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Klassiker Fotorallye - historische Mühlen

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Am Gedenktag der männlichen Toxizität ... äh, naja, so schlimm ist es ja nicht mehr, also Himmelfahrt, gewährte mir die Rückbringung eines Sofatransportfahrzeux die Möglichkeit, mal eine Windmühlen-Hotspot-Region zu streifen.

das Grosse Freie ! - da wird doch der Wind sicher leichtes Spiel haben. Aber weit verfehlt, diese Interpretation: hier gab es im Mittelalter eine Ansiedlung von Bauern, denen man Sonderrechte in Gerichtsbarkeit und anderen Abhängigkeiten zugestand und die sie sich über einige Jahrhunderte bewahren konnten, was allerdinx der Tatsache geschuldet war, dass sich die stärkeren Feudalkräfte gegeneinander ausspielen ließen. Immerhin hat sich der Begriff - es gab auch das "Kleine Freie" - bis heute gehalten, diese Karte aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts präsentiert ihn ja noch prominent.

Für unsere Mühlenrecherche spielt das allenfalls eine indirekte Rolle, hatte sich doch evtl ein Hang zur Unabhängigkeit und Selbständigkeit in der Gegend bewahrt. Denn in der napoleonischen Zeit gehörte sie zum als Musterländle konzipierten "Königreich von Westphalen" (man schreibt das gerne so, denn das heutige Westfalen war kaum tangiert), das Napoleons Bruder Jerome von Kassel aus in ungeahnte wirtschaftliche Prosperität boomen sollte. Dazu gehörte die Aufhebung vieler Restriktionen beim Ansiedeln von Gewerbe, auch Mühlenbau war streng reglementiert und @fuerdieenkel hatte dazu auch mal was geschrieben.

Nun also, zwischen 1807 und 1813, durfte jeder! Und das führte gerade hier zu einem ungeheueren Bauboom gerade von Bockwindmühlen. Die waren schneller und billiger zu errichten und hatten aber auch wegen der waxenden Konkurrenz nicht so eine große Kapazität, was ihrer Auslastung natürlich entgegenkam. In dieser Zeit entstanden ungefähr in dem Bereich, der als das Grosse Freie bezeichnet wurde (geht noch etwas weiter nach Süden), über 30 von ihnen. Gegenüber angrenzenden Regionen war dieser Typ damit stark überrepräsentiert, zumal er eigentlich schon technisch überholt war. Die Kappenwindmühle hatte länxt übernommen.

Jetzt eine kleine Tragik meiner Erzählung: beide besuchten Mühlen hatten mit dieser Entwicklung im 19. Jhrh. nix zu tun... Ich hoffe aber, im Laufe des Jahres darauf zurückkommen zu können, denn die Bockwindmühle im Freilichtmuseum Detmold stammt aus dieser Zeit. Verbindendes Element; sehn wir gleich. Viele meiner Informationen hier inkl. der gezeigten Karte stammen aus einem Buch über diese Mühle.

Zunäxt aber START! in Össelse und das bleibt ganz am Ende von einer (Bockwind-)Mühle:
Ein Straßenschild ohne jeglichen weiteren Hinweis. Dort hinten hat sie gestanden, in den 80ern abgebrannt, stand schon lange still, hmm, war wohl im Weg. Ein Anwohner konnte mir noch das Haus des Müllers bezeigen, eines derer rechts, und erinnerte sich gut an Kinderspiele in der Ruine.

Tja, ein bekanntes Muster. Habe mich manchmal schon gefragt, ob man mit einem beliebig aufgestellten "Bahnhofsstraße"nschild nachweisen kann, dass man früher Bahnanschluss hatte...

Leider hatte ich einen engen Zeitplan, deswegen habe ich das näxte Objekt (eigentlich das zweitangefahrene) etwas stiefmüttlich behandelt. Die Mühle von Machtsum ist rrrichtig alt, nämlich von 1638 ! Und verkörpert das Verbindende, von dem ich sprach: sie stand bis 1888 im 13km Luftlinie nordwestwärts gelegenen Müllingen (nahe an meinem Startort) und wurde hierhin transloziert, ein häufiger Vorgang bei Bockwindmühlen (die BWM im Freilichtmiseum kommt aus Großlopke, auf der Karte am unteren Rand rechts neben dem großen M von HILDESHEIM; beide nun gezeigten Mühlen befinden sich leider ganz knapp unter dem gezeigten Kartenausschnitt). Ein Bürgerverein hat sie Ende der 70er des vergangenen Jahrhunderts unter seine Fittiche genommen und zur "einzigen funktionstüchtigen Windmühle der Region" restauriert (?). CHAPEAU!
Der Mühlenfuß ("Bock") ist vor langer Zeit ummauert worden, ein effektiver Schutz für das sonst der Witterung ausgestzte luftige Fundament. Mir war nicht recht klar, ob ich überhaupt ganz nah rankommen konnte, es führt kein richtiger Weg hin. Deswegen nur noch ein weiteres Foto von hinten:


