Winter 2012/13. Viel Schnee und Eis selbst im Rheinland bis ins FrĂŒhjahr. In diesem Winter hab ich
mich 4 mal slapstickreif weggepackt. Das letzte mal ohne Schnee, aber mit vereister
StraĂenbahnschiene. Danach war mein Alltagsrad erstmal nicht mehr zu gebrauchen. Lenker verdellt,
linke Kurbel angerissen. Zudem von wochenlangem Streusalzkonsum ziemlich zugerichtet. Obwohl mir auĂer
Schrammen und blauen Flecken nix passiert ist - daran musste ich was Àndern. Ein spezielles Winterrad
muss her. Ein MTB wÀr das Beste - allein ich mag keine Schlammspringer. Ein Crosser oder wenigstens
ein Rennrad mit ausreichend groĂen RadlĂ€ufen, um Cross- und Spikesreifen durchzubekommen.
Eine Kleinanzeigensuche war ernĂŒchternd: nix in meiner GröĂe, kein Crosser. Nur ein Rennrad in 56, mit
sauschlechten Bildern fĂŒr kleines Geld in der NĂ€he. Date gemacht, hingefahren, der Besitzer zieht
etwas aus dem nassen Keller, was richtig schlimm aussieht: ein Ex-Chromovelato in grau/blau mit
105SC-Ausstattung, aber der Lack und der Chrom ist fast ĂŒberall weg. Es wurde wohl versucht mit
Akopads den Rost wegzumachen. Das hat nicht funktioniert, dafĂŒr wurde es danach offensichtlich
schwimmend gelagert. RadlĂ€ufe groĂ genug fĂŒr die SpikeslaufrĂ€der (hatte ich mit), Vorbau und StĂŒtze
festgegammelt, der Rest heftigst benutzt. Wir wurden uns schnell fĂŒr kleinstes Geld einig, da der
Besitzer es schon lÀnger nicht losgeworden ist.
Zuhause erstmal gestrippt, bzw. versucht. Es war das erste Fahrrad bei dem ich beim Versuch die
BremshĂŒlle aus den Oberrohrösen rauszuziehen die Anlötteile gleich mit abgerissen hab. Nur noch
Brösel.
Der Rest ging ganz gut, rechte Tretlagerschale mit ErwÀrmen, Caramba und Schraubstock, bis auf eben
StĂŒtze und Vorbau. Vorbauschraube entfernt, Konus ausgeschlagen, Vorbau wieder verschlossen, Rad aufm
Kopp eingespannt, reichlich Caramba in Sitzrohr und Gabel gefĂŒllt. Eine Woche ziehen lassen. Nix. Cola
eingefĂŒllt. Noch ne Woche ziehen lassen. StĂŒtze kommt. Vorbau nicht. Also LKW-Schlossermethode:
Gabelkopf einspannen, Vorbau und Gabelschaft mit Flamme erhitzen, mit Schwall Kaltwasser abschrecken
und groĂem Hebel sofort brutal bewegen, wĂ€hrend ein Zweiter weiter Rostlöser auf die qualmende
Trennstelle sprĂŒht. Kommt. Gewonnen! Erstmal.
Dann Inspektion des Rosts: alle Rohre von auĂen besonders rund um Anlötteile schwer vergammelt, von
innen ganz gut. Oberrohr am schlimmsten. Ăsenbrösel weg und schleifen. Es bleiben Rostscharten, wenn
ich noch mehr schleife reicht die WandstÀrke nicht mehr. Aber der Rost muss weg. Also Silberhartlot
her, Flussmittel drauf, gut erwĂ€rmen, die Scharten werden blank, und schnell eine dĂŒnne Schicht
Silberhartlot drauf verteilen, etwas beischlichten. Prima!
Vor der AnlötteilebestĂŒckung kurz den Keller ausgefegt, was da so noch an brauchbaren RestbestĂ€nden
ist. Viel Kosten soll es nicht, aber alltagstauglich, mit STVO-Ausstattung (is dunkel im Winter),
Packtaschen ggf. hinten und vorne, RahmenschloĂ etc.. Die beschichtete 105er-Kurbel die an der
RosthĂŒtte dranhing sieht merkwĂŒrdig beulig aus - wenn man reinpiekst stösst man auf weisses Pulver.
Also runter damit, schleifen, grundieren, lackieren, denn diese gegossene Kurbel polieren lohnt nicht.
Vorhandene 3x7 Getriebenabe mit Wasserschaden tuts nach Ăberholung gut, bloĂ was fĂŒr Schalter nimmt
man dafĂŒr? FĂŒr Rennlenker oder Rahmenbefestigung gab/gibt es nix. Das zierlichste ist ein Bandix
Drehschaltgriff fĂŒr Kinder. Schaltkabelansteuerung bei diesem alten Modell rechts, also zwei ZĂŒge an
der Kettenstrebe rechts. DafĂŒr nur ein Kettenblatt mit Schutzscheibe. Bremsgriffe mit zusĂ€tzlicher
Entspannmöglichkeit wg. den Spikes liefert Tektro (Boah sind die klobig), harmonieren aber gut mit den
2-Gelenkern. Anlötteile drauf, Kinex Innenlager (haben sich am Tandem bewÀhrt), billiges swz. Ritchey
Steuerlager, abgesĂ€gte MTB-StĂŒtze (RH ist etwas zu klein) einen eigentlich zu langen gebrauchten
Vorbau und Schutzblechreste, passend zugeschnitzt und in Rahmenfarbe lackiert mit EdelstahlbrĂŒcken, da
die dicken Pellen sonst nicht durchpassen, AnhĂ€ngerkupplung, Tubus-Cargo in 26" AusfĂŒhrung, Licht, und
eine Farbe, die im Schnee gut zu sehen ist: VW Fahrenheit Orange. Flink gelötet, geschliffen, 2k-PUR
Grundierung mit 2k-Unilack nass in nass, Hohlraumversiegelung, flott montiert und fertig ist der
Winterrenner.
Ich fahr ihn jetzt seit 3 Jahren bei Schmuddel- und Winterwetter, ohne Schnee mit billigen CX-Comp und
mit Schnee und Eis mit Schwalbe Spikes.
"Washing your car doesn't make it rain", wie wahr! Seit ich es hab, gab es hier so gut wie keinen
Schnee mehr. Im Schnee selber ist es problemlos.
Einziger Schaden in 3 Jahren: mein AnhÀnger hat einmal mit einem Stahlzaun eingefÀdelt, worauf mich
die Fuhre brutal abwarf ... aufs Vorderrad. Die schöne alte Campafelge hatte danach Kartoffelchipform
und die Fuhre jetzt zwei gleiche Mavic Open Sport. Die Befestigung der AnhÀngerkupplung an der HR-
Achse ist mit F&S Muttern fĂŒr die FĂŒĂe. Der beladene AnhĂ€nger spielt damit Karussel (F&S-Muttern sind
tendenziell weich, Achsen von F&S Getriebenaben sind ziemlich hart). Die Kupplung sitzt mittlerweile
am StÀnder mit hochfester Schraube und das hÀlt.
Das wars, der Winter kann kommen, seit 2013!