Rennrad-News

Test – Ridley Fenix SL Disc Classics
Endurance für Tough Guys

„#BEtough“ steht auf dem Oberrohr des Ridley Fenix SL Disc Classics. Der Renner ist auf 100 Stück limitiert und entspricht dem Rad, mit dem das Team Lotto-Soudal die Frühjahrsklassiker bestritt – bis auf die Disc-Bremsen. Für 3.999 Euro ist die Team-Replicavariante aus Belgien außerdem mit einer Ultegra-Gruppe und 4ZA Carbon-Aerolaufrädern hart kalkuliert. Da kann man schon schwach werden. Berechtigt? Das sollte der Test zeigen.

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EinsatzbereichTour, Rennen
RahmenmaterialCarbon
GabelCarbon
Gewicht (o. Pedale)8,2 kg
Stack1 mm
Websitewww.ridley-bikes.co
Preis: 3.999 Euro

Steckbrief: Ridley Fenix SL Classics

André Greipel prügelte ein Ridley Noah über die Zielgeraden der World Tour-Rennen, bevor er für Fortuneo-Samsic fuhr. Aber wenn das belgische Lotto-Soudal Team die harten Kopfsteinklassiker bestreitet, nimmt es das Ridley Fenix SLX. Der belgische Hersteller Ridley sponsert den Rennstall Lotto-Soudal aus dem gleichen Land. Er gibt via Schriftzug auf dem Oberrohr die Devise für die Teamfahrer vor: #BEtough steht im Blickfeld genau vor dem Vorbau. Durchhaltewillen bei jedem Wetter auf jeder Art von Straße oder Weg ist gefragt. Dem Ridley Fenix kommt bei dieser Mission die Rolle des Allround-Roadbikes zu, etwas Endurance orientiert und nicht zu hart soll es sein, aber immer noch renntauglich.

# #BEtough auch am Ridley Helium vom Maxim Montfort bei Liége-Bastogne-Liége '18...
# ...aber für den Nachwuchs hat er auch ein weiches Herz

Diashow: Endurance für Tough Guys
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Den Einstieg in die Disc-Modellreihe bildet das Fenix SL mit 105er Mix. Die limitierte Team-Replica, die wir getestet haben, rangiert am oberen Ende des Spektrums. Gleichwohl ruft Ridley für das Modell mit Carbon-Aero-Laufrädern der Hausmarke Forza faire 3.999 Euro auf. Es soll allerdings auf 100 Stück limitiert sein. Das gruppenmäßig vergleichbare, unlimitierte Modell von 2018 rollt auf 4ZA Cirrus Alu-Laufrädern mit Carbon-Verkleidung und steht für 3.399 € in der 2018er Preisliste, dürfte aber wegen der schwereren Laufräder auch etwas mehr auf die Waage bringen als das mit 8,2 kg weder besonders leichte noch schwere Testrad.

Ausstattung: rennorientiert

Das Highlight des Ridley Fenix SL Classics ist sicher das limitierte Set von Carbon-Rahmen und passender Gabel. Das Set gleicht den Rädern der Pros und wirft damit schon im Kopfkino den Rennmodus an. Teambikes bekommt man sonst nur gebraucht im Outlet-Shop der Belgier.

# Modellname am Unterrohr
# Der Rahmen erfüllt die UCI Kriterien
# Auch wir haben auf Kopfsteinpflaster getestet
# Tief angesetzte Sitzstreben - Der Hinterbau wirkt extrem steif
# Hält sicher - Sattelklemmschelle am Carbon-Sitzrohr

Der Löwe Flanderns auf der Kettenstrebe verweist auf die Klassiker. Technisch entspricht das sauber verarbeitete Rahmenset dem Serienmodell. Markant ist das leicht geschwungene Oberrohr. Tiefer angesetzte Sitzstreben sollen den Hinterbau versteifen und gleichzeitig etwas Flex des Sitzrohrs erlauben. Das Unterrohr ist unten schmal und weitet sich nach oben zum Flaschenhalter auf. Die Sattelklemmung erfolgt konventionell über eine Schelle. Sie sorgte für einen sicheren Halt der Deda Zero 100 Alustütze auch auf den längeren Kopfsteinpflasterpassagen unserer Teststrecke.

