...weiter gehts....weiter gehts.
Da ich ja Montags immer bis zum nächsten Bahnhof kommen will, um mich dort etwas zu erholen und in der Gaststätte ein gutes fränkische Bier zu genießen, begeben wir uns heute virtuell auf die andere Straßenseite.
Hier residierte einst der Metzger Fürsattel. Auf dem historischen Bild steht links vor der Schänke eine mächtige weiße Mars geparkt.
einst
jetzt
Das "jetzt" stimmt mich etwas wehmütig, da die Türen wohl für immer verschlossen bleiben werden.
Vor rund 20 Jahren saßen wir hier manche Mittagspause - wie annodazumal die Reisenden - bei gut und günstig zu Tisch.
Ein Treffpunkt für Handwerker und Liebhaber der schnellen, deftigen Mahlzeiten. Ein Klassiker: die "dörren Wörscht" (abgehangene steinharte geräucherte fränkische Bratwürste) mit Meerrettich.
Der stämmige Metzger kam im dunklen Gastraum zwecks Bestellung an den tischdeckenlosen Resopaltisch, reichte das im Umdruckverfahren bedruckte dünne Blatt Papier mit den drei Tagesgerichten und drehte sodann über den Tisch die Lampe in die moosgrün bespannte Fassung der Leuchte.
Romantik pur mit Kruste am Maggispender...
vorbei
Abgesehen vom wahrscheinlichen Schicksal der weißen Mars, das geht doch noch. Viel schlimmer finde ich nicht mehr genutzte, verfallende Bahnhöfe mit vernagelten Türen, zugemauerten Fenstern unten und eingeworfenen Fenstergläsern oben. Geht das eigentlich noch jemandem so?
Seit wann es die blau-weißen gibt weiss ich garnicht. Seit 2007 fährt auf diesem Teilstück jedenfalls leider nichts mehr. Leider weil ich diese Bahnlinie früher selbst gerne benutzte als Ausgangspunkt für Wanderungen und Pilzsuchausflügen.Huch, das Schild ist doch noch relativ neu? Oder seit wann gibt es die blau-weißen?
So, aber ich werde heute ans Ende der halbwegs erreichbaren Stilllegungen kommen.
Es soll um die Hannöversche Südbahn gehen, und zwar die erste durchgehende Verbindung Richtung Kassel. Selbstverständlich eine Hauptstrecke ehemals, also zweigleisig, quälte sie sich von Göttingen aus über die Dransfelder Rampe und den Volkmarshausener Tunnel nach...klar ! HANNOVERSCH-Münden. Hier liegt eine ähnliche Entstehungsgeschichte wie in Post 184 beschrieben zugrunde, denn auch hier musste ein fremdes Territorium (vor 1866) vermieden werden. Zwar wäre die später realisierte und noch heute existente Streckenführung über Eichenberg und ins Werratal einfacher gewesen, aber man hatte die Hessen durch das Stapelrecht in ebenjenem Hann.Münden schon so genervt, dass man eine Retourkutsche fürchten musste. (Auf der Karte in 184 ist die Strecke diagonal von Göttingen aus nach Südwesten zu erkennen.) Also schlug man sich mit ungünstigem Gelände rum und musste sogar einen Tunnel bauen !, was zu dem Gerücht führte, das habe den Ausschlag gegeben für diese Option: der König wollte auch einen Tunnel haben !? Is aber quatsch.
Die große Herausforderung also war eine Steigung von 1,6 Prozent hinter Göttingen. Da lachen wir Radfahrer !, aber damals war das für Bahnbauer noch ganz schön viel Holz. Wer allerdings bei Wikipedia nachliest, bemerkt, dass diese Steigunsrate bald ihren Schrecken verloren haben muss. Damals natürlich - wir schreiben 1856 - fuhr man mit geringeren Achslasten, meist nur zweifach gekoppelten Loks und leistungsmäßig... naja...Es entstand mit viel Aufwand die Dransfelder Rampe.
Den Weg zu dieser Strecke legte mir der Cicli-Club Northeim ans Herz mit seiner früheren Marathonroute, und sie hat mich so begeistert, dass ich das einmal jährlich fahre, obwohl mit 150 km nicht mehr mein Normalmaß. Es geht durch den Solling und an der Weser entlang nach Hemeln.Anhang anzeigen 460999 Bevor ich im Bramwald verschwinde ein Blick zurück ins Wesertal: was sehen wir ? Keine Eisenbahn ! Nun gut, das müsst ihr mir einfach glauben, aber immerhin ist es doch bemerkenswert, dass das Wesertal als "Groß"-Flusstal im Oberlauf ganz schön bahnfrei ist und ab Bodenfelde auch eher west-östlich gequert wird, als nord-südlich genutzt zu werden. Aber eigentlich logisch: nennen Sie mir eine wichtige Stadt an der Weser ! ...ääh, Hameln als Rattenhauptstadt ? ...oder gar Holzminden, Rinteln, wasweißich(nicht)? Einzig Bremen fällt einem ein, und noch was anderes: im 19. Jahrhundert war man wirtschaftskraftmäßig wohl eher noch west-ostmäßig orientiert. Ruhrgebiet - Berlin - Sachsen, und dann noch die Verbindung zu den Seehäfen. Im Süden (Bayern, Ba.Wü.) lebte man ja noch auf Ba(e)u... ernhöfen.