Die zweite Mühle stellt eine Besonderheit dar, eine Sonderbauform der Bockwindmühle, entwickelt mal wieder in den Niederlanden: die Paltrockmühle Asel. Sie wurde als normale BWM 1850 in Schliestedt, Kreis Wolfenbüttel - 60km !!! strictly east - errichtet und wanderte 1894 an ihren heutigen Standort nahe Asel/Harsum, dort umgebaut, was eine größere Kapazität bewirkte. Der Name leitet sich nicht vom Faktenrock ab, sondern wahrscheinlich vomn der Bekleidung Pfälzer Einwanderer in die Niederlande (die womöglich dort auf dem Wege nach Amerika hängengeblieben sind - diese Geschichte gibts auch in der Hähe von Emden).

Hier die Annäherung von Norden
Aus der Nähe sieht man den "Trick": Das ganze Mühlengebäude steht auf einem Rollkranz und ermöglicht den Einbau einer durchgehenden Königswelle wie in der Kappenwindmühle. Das untere "Stockwerk" ist damit nicht verschenkt und wahrscheinlich werden An- und Ablieferung auch iwie einfacher zu handhaben sein. Entgegen der Behauptung der Machtsumer (einzige funktionstüchtige...) deutet vieles darauf hin, dass hier noch gemahlen werden kann - aber ist ja ein anderer Typ (eine von nur vier in Niedersachsen)

Hier noch mal etwas besser zu sehen der "Pfälzer Rock" und sonstiges Geasel:
Eine "automatische" In-denWind-Dreherei wie neulich am Stroiter Galerieholländer gezeigt ist hier natürlich nicht möglich, daher diese Einrichtung am "Steert":


Dass ich zu eilig unterwex war, habe ich dann zHaus festgestellt: Hohenhameln wär locker drin gewesen, Ilten bei Sehnde ... Aber es bleibt auch noch einiges im Westen meines Startortes. Da allerdinx regiert schon die Kappenwindmühle.

Zum Schluss noch mal etwas Mittelalterliches, das ich vor Jahren schon mal im "Unterwex ..."-Faden gezeigt habe:
da wäre ich achtlos dran vorbeigefahren, wäre ich letztlich nicht in Gegenrichtung unterwex gewesen - weiß ja jeder!? Alles sieht komplett anders aus!

Dazu gibts einen wiki-Artikel, sehr spannendes Geschehen damals - und wahrscheinlich entschieden von der Dame linx im Vordergrund.
 
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Das Graugussrohr

Zur ständigen Beaufsichtigung der Brunnenanlagen, der Zuleitungs- und Fallrohrleitungen sowie des Hochbehälters wurde sowohl im Ursprungstal als auch am Hochbehälter je ein Wärterhaus errichtet. Die Wärter, denen zur Sicherheit von der Stadt ein Wächterhund gestellt wurde, sollten die Anlagen in Stand halten. Durch eine eigene Telefonanlage vom damaligen Amtsgebäude in der Winklerstraße waren sie auf kürzestem Wege für besondere Weisungen der Zentrale erreichbar. Die Telefonleitung wurde im Jahre 1887 nur für die Zwecke der Wasserversorgung gebaut und war 32,7 km lang.

Zurück zum Ursprung:




gut 200 Meter vom Wasserwerk Krämersweiher entfernt, findet sich im Wald dieser Mühlstein.



Die Roesmühle gegen 1890.

Nach Inbetriebnahme des Wasserwerkes Krämersweiher wurde auch die landwirtschaftliche Nutzung der unmittelbar anstoßenden Grundstücke als eine Gefahr für die Wasserqualität empfunden. Es entstand der Wunsch sich dieser Nachbarschaft durch Erwerb des Anwesens zu entledigen. Die geplante Herstellung der Sammelleitung von der Obermühle zum Krämersweiher, welche ohne Erwerbung der Grundstücke der Roesmühle kostspielige Stollenbauten erfordert hätte, brachte die Angelegenheit ins Rollen. Am 27. Januar 1900 wurde die Roesmühle mit sämtlichen Grundstücken, darunter dem großen und dem kleinen Speckweiher Eigentum der Stadtgemeinde. Die Gebäude der Mühle wurden vollständig abgebrochen, ebenso wie bereits in den Jahren 1895 bis 1898 diejenigen der Obermühle.


