Ich habe selber schon -zig Schäden beseitigt, die auf unsachgemäße Montage zurückzuführen war. Nicht selten, weil Schraubverbindungen mit vollem Körpereinsatz angezogen wurden, aber auch nicht gerade selten, weil irgendjemand meinte, mit dem Dremo wird das schon richtig sein, auf Maximum eingestellt und: ".....gib ihm....." Und gerne mal Einstellschrauben, für die es eigentlich gar keine Vorgabe gab.
(....)
Schlechte Toleranzen kann auch ein Dremo nicht beheben.
Ich möchte mal ganz (und bewußt) ketzerisch sagen, mittels
Drehmomentschlüssel sind im Fahrradbereich vielleicht mehr Schäden entstanden als ohne: Ein maximales Drehmoment steht halt auf einem Bauteil drauf, das wird am Schlüssel eingestellt und dann Hau-Ruck. Überehte Schraubenköpfe sind dann noch der freundlichste Unfall. Haupsache der Hersteller hat sich von jeglicher Haftung freigekauft (wahrscheinlich die wirkliche Ursache des Drehmomentwahns: US-amerikanisches Haftungs-"Recht".
Damit wir uns nicht falsch verstehen: korrekte Drehmomente sind wichtig, so z. B. bei den Rädern am Auto. Hier sind die Unterschiede, aber auch und vor allem die Anzugsdrehmomente so, daß man das nicht nach Gefühl hinbekommt. Aber am Fahrrad? Da feiert der technisch behauptete (aber nicht technisch begründete!) Objektivierungswahn von Jungautoren und Redaktionspraktikanten Urständ. Wir sind nicht auf dem Weg in eine Hosenscheißergesellschaft, wir sind eine.
Auch ich besitze
Drehmomentschlüssel. Und ich habe mir einmal den Spaß gemacht, die vorhandenen Schraubenverbindungen mittels Schlüssel nachzumessen. Allgemeine private (meine!) Erkenntnis: Alles war ungefähr mit 2/3 des maximal Möglichen angezogen (hat aber über Jahre, teilweise Jahrzehnte) gehalten. Die Hau-Ruck-Methode ("wird schon stimmen, auch wenn sich das komisch anfühlt) habe ich genau zweimal angewendet, ein erstes und ein letztes mal, dann war der Schraubenkopf hinüber; ich hätte es wissen bzw. spüren sollen.
Ach ja, Karbon. Religion verschwindet ja nach und nach aus dem Alltag. Taufen, Hochzeiten etc. geht ja mittlerweile (schönerweise) alles ohne Pfaffen. Das Bedürfnis nach Glauben an höhere Entitäten (die man nicht verstehen KANN) scheint aber ungebrochen zu sein. Früher war es Jahwe, Jehova, Jesulein, der Kaiser, was weiß ich, jetzt ist es Karbon - das hat offensichtlich auch völlig nichtintelligible Eigenschaften. Nähern darf man sich nur rituell, auf allen Vieren kriechend, besser noch auf dem Bauch, aber immer mit dem
Drehmomentschlüssel zwischen den Zähnen*. Sonst wird das Heilige Karbon nämlich böse und schickt den Karbonwurm in's Gedärm, ähmen, in's Geröhr.
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*Hier hätte ich noch eine andere Annäherungsstellung anzubieten, bei der sich der Adorant ebenfalls auf allen Vieren bewegt, den
Drehmomentschlüssel allerdings nicht zwischen den Zähnen, sondern an (besser: in) einer eher entgegengesetzten Körperöffnung lokalisiert. Vielleicht kommt hiervon auch die Redewendung "der
Drehmomentschlüssel wackelt mit dem Radfahrer"? Weiterverfolgen wollen wir das nicht, weil die Anschlußdiskussion ("Galli-Lagerfett-Jetzt-In-Durchfallgrün" oder doch das dorfpfaffengesegnete Salböl in der bläulich schimmernden Lourdes-Ampulle zu 47,90 Euro der Tropfen?) den nächsten Religionskrieg am dunklen Horizont des untergehenden Abendlandes provozierte.
In diesem Sinne
Hans