Da ich ja hier und auch per PN nochmal nach ein paar Details meiner Ernährungsphilophie gefragt wurde, werde ich nun also doch mal etwas ausufern.
(Etwas später - bin leider noch kein Privatier und musste mehr arbeiten)
Disclaimer: Kann Gejammer über die Gesamtsituation enthalten und nicht mit jedermanns Vorstellungen konform gehen.
Grundsätzlich liege ich mit meiner Anschauung dicht an der "Urkost", die sich heute wohl "Naturkost" nennt. Sehr gut beschrieben und auch noch andere Aspekte beleuchtend (Alltagstraining, Medizin, etc.) wird das z. B. im Buch von Brigitte Rondholz:
http://www.amazon.de/Urkost-Besser-essen-Wohlbefinden-Lebensfreude/dp/3862641821. Ich habe sie auch schon persönlich erleben dürfen, und sie lebt ihr Programm wirklich.
Man sich zu jedem Nahrungsmittel ja verschiedene Fragen stellen:
1) Tut es *mir* gut? (jetzt, später)
2) Ist der Konsum vertretbar?
3) Ist es eine natürliches Nahrungsmittel des Menschen?
Wenn ich mir die Erde so anschaue, dann fällt zunächst folgendes auf: Die einzigen Lebewesen, die von vorne bis hinten krank sind, sind Menschen. Es folgen dann Tiere in Menschenhand. Ferner fällt auf: Die einzige Spezies, die gnadenlos alles verändert (thermisch, chemisch, whatnot), was sie in sich hineinkippt, ist ebenfalls der Mensch.
Gehen wir auch mal davon aus, dass die Natur nicht komplett blöd ist, und der Mensch in grauer Vorzeit keinen Herd hatte. Auch Feuerstellen eher nicht. Daraus folgt unmittelbar, dass die natürliche Ernährung früher roh war. Für rohe Kost spricht auch, dass Erhitztes erstmal gar nicht mehr schmeckt; es sei denn, es wird gewürzt.
Zum Fleisch: Fleischkonsum steht sei jeher in der Kritik, da eigentlich alle drei Punkte zu verneinen sind. Viele Zivilisationskrankheiten gehen auf zuviel Fleischkonsum zurück. Der Anbau ist ethisch höchst fragwürdig. Fleisch enthält mehr Pflanzenschutzmittel als vegetarische Kost. Das Gebiss ist kein Fleischfressergebiss. Und die einfache Frage, die man sich ruhig mal stellen darf: "Wen reizt es denn, ein Tier selber zu töten und roh zu verspeisen?"
Zur Milch: Der überwiegende Teil der Erdbevölkerung verträgt keine Milch. Auch in unserem Breiten ist sie laut wissenschaftlichen Untersuchungen erst seit recht kurzer Zeit verträglich. Sie wird uns als toller Calciumlieferant genannt, was gut für Knochen und Zähne sei. Vermutlich, weil diese daraus bestehen. Man bemerke hierbei auch, dass Osteoporose in den milchtrinkenden Ländern viel verbreiteter ist als in Ländern mit wenig Milchkonsum. Die Pharmabranche reibt sich so oder so die Hände. Der aktuelle Clou: Wir behandeln Laktoseintoleranz wie eine Krankheit! Du verträgst das nicht? Verzichte nicht drauf, nimm eine Pille! (Und später verkaufen wir Dir noch viel mehr gegen die Langzeitschäden) Die zweite Frage wird zwar durch lachende Kühe auf Milchpackungen gerne pervertiert, Fakt ist aber: Milchproduktion sieht real ganz anders aus.
Zum Getreide: Der Mensch ist auch kein gebürtiger Getreidekonsument. Hafer sehe ich als Grenzfall, da auch "einfach so" gut essbar. Als Ergänzung.
Verträglich vs. natürliches Nahrungsmittel: Des Menschen Körper ist robust. Man kann über Jahre hinweg den unpassendsten Müll hineinschütten, und er läuft noch halbwegs rund. Und es gibt Nahrungsmittel, die nicht in der natürlichen Auswahl enthalten sind, und trotzdem nicht schädlich sind, ich nenne sie mal "verträglich". Da gehört für mich in kleinen Mengen z. B. auch Getreideprodukte dazu, ein seltenes Ei. Heute gab es gar eine selbstgemachte vegane Pizza, aus selbstgemahlenem Getreide.
Alkohol, Kaffee, ... gehören nicht ernsthaft zur guten Ernährung. Ich war nie ein großer Alkoholtrinker. Ab und an ein alkoholfreies Weizen, mal ein Schlückchen Wein, mehr vertrage ich eh nicht. Öfters gelangt ein Espresso als Genussmittel auf den Tisch - immerhin schadet es höchstens mir selbst. Aber ich rede mir ein, dass die Dosis das Gift macht.
Alles Gewöhnung? Ja, die Fehlentwicklung ist anerzogen vom Babyalter an. Abstillen so früh wie möglich, sofort auf Kuhmilchkonsum trimmen, schon die Babynahrung mit Vanille gewürzt, rohes Essen gar verpönt, und bevor die ersten Zähne da sind, ist der Geschmack antrainiert. Und ich kann für mich sagen, dass gerade Brot und Käse eine ziemlich üble Sucht sind. Ich habe ca. ein Jahr praktisch ausschließlich so roh (+ Espresso) gelebt - es ging mir nie besser. Aber so wie sich mal Brot einschleicht, fällt es mir schwer, die nächsten Tage das nicht weiter zu steigern. Käse ebenso. Ich kann mir nur vorstellen, wie schwer es ist, von Zigaretten runter zu kommen, aber hier arbeitet man gegen eine lebenslange Gewöhnung.