Der Speckweiher, der ehemahlinge Mühlweiher, ist noch teilweise erhalten





der Ursprungsbach heute
 
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Spuren der Obermühle




Auf der Rückfahrt kam ich noch an diesem schönen Felsenkeller vorbei, der ebenfalls in Verbindung zu den Mühlen steht.

Johann Georg Bub sen. von der Roesmühle kaufte 1830 das Leinburger Brauhaus und 1833 heiratet Johann Bub jun. Kunigunde Bachmeier von der Obermühle und übernimmt das „Kronenwirtschaftsgut“ samt Brauerei. So wurden aus den Müllern Brauer, und noch heute ist die älteste Privatbrauerei im Nürnberger Land im Besitz der Familie Bub.
 
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Ich hab auch mal ne Mühle: Die Riepenburger Mühle ind den Hamburger Vielanden. Wird heute auch als Cafee genutzt, deshalb waren auch genug Fahräder im Bild.
Wikipedia schreibt zur Mühle : Die Riepenburger MühleBoreas“ befindet sich am Kirchwerder Mühlendamm 75a in Hamburg-Kirchwerder. Sie ist eine Holländermühle. 1828 erbaut, ist sie die älteste und größte erhaltene Kornwindmühle Hamburgs. Als Mühlenstandort erwähnt wurde sie im Jahre 1318 und zählt damit zu den ältesten in Deutschland.
Die Riepenburger Mühle ist eine der letzten regelmäßig mit Wind arbeitenden Mühlen Deutschlands. Ihre Restaurierung dauerte sieben Jahre, seit 2007 ist sie ein produzierendes technisches Denkmal
.




 
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...wo könnte ich das überall posten?

  • was für Essen essen Menschen, die...
  • unterwegs mit dem Klassiker
  • Fotorallye Türen, Fenster
  • was mir gerade richtig gut gefällt
  • was habt ihr heute...


egal
der Routenplaner sagt 3:40h für 64 Kilometer einfach ins Freilandmuseum Bad Windsheim. Trotz zweier Radwegsperrungen ging es sich im Pfingstradverkehr unter zwei Stunden für die Strecke aus. Neuer Rekord!

Doch nun zum geschäftlichen. Die Mühlradeinhausung der hier wiederaufgebauten Mühle aus Unterschlauersbach (die Innereien hatte ich hier eingangs schon mal gezeigt).

ein Blick hinein:



an den Schöpfrädern vorbei


zu den Flutwiesen


weiter zur Göpelmühle (hatten wir hier wohl noch nicht) mit Nutzviehantrieb oder alternativ eben durch Kleinkinder



final zur Ölmühle (die der einst in Königshofen im Spessart stand) , welche an diesem schönen Tag in Betrieb war. Von außen hörte man das Schlagen eines hölzernen Hammers.


Zunächst wurde im Kollergang Raps grob zu einem Brei zermahlen.


der dann in einer Art Presse über ein Stampfwerk mit Keilen ausgepresst wurde. Wenn der hölzerne Hammer mehrmals auf dem eingesteckten Keil zurückfedert, ist der nun harte Rapsbrei fertig gepresst.
Früher nahm man nat. kein Raps, sondern Bucheckern, Sonnenblumen oder Nüsse.
Technik anno 1810


eine ölige Angelegenheit, aber die Hände duften gut.

Nach der Wanderung tat das im Kommunbrauhaus gebraute Dunkel vom Faß richtig gut.
Hier das Gebäude der Tat vor der Umsetzung ins Museum:


Der grobe, ausgesprochen süße Weißkohl zum Schäuferla war ein Gedicht...


 
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Habe letztens das Foto der Mühle in der Komthurei Lietzen nachgeholt:
Hier noch ein Bild mit dem mittelalterlichen Getreidespeicher im Hintergrund:
 
Bei meiner Weiterfahrt fielen mir auf der Landkarte dann ein Platkower Mühlenfließ und ein Walweg Lietzener Mühlengrund auf. Diesem folgte ich und an der tiefsten Stelle fand sich eine Mühlenruine die schon ziemlich von Wildnis überwachsen war::

 
Die Windmühlen des Freilichtmuseums Detmold
Nachdem @fuerdieenkel neulich in Bad Windsheim war, hab ich es heute nach Detmold geschafft (und darüber hinaus, dazu später). Dieses Freilichtmuseum besuchen wir seit den 80er Jahren regelmäßig, es ist wie alle diese Einrichtungen ein MUSS! für alle Technik- und Geschichtsinteressierten.

