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BGH-Urteil erlaubt Dashcams als Beweis

Der BGH hat jetzt ein lang erwartetes Urteil zu Dashcams getroffen. Sie sollen als Beweismittel vor Gericht zugelassen sein. Viele Radfahrer erhoffen sich von den kleinen Kameras, die ständig den Verkehr filmen, Hilfe bei Unfällen oder Streitfällen, etwa wegen zu dichtem Überholen. Was bedeutet das BGH Urteil zu Dashcams für Radfahrer?

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Worüber wurde geurteilt?

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat darüber geurteilt, ob und unter welchen Voraussetzungen die Aufnahmen sogenannter Dashcams vor Gericht verwendet werden dürfen. Im Urteil mit dem Aktenzeichen VI ZR 233/17 ging es um einen Spurwechselunfall zwischen zwei Autofahrern. Einer der beiden hatte eine Dashcam im Auto angebracht. Es war ihm aber in den Instanzen zuvor nicht gestattet worden, die Aufnahmen zu verwerten. Der BGH stellte in diesem Fall höchstrichterlich können Gerichte weiterhin im Einzelfall treffen.

Was ist eine Dashcam?

Sogenannte Dashcams sind kleine Kameras, die das Verkehrsgeschehen vorn ständig filmen. Typischerweise werden dabei die Aufnahmen „geloopt“, also nach einer gewisse Zeit gelöscht, schon allein, um Speicherplatz zu sparen. Der Begriff „Dash“ – für Armaturenbrett – weist auf den Ursprung vom Autofahren hin.

Aber es gibt auch spezielle Dashcams für Radfahrer. In den Kommentaren des Tagesschau-Berichtes zum Thema sagt ein Leser bereits, „am Fahrrad werde ich mir sowas wohl einbauen müssen“. Der australische Hersteller Cycliq (Bild oben) etwa bietet Modelle an, die auch ein Vorder- oder Rücklicht integrieren. Im Geltungsbereich der deutschen StVZO dürfen diese Modelle schon wegen ihres Lichtes nicht eingesetzt werden. Denn jede lichttechnische Einrichtung am Fahrrad benötigt hier eine sogenannte K-Nummer – erkennbar an einem Wellenzeichen und dem Buchstaben „K“ auf dem Gehäuse. Generell ist Vorsicht geboten bei Kameras, die nicht wie Kameras aussehen. So rät der ADFC-Rechtsrefent Roland Huhn in der Zeitschrift Radwelt: „Besonders heikel ist nach der Rechtsprechung der Einsatz verdeckter Kameras. Darunter dürfte die unauffällige Helm- oder Lenkerkamera fallen. Dieser Aspekt kann bei der Abwägung über die Zulassung als Beweismittel in den Hintergrund treten, wenn schwere Verletzungen als Unfallfolgen aufzuklären sind“.

Sind Dashcams nach dem BGH Urteil erlaubt?

Das Urteil des BGH hat keine Erlaubnis zum Einsatz von Dashcams gegeben. Es stellt nur die Verwertbarkeit der Aufnahmen vor Gericht klar. Es besteht kein eigenes Gesetz zum Einsatz von Dashcams, sondern es greifen Datenschutz und Persönlichkeitsrechte. Die Pressemitteilung zum Urteil deutet jedoch an, was zulässig sein könnte: Dort heißt es: „Jedenfalls eine permanente anlasslose Aufzeichnung des gesamten Geschehens auf und entlang der Fahrstrecke des Klägers ist zur Wahrnehmung seiner Beweissicherungsinteressen nicht erforderlich, denn es ist technisch möglich, eine kurze, anlassbezogene Aufzeichnung unmittelbar des Unfallgeschehens zu gestalten, beispielsweise durch ein dauerndes Überschreiben der Aufzeichnungen in kurzen Abständen und Auslösen der dauerhaften Speicherung erst bei Kollision oder starker Verzögerung des Fahrzeuges.“ Ähnliches hatte bereits der Deutsche Verkehrsgerichtstag 2016 formuliert, der empfahl, dass eine Aufzeichnung anlassbezogen erfolgen soll oder „bei ausbleibendem Anlass kurzfristig überschrieben wird“.

Kann ich einfach die Actioncam zum Aufzeichnen nehmen?

Actioncams sind nicht verboten. Das ständige Filmen im Straßenverkehr verletzt potentiell die allgemeinen Persönlichkeitsrechte der Verkehrsteilnehmer. Die Daten, die erfasst werden, unterliegen dem Datenschutz. Die gefilmten Personen müssten darüber aufgeklärt werden, dass sie gefilmt werden. Das schließt schon der Vorgang aus. Actioncams besitzen in der Regel keine Einstellung zum automatischen Überschreiben der Daten nach einer gewissen Zeit. In der Praxis reicht häufig auch die Akkulaufzeit und/oder der Speicher nicht, um eine 100-km-Rennradtour vollständig zu dokumentieren. Für den Arbeitsweg hingegen genügt die Leistung theoretisch.

Bilder mit anderen Verkehrsteilnehmern sind auch im Hinblick auf die neue DGVO, die ab 25. Mai in Kraft tritt, problematisch. Wer den Verkehr filmt, mit dem Ziel Daten für Anzeigen zu sammeln, kann außerdem selbst bestraft werden. ADFC-Rechtsexperte Huhn: „Auch bei begrenzten Aufzeichnungen bleibt das Risiko, dass der Nutzer ein Bußgeld wegen des Verstoßes gegen Datenschutzbestimmungen zahlen muss“.

Meinung @Rennrad-News

Videobeweis im Fußball, seit diesem Jahr auch bei Sprintankünften – und jetzt auch im Verkehr? Das Urteil des BGH kräftigt eine Linie in der Rechtsprechung zu Dashcams, die es schon vorher gab: dass der Datenschutz nachrangig ist, wenn im konkreten Fall das Interesse der Allgemeinheit überwiegt. Es enthält keine Aussagen zur Erlaubnis von Dashcams generell. Also, kein Videobeweis im Straßenverkehr, aber eher kein Ausschluss als Beweismittel. Es gibt also mehr Sicherheit, dass vorhandene Aufnahmen vor Gericht tatsächlich verwertet werden dürfen. Da es sich bei dem Urteil um einen vergleichsweise kleinen Schadenswert handelte, kann man hoffen, dass auch bei kleineren Radunfällen mit typischerweise geringerem allgemeinen Interesse Videoaufnahmen vor Gericht zugelassen werden. Wünschenswert wäre aber auch eine Rechtssicherheit für den Betrieb der Kameras.

 

Foto: Cycliq
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