Hallo Freunde,
ich habe mir die Mühe gemacht, dieses sechsseitige Pamphlet zu lesen und muß Euch enttäuschen. Training bleibt wohl unabdingbar. Außerdem hege ich erhebliche methodische Bedenken gegen die zitierte Studie.
Die Autoren stellen eine durch das kurze Intervalltraining bedingte einhundertprozentige Erhöhung der maximalen Leistungsdauer bei 80% des maximalen Muskeloxidationspotentials fest. Das Atemvolumen erhöht sich signifikant von durchschnittlich 91 auf durchschnittlich 104 Liter je Minute. Gleichzeitig sinkt das Verhältnis zwischen produziertem CO2 zu aufgenommenem O2 signifikant. Das maximal aufgenommene O2 bleibt aber trotz erhöhtem Atemvolumen konstant. Das Oxidationspotential des Muskels steigt aber (was bei Training - egal welcher Art - nicht wirklich verwundern sollte).
So kommen die Autoren zu dem Schluß:
"We can only speculate on potential mechanisms responsible for the dramatic improvement in cycle endurance capacity, but it is plausible that a training-induced increase in mitochondrial potential, [...], improved respiratory control sensitivity during excercise as classically proposed.
Langer Rede kurzer Unsinn: Die Leistungssteigerung könnte a.) allein auf die Erhöhung des Atemvolumens zurückzuführen sein. Möglicherweise ist es für den Organismus effizienter (also leistungssteigernd), eine geringere Konzentration O2 aus einem höheren Atemluftvolumen zu extrahieren als eine höhere Konzentration aus geringerem Atemluftvolumen. Das ist zumindest eine Hypothese, die logisch aus den Kennzahlen abgeleitet werden kann. Da aber b.) das Oxidationspotential des Muskels steigt, ist der Zellstoffwechsel des Muskels wahrscheinlich ebenfalls verbessert. Allerdings handelt es sich c.) um eine Art Krafttraining. Das zu erwartende Verhältnis zwischen Mitochondrienzuwachs und Muskelmassezuwachs ist bei dieser Art des Trainings kleiner als beim Ausdauertraining. Das erklärt, warum Sprinter aller Art gegenüber den ausgemergelten Ausdauersportlern eher athletisch sind, aber vergleichsweise wenig Ausdauer haben (Petacchi am Berg). Derlei Erkenntnisse sind beispielsweise nachlesbar in STRENGTH TRAINING COULD HARM ENDURANCE TRAINING [MacDougall, J. D., Sale, D. G., Moroz, J. R., Elder, G. C. B., Sutton, J. R., & Howard, H. (1979). Mitochondrial volume density in human skeletal muscle following heavy resistance training. Medicine and Science in Sports, 11, 164-166.] und beinhaltet die einfache Erkenntnis, daß Sprinter keine Ausdauersportler und Ausdauersportler keine Sprinter sind.
Das was die da gemessen haben, kann also ein transitorischer Zustand sein, bevor echte Trainingserfolge des Sprinttrainings (Maximalintensitätstraining) sichtbar werden. Und da Radfahren nun einmal eine Ausdauersportart ist, bleibt uns nichts weiteres übrig, als fahren, fahren, fahren, und gelegentlich einen Ortssprint einstreuen, um die Sprintfähigkeit zu erhalten.
Man, soviel habe ich noch nie geschrieben. Jetzt bin ich müde und muß mich ausruhen.
Methodik:
Die Autoren führen bei 2x8 Probanden in der Treatment- und der Kontrollgruppe eine Varianzanalyse mit Meßwiederholung durch. Dabei werden die zwei Faktoren (Treatment / Conrol und Prä- / Postmessung) definiert. Ein Varianzanalyse setzt Normalverteilung der Daten und Varianzgleichheit voraus. Aus der Studie ist ersichtlich, daß die Test- und Kontrollgruppe nicht die gleiche Varianz aufweisen. Zudem kann Normalverteilung nicht unterstellt / geprüft werden, weil die Anzahl der Messungen (8 pro Gruppe) dies nicht zuläßt, und Hinweise auf Studien, die eine solche Normalverteilung für ähnliche Daten belegen könnten, fehlen. Methodisch ist die Anlage und Auswertung des Experiments also höchst fragwürdig. Daß der Spiegel diese Studie für erwähnenswert hält, finde ich daher eher befremdlich.