Beide Grundtypen der Windmühle in unseren Breiten sind vertreten, eine "urtümliche" Bockwindmühle
uind eine Kappenwindmühle
Zunächst zur Bockwindmühle:
Sie ist nun endlich eine aus dieser spannenden kurzen Zeit des "Königreiches Westphalen" Anfang des 19. Jahrhunderts und stand ursprünglich in Großlobke nördlich Hildesheims im "Großen Freien". Wie es sich für ein historisches Museum gehört, ist sie von allen späteren Zugaben befreit und präsentiert sich wie Mitte des 19.
Dies ist die Tragkonstruktion, der "Hammer", der auf den runden "Hausbaum" gezapft ist. Hier muss immer wieder sehr viel Fett eingesetzt werden, damit beim In-den-Wind-Drehen keine Absplitterungen zustande kommen.

Die Mühle hatte ursprünglich nur einen Mahlgang, der sich im zweiten Stock befindet (die notwendige Sackhebevorrichtung ist nicht im Bild). Das zweite Detailbild zeigt die Ausmaße des Stirnrades, an dessen Außenfläche die etwa zur Hälfte umgreifende Bremse angreift, deren Hölzer aus Pappeli(hell) gefertigt wurden, um das wichtige Hartholzstirnrad nicht zu schwächen.

Ich gehe nicht mehr ins Detail, natürlich gibt es auch Hebevorrichtungen für die tonnenschweren Mahlsteine undundund. Es gibt ein tolles Buch dazu.

Die Kappenwindmühle hat eine bewegte/unbewegte Geschichte, sie stand in Tonnenheide bei Minden auf preußischem Gebiet und verdankt ihre Baugenehmigung dem Fakt, die einheimischen Bauern von der Nachbarmühle in Diepenau auf Hannoveraner Land abzuhalten. Sie war aber nur zu ca. 40 Prozent ausgelastet (desw unbewegt), was beim Neuaufbau nach einem Brand im Jahre 1842 zu einer überholten Konstruktion führte, um den Aufwand zu verringern. Sie wurde bis auf das Untergeschoss gänzlich zimmermannstechnisch gefertigt und nicht wie sonst zu dieser Zeit längst üblich gemauert. Das Drehen der Kappe vollzieht sich "Holz auf Holz" - auch wieder ein ganz wichtiger Schmierpunkt. Das unablässige Schmieren vieler Teile war während des Betriebs saugefährlich und dürfte immer wieder zu fürchterlichen Verletzungen geführt haben!

Das Drehen spielt sich auf der sogenannten Galerie ab. Starke Hölzer verbinden sich im Steert, der mithilfe einer Winde "herumgezerrt" wird.
Leider nicht ganz gut zu sehen, der dicke Bursche rechts ist ein richtig schweres Ding, das oben in einer Astgabel endet, die mit ihrem natürlichen Wuchs das ganze unterstützt. Die Eicheschindeln des Gehäuses sund zT an ihrer Grenze (1980 aufgerichtet).

Ein Blick ins Innere:

Im dritten Stock, da kann man aus Sicherheitsgründen nicht mehr hochsteigen, erkennt man das von der Königswelle angetriebende horizontale Stirnrad, die Antriebe der zwei Mahlgänge sind etwas schwierig auszumachen. Vorne die Sackhebevorrichtung.

Darunter geht es geräumiger zu:
Wahrscheinlich nahm die Treppe früher nicht so viel Raum ein. Gut zu erkennen sind die gekreuzten Streben in den einnzelnen der acht Felder.

Tatsächlich brachte der Museumsmitarbeiter die Mühle später zum Rotieren, die Mahlgänge sind allerdings meistens abgekoppelt. Er hatte sie etwas gedreht und natürlich "Segel gesetzt".
Der Wind war etwas launisch, seltsamerweise seit Tagen Ost, was recht ungewöhnlich für die Region ist.

Noch kleinteiliger möchte ich´s nicht machen, natürlich gibt es dort auch eine Wassermühle, die ich morgen zeigen werde. Die Fahrt ging noch zu einer anderen Windmühle ca. 20km entfernt, und erst danach wurde mir klar, dass ich gar kein "Identifikationsfoto" gemacht hatte. Hier ist es, in letzter Sekunde aufgenommen:
Das ASOLO SPECIAL war unauffällig, seit letzter Woche weiß ich, dass ich mit dem Cromor-Rahmen etwa 2 Minuten pro Stunde auf mein DE ROSA mit SLP-Rohr verliere, wurscht.
UND eine Bemerkung zu dieser Region nördlich Lemgo: man schlägt bei manchen Ausblicken regelrecht lang hin vor lauter Schönheit !!!
 
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(im obigen Bericht habe ich ügripenz eine Kleinigkeit zur Geschichte der Kappenwindmühle ergänzt, diese Bemerkung wird später gelöscht)
Mein wunderschöner Mühlenerkundungstag gestern hatte ursprünglich nur das Ziel, das ich heute beschreiben will. Dass das eine glückliche Fügung war - mannmannmann, was ein Schwein gehabt!

