Tony Martin gab heute sein Karriereende bekannt. Bei den Weltmeisterschaften in Belgien fuhr er noch einmal in die Top10 und träumt von einem letzten WM-Gold mit der Staffel.

Tony Martin ging heute um 15:50 Uhr bei der Rad WM 2021 in Belgien zum letzten Mal alleine an den Start eines Zeitfahrrennens. Mit Platz sechs im Einzelzeitfahren, das der Italiener Filippo Ganna gewann, verabschiedet sich der 36-jährige Martin. Zehn Jahre nach seinem ersten WM-Triumph in Kopenhagen hat sich der Profi vom Team Jumbo-Visma entschieden, seine Karriere zu beenden.

Nur noch einmal wird er nach diesem Einzelzeitfahren überhaupt starten: Am kommenden Mittwoch will er mit der Team Staffel bei den Weltmeisterschaften in Belgien ein letztes Mal um Edelmetall fahren und am liebsten seine Laufbahn mit einer letzten Goldmedaille krönen.

Die Ankündigung seines Rücktritts hat er bewusst auf heute Mittag gelegt, bevor das Zeitfahren beginnt. Es sollte nicht nach einer Frustentscheidung aussehen, wenn er heute nicht das Ergebnis erzielt, welches er sich erhofft.

„Ein solch weitreichende Entscheidung fällt einem natürlich nicht leicht. Der Radsport hat den Großteil meines bisherigen Lebens geprägt. Mit Höhen und Tiefen, großen Erfolgen und Niederlagen, Stürzen und Comebacks. Wovon viele als Nachwuchsfahrer träumen, ist für mich in Erfüllung gegangen,“ sagte Martin in einer heute veröffentlichten Pressemitteilung seines Managements.

In den letzten Monaten – insbesondere nach den schweren Stürzen – habe er vermehrt über seine Zukunft nachgedacht und sei zu dem Schluss gekommen, dass er nicht mehr bereit ist, die Risiken, die dieser Sport mit sich bringt, weiterhin einzugehen, auch weil er festgestellt hat, dass sich „trotz vieler Diskussionen um Streckenführungen und Absperrungen, die Sicherheit in Radrennen nicht verbessert hat.“

Martin will sich mit seinen letzten beiden WM-Zeitfahren gebührend verabschieden. „Dafür habe ich hart trainiert. Und ich danke meinem Team Jumbo-Visma für all die Unterstützung in den letzten drei Jahren und die Möglichkeit, meine Karriere auf die Weise zu beenden, wie ich es mir wünsche.“ Sein Vertrag beim niederländischen Rennstall läuft eigentlich noch bis Ende 2022.

Weiterhin dankte der viermalige Zeitfahr-Champion seiner Familie, seinen Freunden und allen Weggefährten. „Ohne Euch hätte ich meinen Traum nicht leben können und das werde ich Euch nie vergessen.“

Tony Marins Karriere begann in Thüringen, dort wo so viele Talente erfolgreich ausgebildet wurden. Mit der Familie als Vierjähriger aus Ostdeutschland noch kurz vor der Wende geflüchtet, zog es die Familie nach Eschborn in Hessen, wo Tony beim RV Henninger Sossenheim seine ersten Rennen fuhr. 2001 ging er an die Sportschule Erfurt, machte dort sein Abitur und begann seine Ausbildung zum Polizeimeister. Beim Thüringer Energie Team entwickelte er sich sportlich weiter. 2003 gewann er seinen ersten Deutschen Meistertitel im Einzelzeitfahren der Junioren. Ab da war klar, wo seine Stärken liegen, auch wenn er bei seinem ersten WM-Einsatz für den BDR noch leer ausging: Achter wurde er in Hamilton/Kanada im Zeitfahren der Junioren.

2005 siegte er als Stagiaire im Team Gerolsteiner beim Zeitfahren der Rothaus Regio Tour. In den Folgejahren gewann er Etappen der Tour de l`Avenir, der Tour de France der Kategorie U23, und wurde 2008 Profi im Team Columbia. Nur ein Jahr später beendete er die Tour de Suisse auf dem zweiten Gesamtrang und trug anschließend zwölf Tage das Trikot des besten Jungprofis in der Tour de France, wo er die Königsetappe zum Mont Ventoux als Zweiter hinter Juan Manuel Gárate aus Spanien beendete. Bei der Weltmeisterschaft gewann er seine erste Medaille (Bronze) im Einzelzeitfahren. Noch einmal Bronze gab es 2010 in Australien.

Ein Jahr später, 2011 in Kopenhagen, war er der Schnellste im Kampf gegen die Uhr. Es folgten die Siege in Valkenburg (2012), Florenz (2013) und Doha (2016). 2014 gewann er in Ponferrada Silber. Dazu kommen drei WM-Siege im Teamzeitfahren (2012, 2013, 2016), der Sieg bei Paris-Nizza (2011), fünf Etappenerfolge in der Tour de France, wo er auch das Gelbe Trikot tragen durfte, und zwei Etappensiege in der Vuelta. 2012 gewann er bei den Olympischen Spielen von London Silber im Einzelzeitfahren hinter Bradley Wiggins.

Nach Stationen bei Columbia, Quick Step und Katusha fuhr Martin in den letzten drei Jahren für den niederländischen Rennstall Jumbo-Visma.

Tony Martins Karriere war aber auch immer wieder begleitet von schweren Stürzen, zuletzt bei der Tour de France, die er deshalb vorzeitig beenden musste. Viele Knochenbrüche, heftige Blessuren und Gesichtsverletzungen musste Martin in seiner Laufbahn erleiden. Damit soll jetzt auch Schluss sein.

Künftig wird er öfter mit dem Tourenrad unterwegs sein, seine beiden Töchter hinter sich herziehend. Die Familie hat jetzt Vorrang. Das hektische Leben, das lange Getrenntsein, die vielen Reisen, das alles wird es nicht mehr geben. Martin wird nicht als Sportlicher Leiter im Radsport weitermachen, sondern sich einer neuen Aufgabe im pädagogischen Bereich nahe seines Wohnortes Kreuzlingen widmen.

Was ist eure lebendigste Erinnerung an Tony Martins Radsportkarriere?


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Info: Pressemitteilung BDR / Foto: BDR
  1. benutzerbild

    Marcus

    dabei seit 01/2004

    Sechster Platz bei WM-Zeitfahren: Tony Martin beendet Karriere

    Tony Martin gab heute sein Karriereende bekannt. Bei den Weltmeisterschaften in Belgien fuhr er noch einmal in die Top10 und träumt von Gold mit der Staffel .

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    Sechster Platz bei WM-Zeitfahren: Tony Martin beendet Karriere

    Was ist eure lebendigste Erinnerung an Tony Martins Radsportkarriere?
  2. benutzerbild

    Lbrtsn

    dabei seit 01/2014

    Ultrastarkes letztes ITT von Tony.

    Mi. noch mal im mixed.

    Ich wünsch ihm alles erdenklich Gute für die Zukunft.

  3. benutzerbild

    solution85

    dabei seit 09/2017

  4. benutzerbild

    snowdriver

    dabei seit 07/2016

    Einer der Fahrer, deren Name mir viel zu häufig im Zusammenhang mit Stürzen in Erinnerung gerufen wurde.
    Ansonsten sei ihm der - wie ich finde - gut getimte Abschied gegönnt und auf dass die Folgen der Blessuren nicht allzu weit reichen.

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