Mit 5:13 Stunden Rennzeit des Siegers ist Frankfurt-Eschborn 2018 eher in einem langsamen Schnitt über die Bühne gegangen. Es wurde nicht das erhoffte Klassiker-Ausscheidungsfahren auf dem neuen Kurs. Alexander Kristoff machte im Sprint alles richtig und gewann zum vierten Mal.

Seit letztem Jahr gibt es bei Frankfurt-Eschborn Punkte für die UCI World Tour. Das hatte auch dieses Jahr ein stark besetztes Fahrerfeld auf die Strecke durch den Taunus geführt. Der Parcours von Eschborn-Frankfurt wurde an den gestiegenen Status angepasst und mit mehr Höhenmetern schwieriger gestaltet. Die Taunusrunde hatte in diesem Jahr eine selektivere Streckenführung. Nach der Überquerung des Feldberges (11km bei 4,8%) mussten in sehr kurzer Abfolge der knackige Anstieg in Ruppertshain dreimal, der Mammolshainer Stich sogar viermal und die Billtalhöhe zweimal erklommen werden. „Ich bin zu 100 Prozent überzeugt, dass es ein ganz anderes Rennen als die vergangenen Jahre wird – und auch ein total offenes. Ich habe großen Respekt vor dem neuen Parcours“, hatte Rick Zabel von Katusha-Alpecin vor dem Startschuss gesagt. „Die Schwierigkeiten der Strecke sind jetzt komprimierter und dadurch wird das Rennen schwerer“, meinte auch Johannes Fröhliger vom Team Sunweb.

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Andrè Greipel ist trotz langer Präsenz auf der Startliste wegen den Folgen einer Verletzung nicht dabei, als sich das Fahrerfeld in Eschborn zunächst auf den Weg Richtung Frankfurt macht. Dennoch haben einige Teams ihre Top-Sprinter geschickt: Marcel Kittel ist bei Katusha dabei, für Quick-Step ist Gaviria am Start, der Norweger Edvald Boasson-Hagen steht im Aufgebot von Team Dimension Data und auch Team Sunweb hat mit Michael Matthews einen starken Sprinter in der Starterliste.

Rund 100 km vor dem Ziel hat eine sieben Fahrer starke Spitzengruppe mit 3:25 Vorsprung vor dem Hauptfeld, darin auch Aleksejs Saramotis von Bora-Hansgrohe und mit Daniel Teklehaimanot (Cofidis) ein starker Bergfahrer. Das Peloton lässt es derweil auffällig gemächlich angehen, was sogar dem sportlichen Leiter von Bora Hansgrohe, Jens Zemke, „Schweißperlen auf die Stirn“ schießen ließ, wie er im Interview mit dem Hessischen Rundfunk einräumte: „Wenn das so weiter geht, verpassen wir heute Abend ein paar Flüge zum Giro“, so Zemke.

Bei der 2. Überquerung der Mammolshainer Bergs attackiert Emmanuel Buchmann im Hauptfeld und bringt damit den Vorsprung der Spitze bereits stark zum Schrumpfen: auf nur noch 1:30 min. In der Folge verloren besonders Sprinter wie Marcel Kittel und Rick Zabel (Katusha Alpecin) immer wieder den Anschluss ans Peloton – Kittel stieg bald darauf sogar aus dem Rennen aus. Zabel hatte schon im Vorfeld des Rennens die Erwartungen gedämpft, weil es die Sprinter schwer haben würden an diesem Tag. „Ich frage mich, warum man ein Rennen in Deutschland so schwer macht, obwohl man nicht die Fahrer dafür hat?“, erklärte Zabel im Anschluss an das Rennen im Interview mit Rennrad-News.

Scharfrichter Mammolshainer

An der letzten Überfahrung des Mammolshainer Stichs formiert sich eine neue rennbestimmende Situation. Aninmiert von Emanuel Buchmann, der am Anstieg wieder die Pace macht, bildet sich eine Gruppe mit acht Fahrern. Von Bora-Hansgrohe ist auch der Österreichische Meister Gregor Mühlberger dort vertreten. Mit kommt auch Simon Spilak von Kathusha, der im Sprint stark einzuschätzen ist und das Rennen bereits gewonnen hat.

Dahinter kommt eine Gruppe um den Sprinter Michael Matthews (Sunweb) zu Stande, in die Nils Politt sich mit einem Kraftakt auch noch vorarbeiten kann. Die Gruppe läuft zunächst gut und fährt 35 km vor dem Ziel auf 35 Sek.an die Spitze heran. Aber die Spitze kann auf der Fahrt Richtung Frankfurt ihren Vorsprung wieder ausbauen. 26 km vor dem Ziel an der Alten Oper zeigt die Tafel am Motorrad den Fahrern schon wieder 55 Sek. Vorsprung. Vorteil der Spitzengruppe sind die je zwei Fahrer von Trek-Segafredo und Bora-Hansgrohe. „Die Gruppe kommt sicher durch“, wagt John Degenkolb im Konmentar des hr zu der Zeit eine Prognose.

