Nun zu meinem Thema:
Zunächst einmal, Hartmut ist schuld.
Das ist mein Nachbar. Wir haben vor 6 Jahren (2005) direkt nebeneinander gebaut. Wie ich heute weiß, ein Glücksfall. Damals aber eben noch nicht.
Hartmut ist zugleich mein Hardware-Dealer und fährt jeden Morgen seine 13 km zur Arbeit. Abends natürlich auch wieder zurück (mit kleinen Umwegen).
So ist er schon einmal um die Erde und noch weiter mit seinem Kooga und Specialized und was er sonst noch so hat. Also, er (Hartmut) hat's drauf.
Ich hingegen bin vielleicht irgendwann mal in der Urzeit insgesamt so ca. 300 km Radgefahren. Das macht ein normal-deutscher Radfahrer im Jahresschnitt.
Ist ja auch nicht tragisch, denn ich war ja Fußballer. Genauer gesagt, Torwart. Jaja, ich war immer schon ein fauler Sack und laufen auch nicht so meine Stärke.
Dafür war ich aber gar nicht mal so schlecht. Immerhin Landesliga. Nach 35 Jahren aktiver Zeit auf dem grünen Rasen haben mich dann diverse Wehwehchen
dahingerafft (beide Knie kaputt, recht mit Kruezbandriss, zuletzt ein Sprunggelenkbruch rechts). Danach habe ich, dem Fußball ergeben, es als Schiedsrichter
versucht. Da musste ich aber feststellen, daß man entweder "stumpf" sein muss oder aber schmerzfrei. Beides kann ich getrost von mir weisen. Ich kann mich
noch gut an den Bruch im Gebälk erinnern. Und auf dem Platz hatte ich die besseren Sprüche als so mancher (Pseudo-) Profi. Also: FIN.
Danach war da erst mal gar nichts. Kein Sonntag mit verplemterter Zeit unnützen Sports. Kein Training am Dienstag oder Donnerstag oder öfter.
Kein Wind, kein Wetter. Nie mehr draußen frieren oder nass werden. Außer bei der Arbeit. Aber das krieg ich ja bezahlt.
Drei Jahre lang nichts tun. Nur Spazieren gehen mit AW (meine Frau). Mal um den See, mal durch's Dorf, meistens aber auch nicht. Echt nicht schlecht.
Dann kommt der Schuldige (also Hartmut) ins Spiel. "Sag mal, hast Du nicht Lust auf 'ne kleine Rund mit dem Rad?"
Es war Sommer (irgendwann im Juni 2009), schön warm mit viel Sonne dabei, AW noch bei der Arbeit und "einkaufen kann ich auch noch morgen".
'Ok' denke ich mir so, 20 km hätte ich schon Bock drauf. Also ab in die Radlerbuchse (die hatte ich schon, wollte ja schließlich immer mal Rad fahren),
das schicke Tchibo-Trikot dazu, Turmschuhe an (Klickpedale kannte ich noch nicht), den Aldi-Esel aus dem Stall geholt und ab ging es.
Ach ja, Hartmut denkt an alles. Auch an eine volle Trinkflasche für mich. Jo, irgendetwas hat mir da ja noch gefehlt. Dann ging's aber wirklich los.
Nach zwei Kilometern habe ich meinen Freund, den Nachbarn (Hartmut) gefragt, warum er denn so schnell fährt. Immerhin irgendwas über 20 Sachen.
Vielleicht hatte er nicht so viel Zeit? Oder ging es bei ihm die ganze Zeit gar bergab? "Oh, sorry. Habe ich ganz vergessen..." O-Ton Hartmut und grinst.
Schließlich fanden wir mein Tempo, doch als wir uns meinem Ziel von 20 km näherten, mußte ich feststellen, das wir weiter von zu Hause weg waren als ich
jemals zuvor war (außer zur Arbeit, aber da fahr ich ja auch mit dem Auto hin). Der Masochist da neben mir (also Hartmut) hatte meine verstörten Blicke
ob der Gegend, in der wir uns befanden (ich weiß bis heute nicht, wo das war) aber auch wegen der Entfernung zu meiner Couch wohl bemerkt und sagte
zeitgleich zu meinen Gedankengängen: "Wir sind schon auf dem Rückweg." Ja, hoffentlich. Meine Pulle ist bald leer, Hunger hab ich auch und mein Hintern
tut mir weh.
Anmerkung meinerseits: Das alles gab es beim Fußball nicht !
Nach unendlichen 45 km und gefühlten 8 Stunden (tatsächlich waren es etwas über zwei Stunden und ein Schnitt von sagenhaften 21,7 km/h) war ich wieder
zu Hause. Welch ein Glück, so weit weg war es dann doch nicht. Nach einer heißen Dusche und gutem Essen trafen wir uns noch auf eine Flasche Bier,
oder auch zwei. Als ich mir genüsslich eine Zigarette gönnte sagte Hartmut lächelnd: "Können wir gerne öfter machen."
Ja, sicher. Nächstes Jahr vielleicht, dachte ich mir leise.
So lange sollte es aber nicht dauern.
Bis dann