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Ich bin seit Sonntag aus Japan zurück und wir hatten tatsächlich die Räder dabei. Ich könnte sehr viel erzählen und habe viele gute Erfahrungen gemacht. Aber um diesen Post hier nicht zu lang werden zu lassen, gibt's hier eine Zusammenfassung. Falls du mehr wissen möchtest oder Tips braucht, schreib mir eine PM mit deinen Fragen.
Zusammengefasst komme ich zum Schluss, dass Japan ein tolles Land zum Radeln ist und zwar besonders und gerade auch fürs Bike-Packing. Wir waren zum ersten aber sicher nicht zum letzten Mal mit dem Rad dort.
Wo sind wir geradelt? 4 Tage auf Shikoku (im Bike-Packing modus), 4 Tage in den Japanischen Alpen (BikePacking), 3 Tage auf Hokkaido (station und eher touristisch), 3 Tage um Nikko und ich alleine dann noch mal 3 Tage Alpen (BikePacking).
Im allgemeinen kann man sagen: ~80% Japans sind Berge. Die sind nicht die höchsten im Vergleich zu "unseren" Alpen (ich war in den japanischen Alpen bis auf 2100m, viel höher geht es nicht), aber sie sind meist garstig steil, Abschnitte mit > 20% hat man gerade auf den Nebenstrecken fast immer dabei. Weil die Berge aber nicht allzu hoch sind und das das Klima in Japan feucht und im Sommer sehr warm ist, bewegt man sich dabei praktisch immer im Wald, oft Bambuswald, oft mit exotischen Vogelstimmen, aber fast nie über der Baumgrenze, fast nie in Almgeländen (Terrain zu steil, dafür kaum nutzber) und daher fast nie mit schönem Panorama und Weitblick. Meine Frau hat mal gefragt, ob es sich meiner Meinung nach lohnt, den weiten Weg nach Japan zu fliegen, um zu radeln und meiner Meinung nach lohnt es sich nicht, wenn man die grossen Pässe und Passmomente sucht, wie wir sie aus unseren Alpen bspw. vom Stilfser Joch oder den Hochalpenstrassen kennen. Wenn man aber Einsamkeit und Abentuer sucht, dann ist Japan prima, denn es gibt dort die sogenannten "Rindo Roads". Ich würde zusammenfassen, dass die Japaner gerne und ausgiebig asphaltieren. Viele Wege, die bei uns geschottert wären, sind in Japan asphaltiert. Man findet sich dann auf einsamsten, einspurigen Strässchen wieder, auf denen einem manchmal über Stunden kein einziges Auto begegnet. Wunderbar! Aber zwei Punkte gibts dabei zu bedenken: Komoot ist anscheinend wenig verbreitet und daher hat die Plattform wenig Rückmeldungen zu tatsächlich gemachten Touren. Man kann prima mit Komoot planen, aber einmal bin ich in den Alpen dann doch in einer totalen Sackgasse gelandet. Die Rindo Road über den Pass endete hart am letzten Wasserkraftwerk im Tal. Sie existierte einmal, war mittlerweile vollkommen unpassierbar aufgegeben und ich hatte keine andere Wahl als umzukehren und 30km zurück zu fahren. Ich habe gelernt: "Dicke" weisse Strassen auf Komoot sind meist ok, "dünnere" sollte man meiden. Dazu kommt: In Japan fällt im Winter extrem viel Schnee. Mitte Mai sind daher noch viele Strassen gesperrt, auch wenn sie nur bis auf 1800m Seehöhe führen. Einmal ist mir das passiert, ich bin dann trotzdem unter der Absperrung durchgeschlüpft und hatte Glück: Es waren nur nicht Rest-Schneewehen auf der Strasse, ein Auto wäre nicht durchgekommen, aber mit dem Rad war es kein Problem und so hatte ich den ganzen Pass für mich alleine. Es hätte aber auch schief gehen können.
Mein anderer Hinweis bezieht sich auf die Strassenqualität: Es gibt sehr viel Asphalt, kaum Gravel. Aber trotzdem bedeutet das: Der Asphalt kann durchaus sehr rustikal sein und auch von Schotterabschnitten unterbrochen sein, gerade auf den Rindo Roads. Ich war mit dem Graveller unterwegs (3T Exploro, 40mm
Schwalbe G1
Reifen) und heilfroh. Meiner Meinung nach wäre alles auch mit dem Renner gegangen, aber ich würde auf jeden Fall
Reifen >= 30mm, schlauchlos und ordentlich kleine Gänge empfehlen.