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22 Kilometer vor dem Ziel sind die Verfolger um Matthews vom Feld gestellt. „Ich will nichts falsches sagen, ich lege mich nicht fest“, meint da schon wieder John Degenkolb. Als die Spitze in Frankfurt den Main überquert, ist das Feld bereits auf knapp unter eine Minute herangefahren. Aber es sind noch 16 km bis zum Ziel zurückzulegen. Am Hainer Weg im Häusermeer Frankfurts macht Quick-Step das Tempo und reduziert den Rückstand Ruck-Zuck auf 25 Sek. In der Spitzengruppe sorgt Trek-Segafredo dafür, dass am Berg alles zusammenbleibt. Julien Bernard fährt dort für den Österreicher Michael Gogl.

Die letzten 10 km

10 km vor dem Ziel setzt Spilak alles auf eine Karte und attackiert, wird von Julien Bernard gekontert, auch Emanuel Buchmann kämofzt hart und findet nochmal Anschluss. Die kleine Gruppe kommt aber bis 9 km vor dem Ziel nicht mehr als 15 Sek vom Hauptfeld weg. Trotz vieler Kurven auf der Schlussrunde fährt das Feld immer dichter ran. Die Anfahrt ist technisch anspruchsvoll und splittet das Feld in Folge des Korkenzieher-Effekts auf mehrere kleine Gruppen. Quick-Step stellt mit 2 Fahrern den Zusammenschluss einer rund 25köpfigen Verfolgergruppe zur Spitze her. Drin sitzen Gaviria, Kristoff und Boasson-Hagen. Oliver Naesen und Politt sind auch dabei.

Der Zielsprint

So geht es in die letzte Schlussrunde durch Frankfurt. Bernard versucht hier noch eine verzweifelte Attacke – sehr starkes Rennen des Franzosen. Dann geht es Richtung letzte Kurve zum Sprint. Mit Fernando Gaviria ist es ein Fahrer von Quick Step, der vor der letzen Kurve noch besonders gute Karten hat, der Kolumbianer biegt aber in die falsche Richtung ab und ist dann chancenlos. Sam Bennett von Bora-Hansgrohe zieht früh an, kommt als erster um die 90-Grad-Kurve. Naesen geht mit, an dritter Position folgt Kristoff, dann Michael Matthews von Sunweb, der neben Gaviria auf dem Papier stärkste Sprinter der Gruppe. Bennett kann das Tempo nicht halten, Kristoff zieht am Belgischen Meister Naessen vorbei und gewinnt. Matthews ist am Ende stark aufgekommen. „Ich hatte am Ende Glück, dass meine Konkurrenten die falschen Entscheidungen getroffen haben“, sagt später ein hüstelnder Kristoff in Anspielung auf die letzte Kurve vor dem Ziel gegenüber dem hr. Mit seiner Serie von vier Siegen überholt der Norweger Erik Zabel, der drei Mal den Radklassiker für sich entscheiden konnte. Bester Deutscher wird Emamuel Buchmann auf Rang 18.

Die Top10 bei Eschborn-Frankfurt 2018

1. Alexander Kristoff – UAE-United Emirates
2. Michael Matthews – Team Sunweb
3. Oliver Naesen – AG2R-La Mondiale
4. Andrea Pasqualon – Wanty-Groupe Goubert
5. Sean de Bie – Verandas Willems-Crelan
6. Grega Bole – Bahrain-Merida
7. Sam Bennett – Bora-Hansgrohe
8. Edvald Boasson-Hagen – Team Dimension Data
9. Jan Tratnik – CCC-Sprandi Polkovice
10. Juan José Lobato – Nippi-Vini Fantini
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18. Emanuel Buchmann

Der guten Stimmung am Streckenrand tat das zumindest in der ersten Hälfte eher langweilige Rennen keinen Abbruch. Schon am Vormittag säumten tausende Zuschauer beim Rennen von rund 5100 Jedermännern die Straßen und feuerten die Fahrer an. Bernd Moss-Achenbach, vor dem Engagement des Tour de France-Veranstalters ASO in Eschborn-Frankfurt 17 Jahre verantwortlich für das Rennen und heute Präsident, erklärte gegenüber dem Hessischen Rundfunk: „Ich weiß nicht, ob wir jemals so eine gute Stimmung hier hatten.“

Sieger des U23-Rennens über 143 Kilometer wird der Däne Niklas Larsen (Virtu Cycling). Der 20 Jahre junge Däne siegt im Sprint vor dem Deutschen Jonas Rutsch (Lotto-Kern Haus) und dem Niederländer Marten Kooistra (SEG Racing Academy) – der größte Erfolg seiner noch jungen Karriere.

Foto: Roth&Roth

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