Tach auch, dann erzähle ich halt auch noch was...
Eigentlich ist es so gekommen, wie ich es ganz am Anfang dachte:
Volle Pulle losfahren, Gruppe genießen, Speed genießen, irgendwann am Turchino dann langsamer werden und es irgendwie ins Ziel schaffen.
Und genau so wars!
Allerdings hatte ich mir zwischendrin (zB. nach dem Griesheim Marathon und RudFEF) etwas mehr versprochen, dachte "Mensch, das Training im Winter hat sich wirklich gelohnt", immerhin kam ich auf knapp 4000 "Winterkm" (1.11. bis 20.5.).
Verunsichert war ich vorher eher von den Verpflegungsstories, als von den Geschichten über enges Gerase und die Unfallgefahr. Deswegen habe ich mich entschieden, mit Rucksack zu fahren, hatte meine Extra-Verpflegung dabei: Riegel, Gels, Brötchen, Banane, 2Liter Trinkblase.
Also gut gewappnet rein ins Getümmel und schauen was passiert.
Nachdem Torsten und ich am Start etwas weiter hinten standen, konnte ich mich sehr schnell nach dem Start zu Hauke und Florian nach vorne arbeiten. Das enge Fahren empfand ich gar nicht so eng, ich fuhr meistens ganz links, da war am meisten Platz. Links durch die Kreisel, links an den Autos vorbei, das ging eigentlich alles. Das immer wiederkehrende
Bremsen und wieder Beschleunigen nach Engstellen (Abbiegeschleifen, Gegenverkehrautos, Pinkelstehenbleiber) hat am Anfang sehr viel Spaß gemacht, wurde dann aber doch anstrengend. Trotzdem konnte ich mich immer wieder gut verstecken, hatte den Endruck, nicht zu viel Körner zu lassen. Ich schob den hohen Puls (160 bis 170) auf die Aufregung. Außer Gels und ab und zu nen Schluck trinken, ging nix. Stürze habe ich mindestens zehn unmittelbar mitbekommen, es war immer in der Fahrbahnmitte, wo man nicht ausweichen kann. Meistens wars vorhersehbar...
Glück gehört natürlich auch dazu, bei mir wurde es nur einmal richtig knapp, und da bin ich halt seitlich ins Feld ausgewichen, kleine Laufeinheit, Rad die Böschung wieder hochschieben und weiter gings. Nach knapp drei Stunden merkte ich dann aber doch die Belastung und konnte auch nicht mehr so wirklich spritzig nach Bremsmanövern beschleunigen. Da habe ich mich dann von Hauke und Florian verabschiedet. Nach 3 Stunden hatte ich 120km aufm Tacho und wußte, das es schwer wird...
An der Verpflegung bei 135km bin ich vorbei gefahren, da standen mir viel zu viele Leute rum und ich hatte ja meinen eigenen Kram dabei, immerhin war ja bei km 200 die nächste...
Ein bisschen komisch wurde mir dann aber doch in der Magengegend, die tendenzielle Überanstrengung, bis jetzt nur Gels eingeworfen, das fand der Magen nicht so dolle...
Also bin ich langsamer weiter gefahren, außerdem ist der Passo del Turchino durchaus mit einer nennenswerten Steigung zu erklimmen, ich brauchte jedenfalls mein kleines Kettenblatt und hatte noch nicht mal mehr eine zwei vorne auf dem Tacho stehen. Oben habe ich dann nach dem Tunnel eine Pause gemacht, einen Riegel gegessen, gepinkelt und da hat mich Torsten überholt, bevor ich was rufen konnte, war er schon durch...
Nach dem Gedränge bisher wurde es schlagartig ruhig, auf der Abfahrt war ich komplett alleine, auch danach von Genua die Küstenstraße entlang - kaum eine Menschenseele aufm Rad unterwegs, ab und zu überholte mich einer, aber die waren mir meist zu schnell..
Die flache Küstenstraße ist übrigens nicht flach, wir hatten zwar Glück mit dem Wind, der kam anfangs von der Seite, mal schräg von vorne, mal schräg von hinten, das befürchtete Gegenwindmassaker wars auf keinen Fall. Aber es ging immer wieder hoch und runter, oft nur 10, 20 oder 50 Höhenmeter - für mich war das anstrengend genug. Ich sehnte die Verpflegung herbei. Gut gekennzeichnet in einer Art Boxengasse neben der Straße gabs dann die "Vollverpflegung" - ich nahm Cola, Wasser, Kuchenstückchen, Bananen, Orangen zu mir und blieb fast ne halbe Stunde sitzen. Danach fuhr ich mit Johnny (auch aus dem Kulessa-Bus) weiter, wir harmonierten ganz gut und mit Hilfe einer Bande von Belgiern gabs sogar kurzzeitig wieder ein bisschen Gruppengefühl. Bis die anhielten, weil sie ihre Privatverpflegung erreicht hatten, also wieder zu zweit weiter...
Ortsdurchfahrten mit streunenden Strandgängern, blinden Müttern, die ohne zu gucken über die Zebrastreifen liefen und ja, ich habe an den meisten roten Ampeln gehalten, mir war das zu gefährlich für die paar Sekunden Zeitvorteil da was zu riskieren...
Auch an der 250er Verpflegung auf dem Capo Cervo haben wir wieder ein bisschen ausgiebiger Pause gemacht, gegessen, getrunken, gepinkelt und haben mit einem gewissen Fatalismus die letzten knapp 50km in Angriff genommen, wohl wissend, daß da noch was kommt...
Capo Berta, Cipressa und Poggio boten dann auch Gelegenheit, ganz links zu ketten und wohl dosiert den Krampf vermeidend der Hügelspitze entgegenzuschweben - es war schon ein bisschen entrückt, der Zustand.
Die Abfahrten waren leider nicht so krachend, zwar schöne enge Kurven und kein Schwein unterwegs, aber es hatte wieder leicht zu regnen angefangen, da wollte ich nichts riskieren.
Auf den letzten km lotsten uns dann die besagten Helfer mit den roten Fahnen ins Ziel und dann hatten auch wir es geschafft.
298km, 10:27h, reine Fahrzeit 9:35h, 31,0 Schnitt, 505. von 678 ins Ziel gekommenen, 148Durchschnittspuls, 7 Liter getrunken, 2 Brötchen, 5 Riegel, 8 Gels, 2 Bananen, 5 kleine Küchelchen gegessen.
Das Drumherum war quasi perfekt, das haben die anderen ja schon beschrieben, die Orga von Günther Kulessa ist wirklich spitze.
Das Drumherum mit Torsten, Florian und Hauke war super angenehm, da hätte ich gerne mehr davon gehabt, mehr entspannte Espressi, mehr Zeit zum Rumgucken - das war ein bisschen schade, daß das alles so schnell vorbei war.
Fazit: Ich habe mir einen Traum erfüllt, dieses Monument des Radsporrrts wollte ich unbedingt fahren. Gesund geblieben, Spaß hat´s gemacht, davon werde ich noch lange zehren und erzählen...nochmal fahren? - eher nicht, wer weiß, es gibt noch so viel andere schöne Strecken.
Danke an Torsten, Florian und Hauke, an Johnny und an Günther
Mehr gerne beim nächsten Stammtisch.
Viele Grüße
Peter