Zu dieser verschwenkten Kreuzung am Maasboulevard in Rotterdam: Die führt dazu, dass auch die Autofahrer eine Möglichkeit haben, abzubremsen. Ich kenne die Stelle (habe fünf Jahre lang in Rotterdam gewohnt - weiß auch nicht, wo die Radwege da extrem schmal sind): Die Autofahrer fahren dort von einer dreispurigen Straße ab und hätten einen gewissen Druck von hinten. Durch diesen Schwenk können sie abseits der Straße halten. Es kommt noch hinzu, dass der Radweg anschließend einen Knick macht. Als er gebaut wurde, waren Scooter auf dem Radweg noch erlaubt (das sind sie jetzt nicht mehr) und schnitten dort sehr gerne oder überholten auch in der Kurve. Die Schikane zwingt auch sie, auf ihrer Linie zu bleiben. Teilweise bestehen diese "Schikanen" aber auch einfach, weil für die Autos ein Kreisverkehr gebaut wurde. Oder deshalb, weil sie gebaut wurden, als Scooter noch erlaubt wurden, und deren Geschwindigkeit an Kreuzungen reguliert werden musste.
Zu einigen anderen Dingen wurde ja schon einiges gesagt. Natürlich sind die Niederlande im Schnitt wohlhabender. Viele, die mit dem Fahrrad zur Arbeit fahren, haben trotzdem ein Auto. Sie sind auch durchaus sehr materiell eingestellt, allerdings äußert sich das mitunter in anderen Dingen. (Einrichtung, technische Gadgets, höherer Anteil von Eigentumswohnungen, Elektroautos). Darüber hinaus besitzen viele Niederländer zwei Räder fürs Pendeln: Eins in der Stadt, in der sie wohnen, und eins in der Stadt, in der sie arbeiten. Den Weg dazwischen überbrücken sie mit dem Zug. Amsterdam ist aufgrund seiner speziellen geografischen Situation nicht das beste Beispiel und sicherlich die schwierigste Stadt der Niederlande für Radfahrer, aber in weniger kanalisierten Städten mit mehr Raum haben Radfahrer fast durchgängig in der Stadt separate Radwege an allen Hauptstraßen. In den Nebenstraßen gilt Tempo 30.
Warum die Niederländer sich auf Landstraßen nicht benehmen? Halte ich erstens für ein Gerücht und trifft zweitens auf die Niederlande selbst nicht zu, weil Landstraßen üblicherweise getrennte Spuren für die jeweilige Fahrtrichtung haben. Dadurch findet Überholen nicht statt. Die Folge ist mehr Sicherheit für alle.
Hohe Bordsteine sind mir aus den Niederlanden nicht bekannt. Die habe ich hier in Mailand (wo ich jetzt wohne) und die kenne ich auch aus manchen Gegenden in Berlin, aber in den Niederlanden sind Bordsteine nie höher als 10cm und an jeder Kreuzung befindet sich eine Vertiefung für Rollstuhlfahrer, selbst auf den kleinsten Nebenstraßen. Dafür haben Radwege aber auch einen Bordstein zum Fußweg hin, was verhindert, dass Fußgänger da so einfach drauf laufen wie anderswo.
Ich bin in den fünf Jahren das ganze Land auf und ab gefahren. Noch die schlechtesten Radwege waren für mich nie ein Grund, auf der Landstraße statt auf dem Radweg zu fahren. Nach zwei Jahren fing ich an, sogar lieber eine Extraschleife einzuplanen, als überhaupt mal auf der Landstraße fahren zu müssen. In Holland kann ich über 50km mit dem Rad fahren, ohne überhaupt mal an einer Ampel anhalten zu müssen. In Rotterdam komme ich mit einem Durchschnitt von 26km/h durch die Stadt. In Mailand ist der 18km/h (immer noch schneller als mit dem Auto), in Berlin irgendwas dazwischen, abhängig von der Strecke.
P.S. Und wer da meinte, Radfahren in Italien sei entspannter als in Deutschland: Solange die Straße breit ist und/oder nur Anliegerverkehr hat, stimmt das. Ansonsten ist mein Befund nach einem Jahr auf und ab durch die Lombardei: Nee.