Aber Obst schmeckt doch gar nicht / Das krieg ich nicht runter / Schmeckt nach gar nichts... da muss ich sagen: Falsche Quelle. Inzwischen ess ich auch kaum noch Obst aus dem normalen Supermarkt. Schmeckt nach nichts. Behandelt, unreif geernet, bäh. Bio- oder Hofladen schmeckt so viel besser. Südfrüchte, die gerne gegessen werden, schmecken um Welten besser, wenn sie richtig reif sind. Manchmal gönnen wir uns eine Bestellung bei Orkos oder Tropenkost - da kommt feinste Bio-Ware baumreif gepflückt direkt aus Thailand o.ä. Nicht billig, aber essen gehen ist nicht teurer.
... alles so teuer? Naja, wenn ich die Wahl habe, eine gute reife Mango für 3 Euro zu essen oder ein billigst produziertes Schnitzel für 5... da weiß ich, was günstiger ist, besser schmeckt und glücklich macht.
"Womit ersetze ich xyz?" Eine echte Reizfrage - denn schließlich sind Milch, Fleisch, Kartoffeln, Brot etc. schon selber die Ersatzstoffe! Die Frage ist eher: Warte mal, was gehört denn statt dessen eigentlich auf unseren Speisenplan?
"Wann isst Du denn wieder normal?" Ja genau, das wird man gefragt von Leuten mit Bier, Pommes und Currywurst in der Hand. Um ehrlich zu sein, mir ist noch keine passende Antwort eingefallen.
Und trinken? Ich trank vorher Wasser, tu's jetzt immer noch. Mit viel Frischkost (Obst, Salat, Gemüse) allerdings deutlich weniger.
Ist das sporttauglich? Klar, warum nicht. Gibt wohl nichts einfacheres für den Körper als eine reife Banane zu verwerten.
Wie lebt es sich im Alltag?
Exzellent, denn das Körperempfinden ist an allen Ecken besser. Kein "bah bin ich voll"-Gefühl bei eigentlich gleichzeitigem Hunger (klar, wichtige Nährstoffe fehlen halt noch), nicht der fade Geschmack am Morgen, besser Stuhlgang, insgesamt viel frischer... aber die Frage zielte ja eher auf den Umgang mit "Normalessern". Freundlicherweise ist vegetarisch in, und auch vegan immer akzeptierter. Salate sind natürlich meist die beste Wahl. Nicht immer und überall ist es eine Diskussion Wert, und beim Grillen tut's gegrilltes Gemüse oder auch mal ein Grillkäse, wenn man nicht militant wirken möchte. Doppelmoral? Ja schon... Überhaupt wird man feststellen, dass Restaurants häufig noch eine kleine Auswahl an vegetarischen Speisen haben, aber bei vegan dann Null Auswahl ist. Bratkartoffeln mit Speck, Pommes mit Majo, Salat mit Käse und Joghurtsoße, Gemüse in Sahnesoße. Beizeiten macht das Essengehen wenig Freude, immerhin ist auf Ausflügen nun häufig eine Nussbox dabei, Datteln, Banane, häufig noch Mango oder Papaya. Macht nicht viel Arbeit, schmeckt eher besser und tut gut, und günstiger ist es obendrein.
Auf Arbeit? Ich arbeite zu Hause, kein Problem.
Meine Freundin nimmt sich Obst, manchmal Salat, häufig "Kleinzeug" (Nüsse, Datteln, Avocado) mit. Braucht halt zwei, drei Tage, bis die Kollegen das mal gesehen haben, dann ist es für sie auch langweilig und sie meckern über den Kantinenfraß weiter.
Wenn man mal darüber nachdenkt, dass in Fruchtsäften Gelatine untergemischt wird ohne Deklaration, genau wie in Gummizeug (meist mit Deklaration), und in zig anderen Produkten irgendwas vom Tier einfach reingerührt wird, wird mir ganz anders. Naja, Milch macht müde Männer munter, und Nervengift gehört werbewirksam in fast jede Zahnpasta. Und ohne Extra-Pillen (B12) kann man natürlich gar nicht leben. Und ohne viel Eiweiß keine Muskeln. Wissen ja schon: längst vegan lebende Bodybuilder und Ironmänner, unsere Fußball-Elf (angeblich fast vegan ernährt), auch Kühe, Schweine, Pferde und Elefanten sind ja extrem schwach auf den Rippen. Ach Moment, manchen schiebt man ja noch Knochenmehl ihresgleichen unter...
Tschuldigung, dass es jetzt doch mal etwas arg länger wurde. Wie beim Grillkäse: es ist nicht meine Absicht, hier zu missionieren. Wer sich mal etwas Gedanken macht, kommt eigentlich aus dem Weinen über unsere Welt nicht mehr heraus.
Wenn's noch Bedarf an (meinen) Erfahrungen zu konkreten Situationen gibt, gerne.