Aber noch kurz zur Wassermühle in Detmold:Man Man plante hier ursprünglich eine Doppelmühle, um Sägebetrieb und Ölverarbeitung zu zeigen. Dazu wird es wohl leider nicht mehr kommen. Die oberschlächtige Anlage mit einer "Fallhöhe im Schütt" von 4,20m - man erahnt rechts die begehbare Dammkrone des 5m hohen Stauwerks - läuft permanent, was nachvollziehbar der beste Weg zur Erhaltung des Wasserrades ist. Die Lager sagen sicher was anderes. Hier der Durchgang der Welle ins Mühlengebäude und die Verästelung der Antriebsstränge (Mahlgang im Obergeschoss)

Neben einem Mahlgang wird hier noch ein sogenanntes Bokewerk betrieben, das dem Flachsbrechen gewidmet war. Es liegt hinter der Mauer im obigen Bild.
Und weil noch Platz ist für ein paar Foddos, noch was für unsere/"meine" Tischler @firestarta - lang nich gesehn - , @Canasso undundund aus der stromlosen Zeit:
Das ist die Werkstatt im sogenannten Münsterländer "Gräftenhof", eine riesige landwirtschaftliche Anlage auf einer Insel mit Zugbrücke (musste dann auf hoheitliche Anordnung fest installiert werden).

Es war erst halb zwölf, als ich das Museum verließ, also noch genug Zeit für mein ursprüngliches Ziel, die Kappenwindmühle in Bavenhausen 20km nördlich. Dorthin hätte ich direkt wahrscheinlich auf sehr breiten Bundesstraßen fahren müssen, von denen ich schon 15km hinter mir hatte. Sonntagfrüh geht das vielleicht, aber es macht keinen Spaß. Also den bekannten Abzweig nach Detmold genommen - und nun musste ich mich mit meiner 2001/2er Straßenkarte durchkämpfen. War aber kein großes Ding, zwar gab es iwo eine völlig neue Riesenumgehung, aber in D bleiben die alten Straßen ja vorhanden. Hinein also nördlich von Lemgo ins unheimlich schöne Kalletal.

Und warum war ich so erleichtert über diese Reihenfolge?, Na deshalb:
Ich hab mir dann den heftig steilen letzten km gespart. Man sagte mir im Dorf aber, dass die Mühle wieder Flügel bekommen wird, hoffentlich! Die erhaltenen Windmühlen Norddeutschlands sind meistens freundlichst umkreist von örtlichen Unterhaltungsvereinen, auch die im nahen Bentorf, die wohl noch ihre Flügel hat und auch sonst betriebsfähig ist. Diese 20km plus hab ich mir gespart.

Noch eine Bemerkung zur Lage dieser Mühle: einerseits überrascht es, dass in einer solchen hügel-, wald- und wasserreichen Region eine windbetriebene gebaut wurde, sie ist allerdings so ideal postiert, dass die An- und Ablieferer mansches Mal deftig geflucht haben dürften. Von der anderen Seite siehts auch nicht besser aus:
So, was kann noch von mir kommen? Mühlenmuseum Gifhorn, ganz schön weit weg. Oder gleich ...?
https://www.nach-rotterdam.de/aktivitaeten-ausfluege/kinderdijkRoger, @DirektorSportiv , wo bist Du?
 

Wo sind wir stehengeblieben, Johann Bub Junior, die Leinburger Brauerei, Kronenwirtschaft.....



Um den Anschluss an das vorige Posting zu finden, musss ich den 'deutschen Mühlentag' von hinten aufrollen. Zuuufällig war nämlich an Pfingsten in Leinburg auch noch Kärwa, so dass ich das erwähnte Bier aus der Müllerfamilie live antesten konnte. Zuvor gab's jedoch noch ein paar Mühlen......



Auf halber Strecke zwischen Nürnberg und Amberg, an der Grenze zwischen Mittelfranken und Oberpfalz liegt das Dorf Oed. Alte Karten zeigen, dass der Ort aus zwei Einöden mit jeweils einer Mühle bestand. Oberoed und Unteroed.




Die alte Karte zeigt zwei Wasserräder an der Mühle. Johann Pickel betrieb um 1729 mit je einem Wasserrad eine Mahl- und Sägemühle. In einem Nebengebäude der Mühle war ein „Glaspoliergeschäft" eingerichtet.

Gegen 1800 ist ein Rechtsstreit belegt. Gegen den Müller lag eine Klage der umliegenden Gastwirte wegen illegalem Bierausschank vor. Der Müller verteidigte sich mit dem Argument, er würde seinen Gesellen (Glasschleifer) nur zu trinken geben — ein Akt reiner Menschlichkeit. Es ist in der Mühle jedoch auch zu Tanz gekommen und sogar eine Kegelbahn betrieben worden!

