So isst du dich schnell, Teil 1 „Für hohe Mengen Darm trainieren“

Wir haben mit einem der bekanntesten Sporternährungsexperten in Europa darüber gesprochen, welchen Einfluss richtige Ernährung auf dem Rennrad haben kann. Martijn Redegeld war Head of Nutrition beim WorldTour-Team Visma | Lease a Bike, wo er entscheidend zur Leistungssteigerung durch präzise Ernährungsstrategien beitrug und ist heute für Amacx Sports Nutrition tätig. Im Interview gibt er fundierte Tipps zur Verpflegung vor und während dem Rennradfahren.
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Martijn Redegeld ist seit Anfang 2025 Head of Top Sports beim Fußballclub Ajax tätig und bringt sein Wissen auch in andere Sportarten ein. Darüber hinaus ist Redegeld als Nutrition Specialist für Amacx Sports Nutrition tätig. In dieser Rolle entwickelt er praxisnahe Ernährungskonzepte für Ausdauersportler und macht wissenschaftliche Erkenntnisse für den Breiten- wie auch Leistungssport zugänglich. Seine Antworten sind wissenschaftlich fundiert und praxisnah. Im Interview bezieht er sich deshalb natürlich auch auf Amacx-Produkte und wir zeigen Bilder von Amacx, der Beitrag ist aber nicht von Amacx gesponsert oder anderweitig finanziell unterstützt.

Tom Pidcock ist aktuell bei Q36.5 unter Vertrag und einer der von Amacx gespnderten Athleten.
# Tom Pidcock ist aktuell bei Q36.5 unter Vertrag und einer der von Amacx gespnderten Athleten. – Vertraut auf Produkte von Amacx

Vor der Ausfahrt – optimale Ernährung

Rennrad-News: Wie lange vor dem Start sollte die letzte große Mahlzeit eingenommen werden?

Die Erschöpfung der körpereigenen Kohlenhydratspeicher ist ein wesentlicher Grund dafür, dass Radfahrer sich auf langen Ausfahrten ermüdet fühlen. Der Körper kann nur eine begrenzte Menge Glykogen in der Leber speichern, und diese Vorräte sind nach einer nächtlichen Fastenperiode deutlich reduziert (1). Das primäre Ziel der Ernährung vor der Ausfahrt ist es daher, Muskel- und Leberglykogenspeicher zu optimieren, um die Leistung zu maximieren.

Am Tag der Ausfahrt empfehlen Ernährungsexperten, 1–4 Gramm Kohlenhydrate pro kg Körpergewicht innerhalb von 1–4 Stunden vor einer Ausfahrt (mehr als 60 Minuten zuvor) zu konsumieren (2). Dies sollte an die praktischen Bedürfnisse und die individuelle Verträglichkeit angepasst werden. Grundsätzlich gilt: Je mehr Zeit zur Verdauung vorhanden ist, desto größer darf die Mahlzeit sein – je näher sie am Start liegt, desto leichter sollte sie ausfallen.

Was sind typische Frühstücksoptionen für ein Rennen oder eine vierstündige Ausfahrt?

Empfehlenswert ist ein kohlenhydratreiches Frühstück mit leicht verdaulichen Lebensmitteln. Beispiele:

  • eine Schüssel Porridge mit Banane, Honig und fettarmer Milch, dazu ein Glas Orangensaft
  • Toast mit Marmelade und ein Smoothie aus fettarmer Milch, Obst und fettarmem Joghurt
  • und wenn du kurz vor dem Start noch einen schnellen Energieschub brauchst: ein Amacx Fast Bar

Welche Rolle spielt Carboloading vor langen oder intensiven Tagen?

Carboloading ist wichtig für Wettkämpfe oder zentrale Trainingseinheiten über 90 Minuten, um mit hohen Glykogenspeichern zu starten und die Leistung zu optimieren. Für lange oder intensive Tage wird empfohlen, 10–12 g Kohlenhydrate pro kg Körpergewicht pro Tag über zwei Tage vor der Ausfahrt zu essen, kombiniert mit reduziertem Training, um den Glykogenverbrauch zu senken (2).