Wichtig ist es, Beleuchtung einsatzbereit dabei zu haben. Aufgrunf der extremen Topographie gibt es gerade in den japanischen Alpen viele Tunnel, gerade auf den wichtigeren Strassen. Die sind meist gut ausgebaut und beleuchtet, aber wenige sind auch nur dunkle Röhren. Sie können durchaus lang sein (der längste, durch den ich kam war 5 km lang...). Hierfür sollte jeder Radfahrende auf jeden Fall mindestens ein ordendliches Rücklicht einsatzbereit haben...
Japan hat ein sehr ausgeprägtes Bahnnetz. Das haben wir intensiv genutzt. Meine Frau ist nicht so fit wie ich, es hat daher ganz gut geklappt, dass sie mit der Bahn abkürzen / überspringen konnte. Die Bahnqualität reicht vom unglaublich guten Shinkansen bis zu geradezu historischen Bimmelbahnen. Aber es funktioniert immer alles und ist pünktlich. Wichtig ist aber: In der japanischen Bahn MUSS (!!!) das Fahrrad "verpackt sein". Ich habe mir dazu den Tranzbag Road geholt, den man bis auf Trikottaschengrösse falten kann. Es gibt vor Ort auch billigere Varianten. Welche man nutzt ist egal, aber noch mal: Man muss irgendeine Tasche benutzen. Dann kann man das Rad ohne extra zu zahlen mitnehmen, da es als Gepäckstück gilt. In absolut KEINEM japanischen Zug, vom Shinkansen bis zur Bimmelbahn gibt es Radabteile oder Wagons. Meist ist auch der Platz fürs Gepäck begrenzt. Man muss sich eben immer eine Ecke suchen. Aber das sind alle gewöhnt und es gibt keinen Ärger. Mein Profitip: Einen kleinen Zurrgurt mitnehmen, um das Rad an Haltestangen o.ä. befestigen zu können.
Zum Thema Sicherheit kann ich Japan nur loben: Wir hatten zwar Schlösser dabei, haben sie aber Ende kaum benutzt. Japan ist EXTREM sicher. Sowohl was Diebstahl angeht, als auch den Strassenverkehr. Die allgemeine Höchstgeschwindigkeit ist 80km/h, daran halten sie sich auch (inkl. Motorräder!!!), die Autos sind meist sehr klein und es wird mit grossem Abstand überholt. Besser gehts kaum!
Über booking.com und yalan.net kann man ganz gut Unterkünfte finden, aber gerade in ganz ländlichen Gegenden mit nur mehr Pensionen und Guesthauses kann es auch hier schwierig werden. Ich habe hierfür keine gute Lösung ausser zum Bikepacking halt Zelt und Schlafsack für solche Fälle dabei zu haben.
Noch zwei interessante Hinweise zur Logistik: In Japan gibt es in 80% der Hotels Münzwaschmaschinen, meist sogar mit eingebautem Trockner. Besser geht es nicht, denn so kann man jeden Abend sehr einfach seine Sachen waschen. Und es gibt einen Service (
https://www.kuronekoyamato.co.jp/en/), ähnlich der Post, mit dem man ganz Koffer für kleines Geld (ca. 10 - 20 Euro, je nach Strecke) quer durchs Land schicken kann. Man kann dazu die Koffer sogar im Hotel an der Rezeption abgeben und sie landen dann 1 oder 2 Tage später im Zielhotel auf dem Zimmer oder man kann seine Sachen "lagernd" in eine Niederlassung der Firma schicken. Damit es sehr einfach möglich, Sachen an einen Zielpunkt für die Radreise vorauszuschicken. Funktioniert Japan-typisch
100% zuverlässig und pünktlich. Fahrradkartons sind leider zu gross, die nehmen sie nicht mit.
So, dieser Post ist schon viel länger als ich es beabsichtigt hatte, daher mache ich hier mal Schluss. Wie gesagt, wer mehr oder spezifische Fragen hat, schreibt mir bitte eine PM.
Sajonara!