Mit den Vittoria Corsa Reifen und den Hochprofil-Laufrädern sieht das Ridley Fenix SL in der Classics Edition schon im Stand „Pro“ aus. Während die Profis Vittoria-Schlauchreifen fahren – im Fernsehen häufig erkennbar an der weißen Flanke – sind hier Faltreifen montiert.

Daten Ridley Fenix SL
RahmenHM UD Carbon, 2x Flaschenhalter, 142 mm, Steckachse
GabelHM UD Carbon, 1 1/2-1 1/8-Zoll A-Head, 100 mm, Steckachse
Gewicht8,2 kg (gewogen ohne Pedale), M
Entfaltung2,71 - 9,97 m pro Kurbelumdrehung
Zulässiges Gesamtgewicht (Rad & Fahrer)Fahrer: 95 kg
SchalthebelShimano Ultegra RD-8000 2x11
Umwerfer / SchaltwerkUltegra RD-8000/ Ultegra RD-8000 Shadow
Kurbel / ZähneRotor 3D30 / 52-36T
Ritzel / ZähneShimano 105 / 11-28T
InnenlagerPF30
KetteKMC 11-Speed
Bremsen Shimano Ultegra R-8070 hydraulische Disc 160/160 mm
LaufradsatzForza R45 Carbon / DT Swiss 350 Naben, 24/24 Speichen
Reifen / GrößeVittoria Corsa, 25-622, alt
LenkerDeda Zero100, Alu, oben 420 / unten 420 mm breit
VorbauDeda Zero100, Alu, 110 mm lang
SattelSelle Italia SLS Team Edition
SattelstützeDeda Zero100, Alu, 27,2 mm
BesonderheitenTeam-Lackierung, limitiert auf 100 Stück

Ridley wählt am Fenix SL die mechanische Ultegra 2×11-Gruppe mit hydraulischen Disc-Bremsen, wobei hinten eine 140 mm Scheibe für gut dosierbare Verzögerung sorgt – eine gute Wahl für die meisten Gelegenheiten. Die Kassette stammt aus der Shimano 105er Gruppe und ist sportlich abgestuft, auch ein Tribut an den Pro-Charakter. Die gewählte Rotor 3D plus Kurbel spart noch einmal etwas Gewicht gegenüber dem Ultegra-Original, dafür muss man beim Schaltverhalten minimale Abstriche machen.

# Der „Pro“-Look schon im Stand
# Hohe Lenkpräzision - Steuerrohr und Gabel übertragen die Lenkbefehle wie gegeben
# Nur am Classics Sondermodell - Deda Zero100 Vorbau und Lenker
# Robust und recht leise - DT Swiss 350 Hinterradnabe in den 4ZA Carbonlaufrädern
# Lief leicht und bot sehr guten Gripp - Den Vittoria Corsa in 25 mm gibt es nur am Classics Sondermodell

Geometrie: Endurance der schnellen Sorte

Seine belgischen Produzenten weisen das Ridley Fenix SL als Endurance Roadbike aus. Aber Belgier, besonders die, welche wie Ridley im flämischen Teil des Landes beheimatet sind, dürfen in Sachen Radsport als etwas zäher gelten. Das deutet der Hashtag auf dem Oberrohr ja schon an. Man darf vermuten, dass „BE“ auch für Belgien steht.

Für ein Allround-Bike ist die Auslegung sehr agil. Relativ kurze Kettenstreben, ein sehr steiler Lenkwinkel, ein eher mäßig abgesenktes Tretlager – die Geometrietabelle weist das Ridley Fenix SL nicht als reinrassiges Endurance-Roadbike aus. Eher scheint in den Daten, die für ein wendiges Fahrverhalten sprechen, die Rennorientierung durch. Letzte Klarheit bringt ein Blick auf den STR-Wert, also das Verhältnis von Stack zu Reach. Hier liegen die kleinen Rahmengrößen bei schon richtig wettbwerbsmäßigen Werten unter 1,4. Erst die ganz großen Größen erreichen die komfortableren Werte um 1,5.