Ohne genügend Carbs im Tank, fehlt die Power für harte Einheiten
# Ohne genügend Carbs im Tank, fehlt die Power für harte Einheiten

Wichtig ist, dass Carboloading-Strategien so umgesetzt werden, dass Magen-Darm-Beschwerden vermieden werden. Dies gelingt am besten mit leicht verdaulichen Kohlenhydratquellen (z. B. Weißbrot, ballaststoffarme Cerealien) oder flüssigen Kohlenhydraten (z. B. Fruchtsaft, Softdrinks), während unnötige Mengen an Fett oder Protein sowie individuell unverträgliche Lebensmittel gemieden werden sollten.

Wie wichtig ist Fett- und Proteinzufuhr vor dem Start?
Der Fokus sollte klar auf Kohlenhydraten liegen. Radfahrern wird empfohlen, vertraute, gut verträgliche Optionen zu wählen, die fett- und ballaststoffarm sind und nur moderate Mengen an Protein enthalten, um das Risiko von Magen-Darm-Beschwerden während der Belastung zu minimieren (2).

Gibt es bestimmte Lebensmittel, die konsequent gemieden werden sollten?
Ja: stark fetthaltige, ballaststoffreiche oder stark gewürzte Lebensmittel. Außerdem alles, was man nicht gewohnt ist, vor einer Ausfahrt zu essen.

Welche Rolle spielt Koffein in der Pre-Ride-Routine? Gibt es Alternativen für empfindliche Personen?
Koffein kann helfen, Ermüdungsgefühle zu unterdrücken, die Wachheit zu verbessern und die Anstrengung subjektiv geringer erscheinen zu lassen. Koffein ist für die Ausdauerleistung, auch beim Radfahren, wirksam, wenn es in moderaten Dosen von 3–6 mg/kg Körpergewicht etwa 60 Minuten vor der Belastung konsumiert wird (3). Aufgrund der großen individuellen Unterschiede (z. B. Gewohnheit, Genetik) sollte jeder seine persönliche Dosis im Training austesten. Zu hohe Mengen (≥ 9 mg/kg) können Nebenwirkungen wie Nervosität, Unruhe oder Schlafprobleme verursachen. Koffein-Mundspülungen können eine Alternative sein, wenn eine Aufnahme über Getränke oder Gels nicht möglich ist. Auch wenn die Mechanismen noch untersucht werden, könnte diese Strategie für koffeinempfindliche Sportler oder späte Wettkämpfe interessant sein (4).

Während der Ausfahrt – effektive Energieversorgung

Was ist die aktuelle Empfehlung für die Kohlenhydrataufnahme pro Stunde (bei niedriger und hoher Intensität)?
Für Ausfahrten bis 60–75 Minuten: Wasser reicht aus, wenn die Glykogenspeicher vorher gut gefüllt sind. In manchen Fällen kann das Spülen des Mundes mit kohlenhydratreichen Amacx-Getränken die Leistung unterstützen.
Für 75–150 Minuten: 30–60 g/h (entspricht 1–2 Amacx-Produkten).
Für Ausfahrten über 2,5 Stunden: bis zu 90–120 g/h. Höhere Intensitäten erfordern den oberen Bereich der Spanne. Wer mit niedrigerer absoluter Intensität (Geschwindigkeit) fährt, kann die Empfehlungen nach unten anpassen.

Bis ca. 90 g/h sind Produkte mit einem 2:1-Verhältnis aus Maltodextrin zu Fruktose eine gute Wahl (bei Amacx die Energy Line). Bei Aufnahmen über 90 g/h ist ein 1:0,8-Verhältnis vorteilhaft, um die Kohlenhydrataufnahme zu maximieren (be Amacx die Turbo Line). Für diese hohen Mengen sollte der Darm gezielt trainiert werden.