Es ist jedenfalls eine wunderschöne Strecke, und hinter dem Bramwald ist Dransfeld nicht mehr weit.Anhang anzeigen 460997 Das erste Relikt der alten Strecke: eine dieser alten Bahnunterführungen kurz vor D., noch wie es scheint für die Breite und Höhe eines Heuwagens gebaut. Und endlich Dransfeld und der einzige ehemalige Bahnhof, den ich euch heute präsentieren kann:Anhang anzeigen 460996 Hübsches Ding, und wieder so typisch: flaches Dach, Faschen um die Fenster, Pflasterung davor. Mein Rad da links ist wieder nicht klassisch genug, wird gleich aufgeklärt.
Es gibt im weiteren Verlauf dieser Strecke noch spektakulärere Fotoobjekte, aber das ist mir dann wirklich zu weit wech. Hinweisen möchte ich auf die entspr. Wikipedia-Artikel und auf die wirklich merkwürdig wirkenden Reste der Weserumschlagstelle am (noch) Werraufer. Man denkt, die Römer wären hier gewesen. Am 31. Mai 1980 fuhr der letzte Personenzug auf der Strecke. Denkt man nun, nach der Stilllegung hätte die ganze Gegend verAnhang anzeigen 460998 müssen, der fehlt weit ! Schließlich wohnt @Tichy , der alte Sternenreisende, in der Gegend, und der wird wohl auch mehr wissen zu dem OffTopic-Hinweis, den ich bei Dransfeld & Rennrad nicht verschweigen kann: das ist nämlich der Ausgangspunkt zu einem jährlich stattfindenden Bergrennen auf den Hohen Hagen - ca. 3 km, ca. 160 hm, in Spitzen 9 %:Anhang anzeigen 460995 Man kommt sich vor wie in den Alpen, und deswegen brauch ich auch eine nahezu 1:1-Übersetzung.
Noch mal OffTopic auf der Rückfahrt: eine wirkliche Belohnung und wunderbare Pause bietet mir das Naturschwimmbad Lauenberg, so ein Ding ohne Fliesensterilität und Chlor. Das Wasser ist zwar grün, und einiges treibt drin rum, aber es ist herrlich ! Vergesst die Badehose nicht, wenn ihr in der Region unterwegs seid !Anhang anzeigen 460994
Ja, sehr schön die Gegend, da durfte ich aufwachsen. Bist du denn die ganze Zeit Straße gefahren? Zumindest das Stück zwischen Groß Ellerhausen/Hetjershausen und Dransfeld kann man mit einem schottertauglichen Rad knapp 10km direkt auf der ehemaligen Trasse fahren.
Die Betonung liegt aber wirklich auf schottertauglich - ein Stück zwischen Siekhöhe und Groß Ellershausen fahre ich immer auf dem Arbeitsweg, die ganze Strecke bis zum Rischenkrug dann wirklich nur mit dicken 650B Reifen. Danach haben sie es ja leider total versiebt. Der Weg wird Richtung Ossenfeld auf dem Waldweg geführt, die alte Trasse ungenutzt, und die Bahnbrücke bei Ossenfeld wurde mal rasch eingenordet damit die 230 Einwohner ja nicht den Fuß vom Gas nehmen müssen^^.
(Quelle)
Gleichzeitig ist die eigentlich weniger schöne Brücke auf der B3-Strecke zwischen Groß Ellershausen und Dransfeld eine ziemliche Engstelle, aber denkmalgeschützt oder so
Wie gesagt, auf der alten Trasse geht es ab Rischenkrug nicht weiter. Waldweg bis auf die Strasse nach Ossenfeld (im obigen Bild würde man neben dem linken Bildrand rauskommen), dann wird der Radweg durch Ossenfeld durch auf einen weiteren Waldweg geführt der Richtung Auschnippe-Tal führt.
Wenn man sehr mutig ist führt auch hinter dem Ossenfelder Spielplatz ein Weg wieder auf die Bahntrasse. Da bin ich kürzlich mal langgefahren wg. Gewitterschauern denen ich ausweichen musste. Das ist so schmal dass man schon die Schultern einziehen muß um nicht am Gebüsch hängenzubleiben, rauskommen tut man dann in Dransfeld beim ehemaligen Kemna-Gelände neben den Aussiedler-Höfen.
Die Strecke ist dann noch viel weiter nicht befahrbar, erst ab Gut Wellersen gibt es dann wenn man es denn findet plötzlich die Deluxe-Version mit Betonstrecke, sowie ein paar Hinterlassenschaften der Bahn
Anhang anzeigen 461056Anhang anzeigen 461057
Nach kurzer Zeit kommt man dann an eine Viehroste
Anhang anzeigen 461058Anhang anzeigen 461059
Und wenig später ist dann nicht nur der kunstvoll gepflegte Magerrasen wieder weg sondern auch der Bahndamm - den verlässt man dort nämlich bzw. lässt ihn links liegen
Anhang anzeigen 461060
um dann erstmal durch Oberscheden und Unterscheden zu fahren (auf der Karte heisst das nur Scheden, aber man sagt dass die einen von den anderen überhaupt nichts halten). Danach taucht nochmal in weiterer Ferne der Bahndamm auf - irgendwo hier in der Nähe müsste es auch den alten Volkmarshäuser Tunnel geben.
Anhang anzeigen 461063
Aber Radfahrer geht das dann nichts mehr an - es geht das Schedetal runter, ordentlich rustikal und ganz bestimmt nicht für Rennräder
Anhang anzeigen 461064
damit auch niemand dran zweifelt
Anhang anzeigen 461067
Wenig später wird es sogar ganz nett, danach sogar noch geteert. Könnte man sich fast wohlfühlen.
Anhang anzeigen 461068 Anhang anzeigen 461069