Ich kann es dir erklären. Traurig ist nur, daß Leute, die hier als "erfahrene Radrennfahrer" gehandelt werden, das nicht können. Aber das ist ein anderes Thema, lassen wir das.
Es gibt zwei verschiedene Strategien, eine davon wirst du wahrscheinlich nicht durchführen können, ich beschreibe sie trotzdem (Nr. 1):
- Du stellst dich ganz vorne in die allererste Reihe. Dann startest du so schnell du kannst und fährst die ersten 300 - 500 m so schnell, als wenn das Rennen danach zuende wäre. Du wirst aber sofort bemerken, daß du nicht der Schnellste bist. Das macht nichts, Hauptsache, du läßt dich durch nichts und niemanden irritieren. Wenn dir einer in die Quere kommt, dem verpaßt du einen kurzen kleinen Check (aber bitte nicht gleich den ganzen Haufen abräumen!). Ansonsten sind die anderen erstmal Luft für dich. Dann suchst du dir unter den ersten 10 das Hinterrad von einem möglichst großen, schweren Fahrer, der nach deinem Eindruck eine ruhige Fahrweise hat. Das nimmst du und bleibst die ersten 5 km an diesem Hinterrad.
- Du stellst dich ganz bewußt in die 3. oder 4. Reihe. Dann startest du wieder mit ca. 90 - 100% dessen, was du auf den ersten 300 m schaffst. Danach suchst du dir wieder nach o.g. Kriterium ein Hinterrad, an dem du möglichst lange kleben bleibst.
Wie gesagt: Die erste Strategie wirst du mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht hinkriegen. Du kannst es trotzdem mal versuchen. Dazu kannst du dich ja mal mit Tageslizenz an einerm Amateur- oder Hobby-/Jedermannrennen beteiligen. Wichtig ist für beide Strategien:
- Nach der ersten 300 m langen Phase konsequent an dem Hinterrad bleiben, daß du dir ausgesucht hast, für die nächsten 5 km.
- Du must natürlich Hinterrad fahren können. Das ist nicht nur die technische Sache, daß man 30 - 100 cm hinter dem anderen fährt, nicht das Hinterrad und am besten auch nicht den Arsch vom Vordermann fixierst, sondern "durch ihn hindurch schaust", sondern auch die Fähigkeit dauerhaft das Tempo des Vordermannes mitzugehen, ohne aufzulaufen oder das Hinterrad um mehr als 1,5 m zu verlieren.
- Puls, Tacho und PM sind währender gesamten ersten 5 km absolut uninteressant (bei mir wären sie es auch anschließend, aber das ist wieder ein ganz anderes Thema). Was hier mit Auswertung usw. vorgeschlagen wurde, ist natürlich Kappes. Aber dieser User macht ja aus allem eine "Wissenschaft"...
Was wirst du möglicherweise bemerken?
- Bei Strategie 1 wirst du möglicherweise merken, daß ganz, ganz vorne viel ruhiger gefahren wird, als hinten oder in der Mitte. Nicht langsamer, aber ruhiger.
- Bei Strategie 2 mußt du natürlich irgendwann von dem 50. oder 80. Platz, auf dem du dich dann höchstwahrscheinlich befindest, wieder nach vorne kommen. Das passiert im Regelfall nach den ersten 5 km. Das geht nur mit Erfahrung, kann man auch nicht großartig erklären, weil viel Intuition dabei ist. Was du aber bemerken wirst: Bestimmte Aufholstrategien führen über kurz oder lang dazu, daß du dich immer wieder an der gleichen Stelle wiederfindest, von wo du gekommen bist - im Laufe der Zeit eher (deutlich) dahinter. Wenn du dich dabei selbst gut beobachtest, wirst du, indem du genau das unterläßt, irgendwann die richtige Strategie finden. Wenn nicht, mußt du halt auf den nächsten Berg oder Windkante oder so warten.
P.S. Wenn du wissen willst, wie das bei Strategie 1 aussieht, schaust du dir am besten den Start eines Cross-Rennens an, am besten bei den Frauen, da sieht man eher die wichtigsten Details. Ich habe dir mal zwei Links rausgesucht. Achte auf die Fahrerin Ceylin del Carmen Alvarado im weiß-roten Correndon-Circus-Trikot bzw. im 2. Beispiel im Weltmeistertrikot. Versuche mal einen wesentlichen Unterschied zwischen dem 1. und dem 2. Beispiel herauszufinden, dann verstehst du besser, wo der Unterschied zwischen Phase 1 (erste 300 m) und Phase 2 besteht.
1. Link ab 16:00 (link beginnt bei 15:30, dann hast du die Werbung "hinter dir")
2. Link ab 12:00 (link beginnt bei 11:40, dann hast du auch da die Werbung weg)
"Radrennfahren" kommt von "Radrennen fahren". So kurz hätte man es auch schreiben können...