Die Idee von Aerobic Decoupling geht auf Friel zurück. Die Idee ist, dass man dadurch den Cardiac Drift "messen" und daraus Rückschlüsse auf die aerobe Fitness schließen kann. Diese Idee mag auf den ersten Blick überzeugend wirken, bei näherem Hinsehen zeigt sich aber, dass es eine Sackgasse ist. In Pubmed findet man unter "aerobic decoupling" keinen Eintrag, im Klartext: Es gibt nicht eine einzige Studie dazu. Es gibt also weder eine Validierung des Konzepts, noch irgendwelche wissenschaftlich abgesicherten Standards zur Messung und Interpretation, an denen man sich orientieren könnte. Wir wissen, dass es für das Phänomen Cardiac Drift vielschichtige Ursachen gibt und nicht alle etwas mit der aeroben Fitness zu tun haben. So wird der Effekt u.a. durch eine ermüdungsbedingte Abnahme des Schlagvolumens bedingt, sowie durch eine abnehmende Fähigkeit der Muskelzellen, Sauerstoff zu verstoffwechseln. Wie bereits
@CG82 dargelegt hat, ist der Cardiac Drift aber auch durch äußere Faktoren veränderbar, sodass sich irgendwelche Werte, wenn überhaupt, nur vergleichen lassen, wenn die äußeren Rahmenbedingungen, insbesondere Außentemperatur, Flüssigkeitsaufnahme und Nahrungsaufnahme weitgehend identisch sind. Schon die Pause mit Kaffee und Cola bei einer längeren Tour hat Auswirkungen auf die Hf und macht irgendwelche Vergleiche der Daten damit ggf. unmöglich.
Unter Strich ist "Aerobic Decoupling" daher ein weitgehend wertloses Konzept. Die von den Proponenten behaupteten Erkenntnisse über die Entwicklung der aeroben Ausdauer lassen sich auf andere Art meist besser und genauer ermitteln. Wer z.B. wissen will, wie gut man nach 4h Grundlagenfahrt noch performant, kann einfach seinen "Hausberg" hochfahren. Außerdem schlagen sich Verbesserungen der aeroben Ausdauer in einer Veränderung der FTP nieder. Man muss also nur die FTP austesten, statt auf die fragile Interpretation irgendwelcher Decoupling-Werte zu setzen. Und wer wissen will, wie gut die eigene Ermüdungsresistenz ist, kann das auch allein von Wattdaten beantworten, z.B., in dem man die MMP20 oder MMP30 testet, nachdem man z.B. schon 2500 oder 3500 kj an der Kurbel abgegeben hat. Die Aussagekraft solcher Analysen ist - anderes als beim Aerobic Decoupling - belegt.
https://www.outsideonline.com/health/training-performance/fatigue-resistance-research/
Das Konzept Aerobic Decoupling fasst einen sehr verlässlichen Indikator - die Leistung - mit einem für Verzerrungen und äußere Einflüsse sehr anfälligen und schwer zu interpretierender Indikator - der Hf - zusammen. Heraus kommt dabei natürlich erneut ein sehr unzuverlässiger und schwer zu interpretierender Indikator.