90g bis 120g in einer Flasche sind heute möglich
# 90g bis 120g in einer Flasche sind heute möglich – Sowas muss jedoch trainiert werden

Was ist das optimale Verhältnis zwischen fester und flüssiger Nahrung während einer Ausfahrt?

Radfahrer können feste Nahrung (Riegel, Chews), halbfeste Nahrung (Gels) und flüssige Nahrung (Getränke) kombinieren – entscheidend ist, dass die Produkte schnell verdaulich sind.

Beispiel: Bei einer Aufnahme von 60 g/h kann man eine Amacx Isotonic Energy Drink (~30 g Kohlenhydrate pro 500 ml) mit einem Energy Oat Bar oder Fast Bar (~30 g Kohlenhydrate) kombinieren.
Auch unverarbeitete Lebensmittel sind möglich, solange Fett, Ballaststoffe und Protein gering gehalten werden.

Blick ins Teamfahrzeug bei Mailand - San Remo
# Blick ins Teamfahrzeug bei Mailand - San Remo – Kohlenhydrate in Massen

Sind Fueling-Strategien individuell oder gibt es Standardrichtlinien?
Richtlinien sind hilfreich, aber die Aufnahme sollte individuell an das angepasst werden, was der Körper ohne Beschwerden verträgt. Mit regelmäßigem „Darmtraining“ lässt sich die Toleranz steigern.

Die Empfehlungen sind für Männer und Frauen gleich.

Wout
# Wout – Eine Maschine braucht Energie

Spielt die Temperatur der Getränke eine Rolle für Aufnahme oder Leistung?

Ja. Während der Belastung produziert der Körper viel Wärme, die die Kerntemperatur steigen lässt. Vor allem lange Ausfahrten in der Sonne sind eine zusätzliche Herausforderung.

Kühle Getränke (10–20 °C) können erfrischender wirken und die Bereitschaft zu trinken erhöhen. Sehr kalte Getränke (<10 °C) oder Eisgetränke können unter heißen Bedingungen zusätzlichen Komfort oder Leistungsvorteile bieten (5).

Um in der Hitze gut zu performen, ist es entscheidend, den Körper kontinuierlich zu kühlen. Gleichzeitig sollte die Kohlenhydrataufnahme gewährleistet bleiben – hier können Produkte wie der Amacx Energy Ice Gel oder der Turbo Ice Gel helfen.

Welche Fragen habt ihr an Martijn Redegeld? Teilt gerne eure Erfahrungen zum Thema Fueling

Literaturverzeichnis

1.Rothman, D. L., Magnusson, I., Katz, L. D., Shulman, R. G., & Shulman, G. I. (1991). Quantitation of hepatic glycogenolysis and gluconeogenesis in fasting humans with 13 C NMR. Science, 254(5031), 573–576.
2. Thomas, D. T., Erdman, K. A., & Burke, L. M. (2016). Position of the Academy of Nutrition and Dietetics, Dietitians of Canada, and the American College of Sports Medicine: Nutrition and Athletic Performance. Journal of the Academy of Nutrition and Dietetics, 116(3), 501–528.
3. Guest, N. S., Van Dusseldorp, T. A., Nelson, M. T., Grgic, J., Schoenfeld, B. J., Jenkins, N. D. M., Arent, S. M., Antonio, J., Stout, J. R., Trexler, E. T., Smith-Ryan, A. E., Goldstein, E. R., Kalman, D. S., & Campbell, B. I. (2021). International society of sports nutrition position stand: caffeine and exercise performance. Journal of the International Society of Sports Nutrition, 18(1), 1.
4. Best, R., McDonald, K., Hurst, P., & Pickering, C. (2020). Can taste be ergogenic? European Journal of Nutrition, 60(1), 45–54.