1885 unterhielt Großhändler Hermann Rosenhaupt aus Fürth in der ehemaligen Glaspoliere ein Stampfwerk mit 22 Bronzestämpfen zur Erzeugung von Brokat und Bronzefarben.






Im September 1888 teilte die Firma Vogt & Knorr aus Fürth dem Bezirksamt Sulzbach mit, dass sie das Müh-lenanwesen des Pickel in Oed erworben hatte, und reichte zwecks Genehmigung Pläne und Beschreibungen für die Einrichtung eines Metallhammerwerkes ein. Die vorhandenen Wasserräder sollten durch ein einzelnes oberschlächtiges ersetzt werden, das acht Hämmer und drei Walzwerke im Erdgeschoss des Mühlengebäudes antreiben sollte. Die Bronzestämpfe des Rosenhaupt sollten demontiert werden. Die Mahlmühle und die Säge wollte man aufgeben. Nach der Bekanntmachung des Vorhabens durch öffentlichen Aushang, persönliche Vorladung möglicherweise betroffener Nachbarn sowie Anzeige im Sulzbacher Wochenblatt meldete ein benachbarter Wirt Einsprüche an; er befürchtete Lärmbelästigungen und Erschütterungen durch das Hammerwerk und sprach sich gegen die Genehmigung des Werkes aus. Nach einem Ortstermin, bei dem deutlich wurde, dass keine lauten Stämpfen sondern lediglich schnell laufende Schwanzhämmer installiert werden sollten, wurde die Genehmigung im Oktober 1888 erteilt. Schon nach kurzer Zeit stellte die Firma Vogt & Knorr ob ihrer hervorragenden Auftragslage den Antrag, ihre Produktionsstätte rund um die Uhr betreiben zu dürfen. Diesem wurde, trotz Protesten der Bevölkerung, stattgegeben.


Die Oedmühle, in ihrer jetzigen, 1820 vergrößerten Bauform.



Johann Wolfgang Arold, Kaufmann und Mühlmaschinenfabrikbesitzer aus Nürnberg, kaufte am 11. November 1929 die Oedmühle. Er ersetzte das 2 Meter breite, eiserne Wasserrad durch eine leistungsfähigere Francisturbine um eine 5-geschossige Kunstmühle zu betreiben.




Reste der Turbinenanlage und Transmission.

 
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Die Oedmühle vor der Sanierung, die in den Jahren 2000-2003 stattfand.

Unter Johann Wolfgang Arold wurde in die Mühle eine Gaststube eingebaut. Die seit 50 Jahren leer-
stehenden Hopfenböden im 2. und 3. Stock wurden zu Gästezimmern für Sommerfrischler ausgebaut. Dazu kam ein Schwimmbad.

1958 Erwarb schliesslich der Müller Herbert Hahn und seine Frau Betty das Anwesen. Der Betrieb der Mehlmühle wurde fortgeführt. Es folgte noch die Eröffnung des Cafe Hahn. In den späten Sechziger Jahren wurde das Lohnmahlen dann letztendlich eingestellt. Die Mühleneinrichtung von 1929 mit 4 Walzenstühlen, 2 Reinigungen, Spitz- und Schälmaschine, Trieur, und Plansichter ist noch vollständig erhalten.


Der Raum im Erdgeschoss in dem einst gestampft und gehämmert wurde.


Die Transmissionswelle ging quer durchs Haus bis in die Backstube. Dort wurde noch der Teig mit Wasserkraft gerührt.



Der ältere Teil der Mühle, mittelalterliche Bausubstanz von vor 1368 (!), besitzt ein Kreuzgewölbe im Erdgeschoss


Backstube




'Fernsteuerung' der Turbine aus dem ersten Obergeschoss




Denn wenn die Maximaldrehzahl überschritten wurde, gab diese fliehkraftgesteuerte Glocke Alarm



Walzenstühle von 1929
 
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Die Riffelwalzen



wenn nicht gemahlen wurde, nutzte man die Wasserkraft zur Stromerzeugung





Mehlsäcke, die nicht ausser Haus gelangen sollten, wurden innen speziell gekennzeichnet.




Bevor das Getreide gemahlen werden kann, muß es verschiedene Reinigungseinrichtungen durchlaufen. Die erste Reinigung übernimmt hierbei der Aspirateur. Mittels Luftstrom und schwingender Siebe werden die Körner und Fremdstoffe nach Gewicht und Größe getrennt.



Alle Körner, die sich in der Länge vom Hauptgut unterscheiden, können vom Trieur, das große Runde Teil oben, ausgelesen werden. Darunter die Schälmaschine.