Rahmenhöhe cmXXS / 48 XS / 51S / 54M / 57L / 60XL / 63
Sitzrohrlänge mm450480510540570600
Oberrohr horizontal mm515525545565585600
Steuerrohr mm107127142172202227
Lenkwinkel Grad71,872,073,073,573,574,0
Sitzwinkel Grad757473,573,072,572,5
Kettenstrebe mm410410410410413413
Tretlagerabsenkung mm686866666363
Radstand mm97597598299210101019
Stack mm507527542573599624
Reach mm379374384392396402
STR1,331,401,411,461,511,55

Dabei wird der Sitzwinkel flacher und der Lenkwinkel steiler zu den großen Größen hin. Das ist gut so, denn auf diese Weise rücken Lenker Sattel weiter auseinander, wenn man sie höher positioniert. Das wiederum kommt größeren Fahrern in der Regel entgegen.

# An den Bremsgriffen ist die Sitzposition schon recht tief

In Sachen Ergonomie fällt der runde Deda Zero100 Lenker auf, der am Oberlenker nicht so bequem wie oben abgeflachte Modelle ist. Dafür ist der Übergang des Modells zu den STI-Griffen der Ultegra so flach wie die Landschaft beim Scheldeprijs. Das bringt in jeder Handhaltung bequemen und sicheren Zugriff, auch in den Bögen. Aus der Unterlenkerposition heraus sind die Hebel auch für kleinere Hände gut zu erreichen.

Auf dem Kurs

Wie löst das Ridley Fenix SL Classics nun sein Profi-Versprechen ein? Zunächst mit einem starken Antritt. Das Verhalten unter den ersten Pedaltritten reizt zum Schnellstart. Es geht direkt nach vorne. In dieser Hinsicht gleichen sich zwar die meisten modernen Mittelklasse-Rennräder. Aber die steifen, recht leichten Carbonlaufräder und der unnachgiebige Rahmen des Ridley Fenix lassen es insgesamt noch reaktionsfreudiger wirken.

# Härtestest: Kopfsteinpflaster rauf...
# ...und runter
# Ungewöhnlich kombiniert, aber überzeugend - Sram Bremsscheiben mit Shimano Ultegra Disc-Bremssattel
# Der Sattel trägt viel zum gefühlten Komfort bei...

Auch die leicht gestreckte Sitzposition lädt nicht gerade dazu ein, es ruhig angehen zu lassen. Zwar ordnet Ridley das Fenix SL Disc selbst als das „typische Allround-Bike“ ein. In der näheren Charakterisierung als „perfekte Mischung aus Leistung, Gewicht, Festigkeit, Steifigkeit“ fehlen aber wahrscheinlich nicht ohne Grund Worte wie „Gelassenheit“ und „Laufruhe“.

Das Fenix will schnell gefahren werden, auch in Kurven. Die Kombination aus viel Gewicht über dem Vorderrad, einer extrem seitensteif wirkenden Gabel und einem in dieser Hinsicht ebenfalls starken Vorderrad addiert sich zu einer sehr präzisen Lenkung. Auf den kurzen, aber zahlreichen und kurvenreichen Abfahrten der Teststrecke sorgt das für gesteigertes Fahrvergnügen. Enge Kurven oder schnelle lange Bögen – das Fenix fühlt sich zuhause. Die sehr gute Griffigkeit der Vittoria Corsa Reifen (nur bei trockener Straße getestet) trägt ihren Teil dazu bei. Ebenso wie die hydraulischen Ultegra Disc-Bremsen, die einen exakten Druckpunkt bieten und auch mit dem montierten Rotor von SRAM kräftig zupacken. Als gute Wahl für die maximal 85 kg schweren Testfahrer zeigte sich dabei die 140 mm-Scheibe hinten. Sie macht das dosierte Bremsen mit dem Hinterrad ohne Blockaden einfacher. Ridley erlaubt maximal 95 kg schwere Fahrer, für die das Setup ebenfalls noch ausreichende Reserven bieten dürfte.

