Ich versuchte, ihn zu finden am Kreuz der Christen, aber er war nicht dort. Ich ging zu den Tempeln der Hindus und zu den alten Pagoden, aber ich konnte nirgendwo eine Spur von ihm finden. Ich suchte ihn in den Bergen und Tälern, aber weder in der Höhe noch in der Tiefe sah ich mich imstande, ihn zu finden. Ich ging zur Kaaba in Mekka, aber dort war er auch nicht. Ich befragte die Gelehrten und Philosophen, aber er war jenseits ihres Verstehens. Ich prüfte mein Herz, und dort verweilte er, als ich ihn sah. Er ist nirgends sonst zu finden.
Du hast eine Aufgabe zu erfüllen. Du magst tun was du willst, magst hunderte von Plänen verwirklichen, magst ohne Unterbrechung tätig sein – wenn du aber diese eine Aufgabe nicht erfüllst, wird alle deine Zeit vergeudet sein.
Bald bin ich licht, bald bin ich trüb,
bald hart, bald weich, dann bös, dann gut.
Bin Sonn und Vogel, Staub und Wind,
so Mond als Kerze, so Strom wie Glut,
bin arger Geist, bin Engelkind -
Alles, alles ist gut.
Sind die Liebenden beisammen,
alles anders ist;
Trunkenheit vom Wein der Liebe
völlig anders ist.
Jenes Wissen, das an Schulen
man erlernen kann,
anders ist als jenes Wissen,
das die Liebe ist.
Glaubst Du, dass ich weiß, was ich tue?
Dass ich auch nur einen Atemzug lang
oder einen halben mir selbst gehöre?
So wie eine Feder weiß, was sie schreibt,
oder der Ball ahnen kann, wo er hinrollen wird.
Liebende sehen die Dinge so, wie sie wirklich sind.
Denn sie sehen mit der Klarheit des göttlichen Lichts,
und ihre Liebe spricht die Mängel frei.
Du bist der Schreiber und die Schrift bist Du,
Tint’ und Papier und Schreibestift bist Du.
Du bist die Sternenschrift am Himmel dort,
im Herzen hier die Liebeschrift bist Du.
Das Blatt, das treibt, das ausgetriebne Lamm,
der Trieb, der Treiber und die Trift bist Du.
Du bist die Ruh, die Unruh bist Du auch,
das Gift und auch das Gegengift bist Du.
Du Ebb’ und Flut, Windstill’ und Sturm und Meer;
Schiffbruch und Schiff, und der drin schifft, bist Du.
Was kann ich treffen? Was kann treffen mich?
Was trifft der Sinn, und was ihn trifft, bist Du!
Rumi