Und noch der Plansichter
 
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Letzte Woche führte meine Tour wieder an zwei Wassermühlen vorbei.
Die Wehrmühle in Biesenthal:





Und die Langerönner Mühle. Beide werden vom Flüsschen Finow gespeist.
Die Langerönner Mühle diente zu DDR Zeiten MfS und MdI als „konspiratives Objekt“:

 
Gestern führte mich die Rückfahrt von unserer "Fahrt des Grauens" in die Region zwischen Hannover und Deister, eine windmühlenreiche Gegend. Auch rund ums Steinhuder Meer, wo sie stattfand, hat einiges zu bieten, vor allem nach Norden, aber da zog es mich nicht noch zusätzlich hin, und ich nahm mit, was auf dem Weg lag. Zunächst zeige ich die wexelnden Katastrophen, die ich mit einem satten Grinsen wegsteckte, war mir doch das Glück in einem Fall hold. Dazu mehr in einem zweiten Beitrag.

Auf der Hinfahrt noch: Sachsenhagen
Erinnert an 500 ml Yoghurt im Glas. Nicht viel mehr Bennigsen am Deister

Immerhin hat man sich hier Mühe gegeben bis hin zum Plan, die Flügel doch noch zu ergänzen. Ob das aber sinnvoll ist, wenn sie ihrer Funktion beraubt sind?

Bredenbeck, Gestorf: Fehlanzeige, längst abgerisssen.

Ein Lichtblick: Jeinsen (Gruß an @Biker-Jensemann ). Dieses Exemplar hätte sogar noch Potential, nach Aussage des Besitzers, der auf dem Hof seine Ruhe genoss, ist ein Großteil der Technik noch vorhanden. Dass er selbst nicht aktiv werden wird, versteht sich halbwegs bei den entstehenden Kosten. - Der Behang aus Dachziegeln deutet übrigens darauf hin, dass es sich nicht um ein gemauertes, sondern in Fachwerk errichtetes Gebäude handelt.
Etwas viel Gegenlicht, darum noch aus einer anderen Perspektive:

Die Lage mutet etwas kurios an, diese Mühle steht keineswegs auf einem höchsten Punkt. Man fährt noch nach Passieren einen halben Kilometer bergauf. Nach Westen allerdings ist freie Bahn.

Nebenbei: Freie Sichtbahn hat man von manchem Jeinser Standpunkt aus auch nach Osten, wo man einer (Kali?)Abraumhalde ganz anderer Qualität als diesen Dreckshaufen am Steinhuder Meer (bei Wunstorf) gewahr wird:
Eigentlich müsste links am Getreidehorizont die Winsmühle zu sehen sein, ich habe sie von dort nicht bemerkt.

Wie gesagt, Umwege habe ich mir gespart, dafür nochmal ein Foto der Mühle Burgstemmen, um wenigstens nicht ganz flügellos zu bleiben. Technik ist in diesem Gebäude nicht zu erwarten.
Die beiden letzten haben eine "Pickelhaube", dazu wird sicher auch was zu sagen sein.

Tja, das waren wieder einige Beispiele zweifelhafter Schicksale. Häufig endet es so:
Ganz nett ausgebaut innen. Wie auch immer: man braucht ein dickes Portemonnaie. Oder...
 
...Enthusiasten! Dies hier ist einer!



Rüdiger Hagen ist Müllerei- und Mühlenbautechniker aus Wedemark und spiritus rector des Vereins zur Erhaltung der Szeinhuder Windmühle e.V., auf den Namen Paula getauft. Für das Foto bestand er darauf, sich die Müllermütze aufzusetzen. Das ist "sein Kind":



Sonntag, 2. Juli, 13.45 Uhr, der Zufall will es, dass dies die genialste Zeit ist, hier zu sein. Ihr seht, die Tür steht offen! Es ist der erste Sonntag im Monat, und Rüdiger ist gekommen, die regelmäßige Mühlenöffnung vorzubereiten.

Ein absoluter Glücksfall. Rüdiger lässt mich sofort überall rumturnen, die üblichen Bedenken mit Sicherheit usw ... er setzt auf den gesunden Menschenverstand. Ganz oben hin darf man während des Betriebs natürlich nicht. Während er die Mühle zum Mahlbetrieb einrichtet, kann ich es gar nicht fassen - und muss eingestehen, dass ich etwas konfus reagiert habe. Daher bekommt ihr jetzt einige Fotos, aber nur dürftige Infos. Es ist alles lückenlos mit Schautafeln, historischen Fotos, Diagrammen usw dokumentiert und anfangs war mir nicht klar, mit wem ich es da zu tun hatte. Einen intimen Kenner und Praktiker zu fragen, wann das letzte Mal die Mühle überarbeitet wurde, grenzt ja an eine Beleidigung. Aber das fasste ihn überhaupt nicht an, die Ruhe und Freundlichkeit in Person (Antwort auf die Frage: die Überarbeitung endet nie, findet fortwährend statt). Er kennt im übrigen auch alle anderen Windmühlen Niedersachsens und hat mit Wolfgang Neß ein umfangreiches Buch dazu verfasst. Selbst in "meiner" Region Südniedersachsen kennt er sich aus und war sogar beim Bau einer neuen Bockwindmühle in Fürstenberg/Weser beteiligt (zu diesem seltsamen Projekt wird es noch einen Beitrag geben - die Seltsamkeiten Fürstenbergs).

