Manch Autofahrer ist sonderbar. Ganz besonders der eine heute morgen in der Lothringerstraße in Aachen.
Die Lothringerstraße ist eine schmale Seitenstraße, die bald Aachens erste Fahrradstraße werden soll. Bis jetzt noch wird sie links und rechts beparkt. Bis zur Hälfte ist sie eine Einbahnstraße. In der Mitte gibt es dann auf der linken Seite eine Parkhausausfahrt, ab der dann die Straße in beide Richtungen mit Autos befahren werden darf.
Ich fahre also heute morgen gemütlich den Einbahnstraßenteil entlang und lasse die Gedanken schweifen. Wie sich in Zukunft das Radfahren auf der Fahrradstraße wohl anfühlen wird, wenn der linke Parkstreifen dafür weggefallen ist. Dass erst der Aufschrei gegen die wegfallenden Parkplätze da war und als dieser verhallt war, dann das Jammern einsetzte, weil auch vier Bäume gefällt werden sollen, für die es sechs Neupflanzungen geben wird. Weshalb man unbedingt an der Parkhauszufahrt festhält, obwohl man mit der Schließung dieser einen Zufahrt viel Auto- und Schleichverkehr aus der Straße heraushalten könnte. Die Gedanken schweifen...
Just in diesem Augenblick fährt noch eilig ein Kleinwagen aus der Parkhausausfahrt knapp vor mir heraus, um gleich schon wieder zu
bremsen, weil der PKW davor herumbummelnd die Bremslichter leuchten lässt. Vielleicht ist dieser auf Parkplatzsuche am rechten Straßenrand? Keine Ahnung. Irgendwann fährt er und mein drängeliger Kleinwagenfahrer hat freie Fahrt.
Jede Omma ohne Pedelec hätte bei diesem Tempo vermutlich schon die Augen gerollt. Wäre ausreichend Platz vorhanden und hätte ich es eilig, dann würde ich mich links daran vorbeimachen. Da aber beides nicht vorhanden ist, rolle ich gelangweilt hinterher.
Fast Schritttempo. Er blinkt nach rechts. Langsam fährt er immer weiter nach links auf die Gegenspur. Blinkt weiterhin nach rechts. Ich bleibe dahinter und bin gespannt, was das werden soll. Zwei Ideen habe ich. Idee eins: Er holt groß aus, um nach rechts in die nächste Straße abzubiegen. Idee zwei: Irgendwo zwischen den parkenden Autos ist eine schmale Hof- oder Garageneinfahrt, die ich nicht kenne und die er nun anpeilt. Jedenfalls scheint beides schwierig zu treffen zu sein.
Dann bleibt er auf der linken Fahrspur nach rechts blinkend stehen. Ich bleibe auch stehen. Fuß auf dem Boden. Warten. Länger warten. Dann beginnt der Herr Leone - manchmal schäme ich mich für ihn - laut zu moppern: "Ich bin ja schon gespannt, was das hier werden soll! Nicht jeder hat so viel Zeit an einem schönen Morgen wie diesem! ..."
Endlich kommt wieder Bewegung ins Spiel. Der Kleinwagen wagt langsam den Bogen in die abgehende Nebenstraße, gleichzeitig senkt sich das Seitenfenster. Lungenfunktions- und Hörtest waren erfolgreich. Jetzt ist er an der Reihe:
"Ich hätte dich ja vorbeigelassen. Idiot."
Selten so gelacht. Wie konnte ich nur davon ausgehen, dass es sich bei diesem freundlichen Angebot um eine perfide Falle handelt?