. lag - allerdings mit größeren individuellen Schwankungen. 0,5g/min bedeuten etwa 280 Kcal pro Stunde. Bei 800 kcal/h müssten dann 520 Kcal aus KH kommen.

Die Crux an der Rechnung oben scheint mir dabei im Gesamtumsatz zu liegen. Wenn ich mal rumgoogle bekomme ich für einen 40 jährigen Mann mit 78 Kg und 184 cm Körpergröße 1750Kcal pro Tag als Grundumsatz geliefert, das sind pro Stunde etwa 72 kcal als Grundumsatz/h.
Bei dem oben genannten 8000 Kcal Gesamtumsatz über 10 h ergibt sich daraus ein Arbeitsumsatz von 730 Kcal/h.
Bei diesem Arbeitsumsatz kann man bei einem (aus Demonstrationsgründen niedrig angesetzten!) Wirkungsgrad von 20% noch etwa 200 Watt fahren. Bei 200 Watt im Mittel benötigt man aber nach meiner Erfahrung auf der o.g. Strecke keine 10h für den Marathon, sondern merklich weniger (oder man lungert zu lange an den Verpflegungsstellen rum :bier:). Daher würde ich die 8000 kcal nochmal überpüfen.

In den Links oben sieht man übrigens auch, dass über einen breiten Intensitätsbereich die Fettoxidation auf einem hohen Niveau verbleibt. Wenn ich versuche, die Angaben zur Intensität bei der die maximale Oxidation erreicht wird auf Coggan-Levels umzurechen, liegt diese maximale Rate irgendwo am Übergang von L2 zu L3 und die Fett-Oxidation verbleibt auch im L3 zunächst noch auf einem sehr hohen, wenn auch nicht maximalen, Niveau. Schlussfolgerung daraus: Anstiege im L3 zu fahren frisst nicht sofort die KH-Speicher leer.
 
Als Langstreckenfahrer mit Neigung zu Rechenspielchen mal mein Senf.
Du unterstellst einen Anteil von 60% für die Energiebereitstellung aus KH-Speichern und Fettoxidation. Woher diese Annahme?
Mit den von Dir genannten Zahlen kommt man grob auf eine Fettoxidationsrate von 0,6 g/min. Ich bin da kein Spezialist, aber in Jürgen Pansy's Blog hab ich mal was interessantes dazu gelesen: http://jpansy.at/2014/05/13/was-geht-noch-mit-40/
Demnach wären die 0,6 g/min schon ein sehr guter Wert für Amateure. Bist Du sicher, dass Du so eine gute Fettverbrennung hast?

Deine Beschreibung klingt für mich eher so, dass Du nach 7h einfach leergefahren warst. Wenn Du jeden Anstieg im L3 hochfährst, verbrauchst Du da natürlich im Vergleich zu einer reinen L2-Fahrt überproportional KH aus den Speichern. Die kriegst Du nicht ersetzt. Dann fehlt's halt vielleicht hintenraus.
Sehr interessanter Link, vielen Dank dafür! Bei knappen zehn Stunden Fahrtzeit habe ich im Durchschnitt 52% meiner FTP erbracht. das würde einer deutlichen Linksverschiebung der Intake Kurve im Vergleich zu JP entsprechen, was bei meinen Umfängen plausibel erscheint.
 
Vielleicht ist der Kopf entscheidend - die ganze Rechnerei hat auch ihre Grenzen. Ich persönlich brauche immer wieder mal ein bisschen Aktivierung, typischerweise in Form von ein paar kleine Zwischensprints. Wenn ich das nicht mache geht's bei langen Fahrten meist nur in eine Richtung mit Puls und Leistung - stetig (leicht) abfallend.

Die Erfahrung mit den lurzen Sprints lann ich bestätigen, das ist 'ne gute Methode um die "Aktivierung der Systeme" aufrecht zu erhalten, daran dass es Abwärts geht mit der Leistung ändern solche Antritte aber auch nix, nur der Pfad ist nicht ganz so steil abwärts - jedenfalls bei mir.
 