Auch "Paula" ist eine versetzte Mühle, sie wurde 1863 in Broitzem bei Braunschweig errichtet. 1912 wurde sie dann "auf Abriss" verkauft und hierhin transloziert. Wichtigste Neuerung beim Wiederaufbau waren die Jalousieflügel, die eine Regulierung der effektiven Windangriffsfläche während des Betriebs ermöglichen - über ein Gestänge, das mittig aus dem Flügelkopf austritt - und sich als Standard etabliert hatten. Die Bilauschen Ventikanten , in den frühen 20ern entwickelt, kamen trotz ihres enormen Effizienzgewinns zu spät - zu teuer und auch sehr schwer. (So was lernt man erst durch solch eine Faden!)

Das Erzielen einer vernünftigen halbwegs konstanten Drehzahl erwies sich an diesem Tage als etwas tricky. Es ist Voraussetzung zu einem guten Mahlergebnis. Zum einen war der Wind recht böig, aber auch die angrenzende Bebauung mit Baumbestand machen der Mühle bei bestimmten Windrichtungen ernste Probleme. Weil das natürlich auch früher zumindest bei Flaute oder schwachem Wind zum Problem wurde, wurden Windmühlen oft zum Standort erst von Dampfmaschinen, dann Dieselmotoren und schließlich elektrischen. Ein solcher uralter befindet sich auch hier, Transmissionen sind allgegenwärtig.

Nun folgen die konfusen Innenbilder, man sieht die Fachwerkkonstruktion, die natürlich Voraussetzung für eine Translozierung ist. Die Abmessungen der Getriebeelemente sind gigantisch, hier ist schon vieles aus Metall, teilweise nahezu kurios: die Stirnräder an der Königswelle (vertikale Kraftübertragung) tragen in einem Metallrund Holzzähne!

Von oben nach unten: Eintritt der Flügelwelle ins Innere:



Kraftübertragung auf die Königswelle mittels Schrägverzahnung - rechts das "Fenster" zur Windrose, die die automatische Ausrichtung der Kappe bewerkstelligt:



Der Mehlboden mit zwei Mahlgängen. Links ist die Sackwinde zu erahnen:



Im Hintergrund die Steinhebevorrichtung:



Die Bedeutung der Steinqualität bei klassischen Mühlen lässt sich kaum unterschätzen. Ich will jetzt nicht schlaumeiern, hatte @Steff_N nicht schon etwas dazu geschrieben? Für die Steinhuder Mühle bot sich natürlich der nahe Oberkirchener Sandstein an, nur ist der so grob, dass sich damit nur Schrot produzieren lässt. Paula hat einen Mahlgang mit einem sehr wertvollen französischen Stein aus der Umgebung von Paris, mit dem sich feinstes Mehl erzeugen lässt.

Auch ein "moderner" Walzenstuhl findet sich hier:



Auf dem vierten Boden von oben lauter Sichter und Absackanlagen. Von hier aus - von unten - werden auch wie zu sehen die Mahlgänge im Stockwerk drüber angetrieben:



Im Erdgeschoss waren wir gleich beim ersten Foto. Dort tut der Verein alles, um sich zu präsentieren. Ua wird Mehl verkauft... ganz geschickt nicht zu einem festen Preis, sondern nach selbstgewählter Spendenhöhe. So macht man das! Die schicken zugenähten Pfundsäckchen sieht man ganz unten rechts auf dem ersten Bild. Vllt trete ich auch in den Vereinein.

"Leider" war es nach einer halben Stunde mit der Ruhe dahin, so konnte ich Herrn Hagen nicht mehr weiter vereinnahmen. Schaubilder zB zum hölzernen Rohrbau oder der Mühlendichte rund um Halle... Hall..o? hamm wir da niemanden? @basik ? ..oh neee, doch lieber jemand aus Leipzig oder so ... ließen aber auch kaum Fragen offen.

Ich schließe mit einem Bild des Hauptprotagonisten. Die Jalousieklappen sind noch nicht auf "Betrieb" gestellt
Was ein glücklicher Moment!

 
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