# An steilen Anstiegen zuhause - Weder am Cockpit noch am Rahmen ist im Wiegetritt Verwindung spürbar

Hier gibt es die Standard-Testfahrt auf Strava

Auch beim starken Ziehen am Lenker und an kurzen Steilstücken ist das Ridley richtig in seinem Metier – die Hellinge der Flandernrundfahrt lassen grüßen. Die Rennrad-News Teststrecke enthält ein Teilstück mit vielen steilen Wellen, das dem Fenix entsprechend gut liegt. Für Alpenmarathons ist die gewählte Grundübersetzung von 52-36 zu 11-28 nicht optimal, im Mittelgebirge aber genau passend. Bei der Testfahrt wurde auf dem längsten Anstieg mit anschließender Abfahrt der persönliche Rekord eingestellt.

Spannend war natürlich, wie sich das Ridley Fenix SL auf dem Pavé schlägt. Die Teststrecke hat in dieser Hinsicht verschiedene Varianten zu bieten: von der eher harmlosen gleichmäßigen Sorte bis zu großen Steinen mit großen Lücken in beinahe Paris-Roubaix-Dimension. Während sich auf ersterem noch etwas wie ein Komforteindruck einstellte, zeigte das Fenix auf Letzterem doch eine gewisse Härte. Speziell die Hände werden wegen des steifen Cockpits und der Gabel zumindest nicht mit besonderer Milde behandelt. Dagegen schlucken der Hinterbau und der gut gedämpfte Sattel etwas besser die kleinen Schläge.

Tuningtipp: Mit einer komfortableren Carbonstütze ließe sich das Fenix SL in diesem Punkt wohl auf das Niveau auf Komfort ausgelegter Marathonrenner heben. Positiv fiel auf, dass das Rad auch auf dem Pflaster ruhig läuft und an keiner Stelle Klappergeräusche erzeugt.

# Am Unterlenker sitzt man richtig flach - Der Lenker hat viel Drop

Haltbarkeit

Während der Testphase mit rund 240 km, die von zwei verschiedenen Testern gefahren wurden, blieb das Ridley Fenix SL Disc vollkommen unauffällig. Weder kam es zur Reifenpannen, noch entwickelten sich Knarzgeräusche, was auch nicht zu erwarten ist. Im Rahmen verlaufende Züge und Hydraulikleitungen sehen nicht nur „clean“ aus, sondern erleichtern auch das Fahrradreinigen. Von den eher auf Leichtlauf und Griffigkeit optimierten Reifen sind keine Laufleistungswunder zu erwarten. Die Verbindung von Alustütze im Carbon-Sitzrohr erfordert prinzipiell etwas mehr Aufwand bei der Vermeidung von Kontaktkorrosion als reine Carbon-Carbon-Kombinationen. Ridley gewährt eine freiwillige 5-jährige Garantie auf den Rahmen und die Gabel für Erstkäufer. Damit bewegen sich die Belgier eher im unteren Mittelfeld des Marktes.

# Breitschultrige Gabel und sauberer Übergang zum Steuerrohr
# Unterrohr im Stil der Zeit

Rennrad-News Fazit

Für Fans der belgischen Klassiker ist das Ridley Fenix SL Disc Classics schon wegen seiner limitierten Team-Lackierung interessant. Auf Klassikerterrain mit kleinen Bergen macht es viel Freude und glänzt mit messerscharfem Handling. Unter den Allround-Rennrädern ist es eher der Typ für Tempobolzer und Rouleure als für Marathons im alpinen Bereich. In der Edition gibt es eine hochwertige Ausstattung für wenig Geld, aber auch das 2018er Serien-Modell für 3.399 ist fair kalkuliert.

Pro / Contra

Pro

  • verwindungssteifes Rahmen- und Gabelset
  • echte Race-Gene
  • gutes Preis-Leistungsverhältnis
  • hohe Fahrdynamik
  • robuste, schnelle Carbonlaufräder
  • sehr gute Bremsen
  • viele Rahmengrößen

Contra

  • für ein Allround-Rennrad eher geringer Komfort
  • relativ niedrige Gewichtszulassung
  • in der getesteten Ausstattung limitiert
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