Hab gerade noch mal in meine Garmin Einstellungen geschaut. in der Berechnung de Durchschnittsleistung gehen Nullwerte ein. NP liegt bei 62,8% der FTP.
 
Sehr interessanter Link, vielen Dank dafür! Bei knappen zehn Stunden Fahrtzeit habe ich im Durchschnitt 52% meiner FTP erbracht. das würde einer deutlichen Linksverschiebung der Intake Kurve im Vergleich zu JP entsprechen, was bei meinen Umfängen plausibel erscheint.

52% erscheint mir sehr wenig auch mit Nullwerten. Selbst bei den Marathons, bei denen ich nen Hungerast hatte, wars bei mir mehr. Vielleicht bist du wirklich nicht genug an lange Belastungen gewohnt. Würde jetzt spontan sagen, mehr Tempo fahren.
Im Übrigen kann ich in meiner Erfahrung nicht bestätigen, dass es im Mittelgebiere immer gut ist am Anfang entspannt hoch zu fahren. Bei meinen besten Marathons, bin ich recht stark gestartet (bis zu 100% der FTP am ersten sogar 2. Anstieg) Das hat sicher ne Psychologische Komponente und hat mit der (tages)Form zu tun. Fühl ich mich gut, geh ich mit Spaß an die ersten Anstiege und hab auch noch etwas Biss am Schluß. (zumindest wenn ich mich nicht tot fahre ;) )
Fahr ich am Anfang schon träge, klapp ich später ganz zusammen.
 
Sauerland Extrem geht eigentlich, da sind keine fiesen steilen Steigungen drin?
Mir hilft es immer nicht am Limit zu fahren, d.h. ich fahre so lange Dinger immer so langsam, dass ich keine Schnappatmung bekomme und jederzeit das Gefühl habe, ich könnte noch einen drauflegen und schneller fahren.
Übel wird es für mich immer, wenn ich versuche am Hinterrad von irgendwem dranzubleiben - dann reichen mir wenige KM zum platt fahren.
 
Mmmh, die NP kommt mir auch recht wenig vor in Relation zur FTP. Ist vielleicht die FTP überschätzt oder liegt es am Einbruch am Ende?
Zum Vergleich ich hatte einen IF von 0,768 am Samstag und das war noch nicht das Maximum dessen was an IF auf einer solchen Strecke im Mittelgebirge(!! Hochgebirge ist wie angedeutet einen andere Baustelle) für mich machbar ist.
 
Im Übrigen kann ich in meiner Erfahrung nicht bestätigen, dass es im Mittelgebiere immer gut ist am Anfang entspannt hoch zu fahren. Bei meinen besten Marathons, bin ich recht stark gestartet (bis zu 100% der FTP am ersten sogar 2. Anstieg) Das hat sicher ne Psychologische Komponente und hat mit der (tages)Form zu tun. Fühl ich mich gut, geh ich mit Spaß an die ersten Anstiege und hab auch noch etwas Biss am Schluß. (zumindest wenn ich mich nicht tot fahre ;) )
Fahr ich am Anfang schon träge, klapp ich später ganz zusammen.
Kann ich zu 100% nachvollziehen, wenn die Beine gut sind, sind sie auch am Anfang schon gut, oder wie sagte mal jemand: Man muss schnell und hart anfangen, langsam wird man von alleine. :D
 
Blöde Frage. Was ist IF?

Im Hochgebierge fährt man sich wohl leichter Tot hab aber erst eine Erfahrung. Werde diesmal versuchen langsamer zu starten. In 3 Wochen weiß ich dann mehr. ;)
 
IF= Intensity-Faktor. In der Coggan/Allensche Nomenklatur ist das der Quotient aus Normalisierten Leistung NP zur FTP.
 
Zurück
Oben Unten