AW: Alte Sättel im neuen Gewand
Und noch einer: Oller Turbo Special.
Decke runter, das kennt man ja. Dieses Mal aber auch das Polster entfernt und die Kante seitlich etwas abgeschnitten; jetzt wird die Schale dünnergeschliffen wie einst beim Meister Smolik. Die Löcher sind da, um die Schalenstärke im Blick zu behalten.
Ritscheratsche ritscheratsche...
Je gröber und schärfer das Werkzeug, desto schneller und leichter geht es! Das hier ist übrigens eine Karosseriefeile.
Die Schale gleichmäßig um die Hälfte dünner schleifen bis auf ca. 1,5 mm Stärke. An den Sitzknochen und im Dammbereich genügt sogar 1 mm, jedenfalls bei Fahrern bis ca. 80 Kilo.
Immer wieder kontrollieren, dass es nirgends zu dünn wird - kaputt ist kaputt und eine durchgeschliffene Stelle wäre das Ende des Sattels. Nach Raspel oder Feile folgt 40er Schleifleinen, am besten von einem Bandschleifer (hält länger). Wer ein solches Gerät hat und mutig ist, kann auch direkt mit Bandschleifer oder Powerfeile dran gehen, dabei wird der Sattel aber heiß und kann schmelzen.
Ende der Schleiferei, zum Schluss nochmal mit feiner Feile oder 120er Papier drübergehen.
Ach ja, Sinn der ganzen Übung:
Polster reibt und drückt sich zusammen, während eine dünne Schale gleichmäßig flext/federt. Das ist gerade auf langen Strecken deutlich angenehmer, siehe Brooks Kernledersättel - im Grunde genommen kopiert man deren Eigenschaften so mit einem Plastiksattel.
Und keine Bange: Ich fahre so ein Ding seit 1990 ohne jedes Problem mit ca. 75 Kilo. Einfach nur angenehm, nie wieder wunde Stellen oder Druckstellen gehabt.
In diesem Fall habe ich mich für ein Neopren-Notpolster entschieden, nötig ist das aber nicht. Die Hinterkante hätte ohne Polster etwas zu dünn und eckig gewirkt, finde ich.
Jetzt kommt wieder die Pattex-Schmiererei...
Sattel und Neopren gleichmäßig einpampen und 10 Minuten liegen lassen.
Der Sattel mit der bereits verschliffenen Notpolsterung. Alles schön verrunden und vor allem an den seitlichen Rändern nicht zu dick werden lassen.
Hier fehlen ein paar Schritte, aber die hatten wir oben ja schon.
Und so sieht der Turbo anschließend aus:
Natürlich müssen die Blechschilder wieder dran!
Leider hatte das rechte bereits ab Werk schiefe Nasen, das konnte ich auch mit größeren Löchern in der Schale nicht völlig ausgleichen. Schade.
Die Nase hatte ziemliche Falten und ich habe das mit einem weiteren Streifen Kunstleder kaschiert, die Kante verschwindet unter den Blechschild.
Rechts und links sieht man natürlich, wo der Streifen endet. Ein paar winzige Tropfen Sekundenkleber in den Rand laufen lassen und fest andrücken, dann wird das beinahe glatt - hoffentlich hält's.
Hinten ging es dieses Mal eigentlich mit den Falten, die ganz üblen sind hier schon aufgeschnitten und plattgedrückt. Das linke Schild passt zum Glück richtig.
Schlanker, bequemer und auch etwas leichter, von 370 auf 290 Gramm.
Bei einem anderen Exemplar habe ich die Spitze schräg abgeschnitten, dadurch sieht es wie eine Speedneedle aus (ist aber viel älter!). Mit dünnem Leder und ohne Notpolster sind 250 g machbar, mit Titangestell vom Flite unter 200. Den Special finde ich einfach schön, nur ab Werk halt deutlich zu fett!
Hehe, der kommt selbstverständlich nicht auf ein modernes Rad!
Die Nase finde ich ein wenig zu klobig - aber spitz abgeschnitten bleibt man manchmal mit der Hose dran hängen, wenn man vom Wiegetritt zurück in den Sattel geht. Das wollte ich dieses Mal vermeiden.
Sieht komisch aus mit dem Gestell "bis auf Anschlag nach hinten"?
Klar, aber der Turbo hat tatsächlich einen viel kürzeren und weiter hinten liegenden Verstellbereich als moderne Sättel. Das Stahlgestell hält so was problemlos aus.
Jetzt ist es schon fast perfekt...
Im Hintergrund sieht man übrigens den anderen Special mit abgeschnittener Spitze.