5. McCubbin, A. J., Allanson, B. A., Odgers, J. N. C., Cort, M. M., Costa, R. J., Cox, G. R., Crawshay, S. T., Desbrow, B., Freney, E. G., Gaskell, S. K., Hughes, D., Irwin, C., Jay, O., Lalor, B. J., Ross, M. L., Shaw, G., Périard, J. D., & Burke, L. M. (2019). Sports Dietitians Australia Position Statement: Nutrition for exercise in hot environments. International Journal of Sport Nutrition and Exercise Metabolism, 30(1), 83–98.

Gespräch: Martijn Redegeld / Fotos: Amacx

53 Kommentare

» Alle Kommentare im Forum
  1. (...)
    1. Labestelle: Eine Bratwurst mit Senf und Kren und ein grosser Sommerspritzer (= Weissweinschorle)
    2. Labestelle: ein kleines Gulasch mit Gebäck und eine halbe Bier
    3. Labestelle: eine Schnitzelsemmel, eine Doser Red Bull und hernach ein Jägermeister
    Ziel: Musikantensuppe (...)

    Beim ersten Überfliegen dachte ich, die Musikantensuppe sei das Ziel dieser Speisenfolge, statt einer weiteren Speise im Ziel. 😱
  2. Hahaha:

    Porridge, Honig, fettarme Milch, Orangensaft, Toast, Marmelade fettarmer Joghurt ... für einen schnellen Energieschub: Amacx Fast Bar ... alles Nahrungsmittel, die in der Regel als minderwertig(er) gelten.

    Wo bleiben Reis (außer Sumo, sehe ich kaum adipöse Asiaten), Vollmilch, Joghurt Vollfettstufe, Nüsse, Backkakao?

    Und keine Ballaststoffe? Ballaststoffe sind zwar kein direkter Energielieferant, wirken aber regulierend und optimierend auf den Energiestoffwechsel durch ihre Effekte auf Darmflora, Blutzucker, Sättigung und metabolische Gesundheit.

    Klar kann niemand mit seinen KH-Speicher haushalten, wenn er sich nur schnellverbrennenden Schrott reintut.

  3. Beim ersten Überfliegen dachte ich, die Musikantensuppe sei das Ziel dieser Speisenfolge, statt einer weiteren Speise im Ziel. 😱
    Schau das is so.
    Bei einer Hochzeit wenn nach der Kirche der ganze Zug ins Wirtshaus kommt wird zuerst gegessen.
    Inkl. der Musiker die mit ihrer Band die Hochzeit musikalisch begleiten.
    Nur sollen die aber recht bald zu spielen beginnen und sich nicht ausgiebig dem Genuss hingeben.
    Und weil da keine Zeit für eine Nudelsuppe und eine Fritattensuppe und eine Leberknödelsuppe ist, werden alle drei angebotenen Varianten auf einmal gegessen. Eine Nudelsuppe mit Fritatten und zwei Leberknödel, eine Musikantensuppe.
    Kennst dich aus?
  4. Man sollte diese Veranstaltung am Büro der Anonymen Alkoholiker enden lassen.
    wieso anonym, wir kennen uns ja alle.
  5. Wie passt sich die Ernährung auf der letzten Stunde an, wie die letzten 30 Minuten. Bin Triathlet und Läufer, so dass Schlusssprints eher selten sind, aber ab wann darf man bei Ausdauerwettkämpfen die Spritzufufuhr abdrehen.
    Die letzte halbe Stunde oder so solltest du den Fruktoseanteil runterfahren. Die Kohlehydrate, die du da noch isst, kommen erst im Ziel ins Blut und dienen dann der Regeneration und dem Wiederauffüllen der Kohlehydratspeicher, das geht aber nur mit Glukose. Überschüssige Fruktose, die nicht laufend verstoffwechselt wird, kann der Körper nur in Fett umwandeln und, bevorzugt in der Leber, speichern.
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